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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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Jener Doctor Medicinae, als er ein furchsames Pferd sahe, welches sich
vor dem Büchsen-Knall entsetzete, sagte: Das Pferd wurde keinen guten
Soldaten abgeben.

Ein Pedant, der selten unter die Leute kam, sondern immer zu Hause in
seiner Studier-Stube stack, befande sich einstmals in einer Compagnie. Da
drängete ihn seine Nothdurfft, und er begehrte einen Brief, sich damit zu wi-
schen. Weil ihm nun ein Blat weisses Papier gereichet wurde, schrieb er stracks
solches gantz voll, vorgebende, es wäre Schade den Hintern an das schöne
weisse Papier zu wischen.

Ein anderer, als ihm, bey Sommers-Zeit, die Sonne auf dem Felde sehr
heiß auf den Rücken stach, sagte: Die Sonne irret sehr. Sie möchte wohl
ihre uberflüßige Hitze biß auf den Winter versparen, wann es kalt ist,
und sie nicht jetzo, mitten im Sommer so reichlich ausspenden.

Ein Philosophus hatte einen jungen Pennal in seiner besondern Disciplin
und Aufsicht. Als dieser sahe, daß sein Vorgesetzter viele Brieffe in das Feuer
warff, bat er denselben, ihm deren etliche zu geben, daß er sie seiner Mut-
ter schicken könte, welche ihm befohlen, als er von ihr gezogen, er solte
ihr bißweilen Brieffe schicken.
Weil nun der Philosophus eben so tumm, als
der ihm untergebene junge Pennal selber gewesen, gab er ihm ein halbes Dutzent
von seinen Briefen, mit der Condition, daß wann er sie seiner Mutter
schickte, sie ihm solche wieder zurücke senden solte, damit er sie verbren-
nen könne. Denn er wolle nicht haben, daß jemand sähe, was darin-
nen stünde.

Etliche Jungfrauen giengen aus, einen Bekannten zu besuchen, der vor
einigen Tagen, mit dem Magister-Titel, von der Universitaet nach Hause ge-
kommen war. Da er sie vor seiner Thüre vernahm, schlug er geschwinde
den Aristotelem auf, und als er hernach die Stube geöffnet hatte, sagte er:
Warlich! ihr Jungfrauen! Ihr findet mich eben über dem stattlich-
sten und vornehmsten
Autore, welcher jemals geschrieben. Alsdann
recitirte er ihnen daraus einen guten Partickel Griechisch. Als aber die
Jungfrauen sagten, sie verstünden es nicht, legte er es ihnen Lateinisch aus,

und
L 2

Jener Doctor Medicinæ, als er ein furchſames Pferd ſahe, welches ſich
vor dem Buͤchſen-Knall entſetzete, ſagte: Das Pferd wůrde keinen guten
Soldaten abgeben.

Ein Pedant, der ſelten unter die Leute kam, ſondern immer zu Hauſe in
ſeiner Studier-Stube ſtack, befande ſich einſtmals in einer Compagnie. Da
draͤngete ihn ſeine Nothdurfft, und er begehrte einen Brief, ſich damit zu wi-
ſchen. Weil ihm nun ein Blat weiſſes Papier gereichet wurde, ſchrieb er ſtracks
ſolches gantz voll, vorgebende, es waͤre Schade den Hintern an das ſchoͤne
weiſſe Papier zu wiſchen.

Ein anderer, als ihm, bey Sommers-Zeit, die Sonne auf dem Felde ſehr
heiß auf den Ruͤcken ſtach, ſagte: Die Sonne irret ſehr. Sie moͤchte wohl
ihre ůberfluͤßige Hitze biß auf den Winter verſparen, wann es kalt iſt,
und ſie nicht jetzo, mitten im Sommer ſo reichlich ausſpenden.

