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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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er, ruffete seine Gesellschafft, und sagte zu ihnen: Kommet geschwinde, ihr
Herren! und helffet mir unsern Wein heraus ziehen. Denn es seynd

Antipodes in dem Brunnen, die werden ihn aussauffen, wann wir es
nicht verhüten.

Ein Professor, der seines Freundes Bildniß recht sehr loben wolte, sagte
zu etlichen: Ich bitte euch, gehet und sehet meinen Herrn Collegen N.
Denn er ist so schön getroffen, daß, wann ihr ihn schon nie gesehen hät-
tet, ihr denselben dennoch kennen wurdet.

Ein Studiosus, der immerfort viel Rühmens von seinen Helden Thaten
machte, geriethe des Nachts mit einem der ihm begegnete, in einen Streit, und
dieser zog vom Leder. Ob nun wohl der Prahler seinen Stuben-Cammera-
den bey sich hatte; hielte er dennoch nicht Standt, sondern trollete fort biß zu
seinem Quartier. Als er sich vor der Hausthüre befande, und den Feind nicht
mehr hinter ihm sahe, sagte er zu seinem Spieß-Gesellen: Warlich! Wann
ich deiner nicht geschonet hätte, wolte ich dem Kerl den Kopff zerspal-
tet haben.

Ein anderer Studiosus, der von Gelehrsamkeit gantz aufgeblasen einher
gienge; ward gefraget, wo die prima concoctio, oder die erste Däuung ge-
schähe?
Da antwortete er: Zwischen denen Zähnen.

Zwey Studenten hatten Händel mit einander, und wurden wieder verei-
niget, mit beyderseits Verheissung, daß sie hinführo gute Freunde bleiben wol-
ten. Als aber der eine ungefehr dem andern begegnete, schlug er ihn mit der
Faust an die Brust, in Beyseyn vieler Personen. Der andere regte sich nicht,
sondern sagte nur zu denen Umstehenden: Ihr Herren solt meine Zeugen
seyn, wie mich dieser geschlagen, ohne daß ich mich im geringsten geweh-
ret, bloß damit ich nicht wieder mein Versprechen handelte.

Ein alter Pedant, als er den Thurm eines Schlosses sahe, welcher im
Wasser lage, nach einiger Zeit aber, da das Wasser wegen des trockenen Wet-
ters sehr abgenommen hatte, wieder dahin kam, sagte: Ich glaube das die-
ser Thurm täglich wächset. Zum wenigsten zeiget er sich höher, als er
unlängst gewesen, und ich halte davor, daß er darum wachse, weil er
an einem sehr feuchten Orte lieget.

Je-

er, ruffete ſeine Geſellſchafft, und ſagte zu ihnen: Kommet geſchwinde, ihr
Herren! und helffet mir unſern Wein heraus ziehen. Denn es ſeynd

Antipodes in dem Brunnen, die werden ihn ausſauffen, wann wir es
nicht verhuͤten.

Ein Profeſſor, der ſeines Freundes Bildniß recht ſehr loben wolte, ſagte
zu etlichen: Ich bitte euch, gehet und ſehet meinen Herrn Collegen N.
Denn er iſt ſo ſchoͤn getroffen, daß, wann ihr ihn ſchon nie geſehen haͤt-
tet, ihr denſelben dennoch kennen wůrdet.

Ein Studioſus, der immerfort viel Ruͤhmens von ſeinen Helden Thaten
machte, geriethe des Nachts mit einem der ihm begegnete, in einen Streit, und
dieſer zog vom Leder. Ob nun wohl der Prahler ſeinen Stuben-Cammera-
den bey ſich hatte; hielte er dennoch nicht Standt, ſondern trollete fort biß zu
ſeinem Quartier. Als er ſich vor der Hausthuͤre befande, und den Feind nicht
mehr hinter ihm ſahe, ſagte er zu ſeinem Spieß-Geſellen: Warlich! Wann
ich deiner nicht geſchonet haͤtte, wolte ich dem Kerl den Kopff zerſpal-
tet haben.

Ein anderer Studioſus, der von Gelehrſamkeit gantz aufgeblaſen einher
gienge; ward gefraget, wo die prima concoctio, oder die erſte Daͤuung ge-
ſchaͤhe?
Da antwortete er: Zwiſchen denen Zaͤhnen.

Zwey Studenten hatten Haͤndel mit einander, und wurden wieder verei-
niget, mit beyderſeits Verheiſſung, daß ſie hinfuͤhro gute Freunde bleiben wol-
ten. Als aber der eine ungefehr dem andern begegnete, ſchlug er ihn mit der
Fauſt an die Bruſt, in Beyſeyn vieler Perſonen. Der andere regte ſich nicht,
ſondern ſagte nur zu denen Umſtehenden: Ihr Herren ſolt meine Zeugen
ſeyn, wie mich dieſer geſchlagen, ohne daß ich mich im geringſten geweh-
ret, bloß damit ich nicht wieder mein Verſprechen handelte.

Ein alter Pedant, als er den Thurm eines Schloſſes ſahe, welcher im
Waſſer lage, nach einiger Zeit aber, da das Waſſer wegen des trockenen Wet-
ters ſehr abgenommen hatte, wieder dahin kam, ſagte: Ich glaube das die-
ſer Thurm taͤglich waͤchſet. Zum wenigſten zeiget er ſich hoͤher, als er
unlaͤngſt geweſen, und ich halte davor, daß er darum wachſe, weil er
an einem ſehr feuchten Orte lieget.

Je-
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[82/0126] er, ruffete ſeine Geſellſchafft, und ſagte zu ihnen: Kommet geſchwinde, ihr Herren! und helffet mir unſern Wein heraus ziehen. Denn es ſeynd Antipodes in dem Brunnen, die werden ihn ausſauffen, wann wir es nicht verhuͤten. Ein Profeſſor, der ſeines Freundes Bildniß recht ſehr loben wolte, ſagte zu etlichen: Ich bitte euch, gehet und ſehet meinen Herrn Collegen N. Denn er iſt ſo ſchoͤn getroffen, daß, wann ihr ihn ſchon nie geſehen haͤt- tet, ihr denſelben dennoch kennen wůrdet. Ein Studioſus, der immerfort viel Ruͤhmens von ſeinen Helden Thaten machte, geriethe des Nachts mit einem der ihm begegnete, in einen Streit, und dieſer zog vom Leder. Ob nun wohl der Prahler ſeinen Stuben-Cammera- den bey