Ein Philoſophus hatte einen jungen Pennal in ſeiner beſondern Diſciplin
und Aufſicht. Als dieſer ſahe, daß ſein Vorgeſetzter viele Brieffe in das Feuer
warff, bat er denſelben, ihm deren etliche zu geben, daß er ſie ſeiner Mut-
ter ſchicken koͤnte, welche ihm befohlen, als er von ihr gezogen, er ſolte
ihr bißweilen Brieffe ſchicken.
Weil nun der Philoſophus eben ſo tumm, als
der ihm untergebene junge Pennal ſelber geweſen, gab er ihm ein halbes Dutzent
von ſeinen Briefen, mit der Condition, daß wann er ſie ſeiner Mutter
ſchickte, ſie ihm ſolche wieder zuruͤcke ſenden ſolte, damit er ſie verbren-
nen koͤnne. Denn er wolle nicht haben, daß jemand ſaͤhe, was darin-
nen ſtuͤnde.

Etliche Jungfrauen giengen aus, einen Bekannten zu beſuchen, der vor
einigen Tagen, mit dem Magiſter-Titel, von der Univerſitæt nach Hauſe ge-
kommen war. Da er ſie vor ſeiner Thuͤre vernahm, ſchlug er geſchwinde
den Ariſtotelem auf, und als er hernach die Stube geoͤffnet hatte, ſagte er:
Warlich! ihr Jungfrauen! Ihr findet mich eben uͤber dem ſtattlich-
ſten und vornehmſten
Autore, welcher jemals geſchrieben. Alsdann
recitirte er ihnen daraus einen guten Partickel Griechiſch. Als aber die
Jungfrauen ſagten, ſie verſtuͤnden es nicht, legte er es ihnen Lateiniſch aus,

und
L 2
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[83/0127] Jener Doctor Medicinæ, als er ein furchſames Pferd ſahe, welches ſich vor dem Buͤchſen-Knall entſetzete, ſagte: Das Pferd wůrde keinen guten Soldaten abgeben. Ein Pedant, der ſelten unter die Leute kam, ſondern immer zu Hauſe in ſeiner Studier-Stube ſtack, befande ſich einſtmals in einer Compagnie. Da draͤngete ihn ſeine Nothdurfft, und er begehrte einen Brief, ſich damit zu wi- ſchen. Weil ihm nun ein Blat weiſſes Papier gereichet wurde, ſchrieb er ſtracks ſolches gantz voll, vorgebende, es waͤre Schade den Hintern an das ſchoͤne weiſſe Papier zu wiſchen. Ein anderer, als ihm, bey Sommers-Zeit, die Sonne auf dem Felde ſehr heiß auf den Ruͤcken ſtach, ſagte: Die Sonne irret ſehr. Sie moͤchte wohl ihre ůberfluͤßige Hitze biß auf den Winter verſparen, wann es kalt iſt, und ſie nicht jetzo, mitten im Sommer ſo reichlich ausſpenden. Ein Philoſophus hatte einen jungen Pennal in ſeiner beſondern Diſciplin und Aufſicht. Als dieſer ſahe, daß ſein Vorgeſetzter viele Brieffe in das Feuer warff, bat er denſelben, ihm deren etliche zu geben, daß er ſie ſeiner Mut- ter ſchicken koͤnte, welche ihm befohlen, als er von ihr gezogen, er ſolte ihr bißweilen Brieffe ſchicken. Weil nun der Philoſophus eben ſo tumm, als der ihm untergebene junge Pennal ſelber geweſen, gab er ihm ein halbes Dutzent von ſeinen Briefen, mit der Condition, daß wann er ſie ſeiner Mutter ſchickte, ſie ihm ſolche wieder zuruͤcke ſenden ſolte, damit er ſie verbren- nen koͤnne. Denn er wolle nicht haben, daß jemand ſaͤhe, was darin- nen ſtuͤnde. Etliche Jungfrauen giengen aus, einen Bekannten zu beſuchen, der vor einigen Tagen, mit dem Magiſter-Titel, von der Univerſitæt nach Hauſe ge- kommen war. Da er ſie vor ſeiner Thuͤre vernahm, ſchlug er geſchwinde den Ariſtotelem auf, und als er hernach die Stube geoͤffnet hatte, ſagte er: Warlich! ihr Jungfrauen! Ihr findet mich eben uͤber dem ſtattlich- ſten und vornehmſten Autore, welcher jemals geſchrieben. Alsdann recitirte er ihnen daraus einen guten Partickel Griechiſch. Als aber die Jungfrauen ſagten, ſie verſtuͤnden es nicht, legte er es ihnen Lateiniſch aus, und L 2

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/127>, abgerufen am 04.12.2024.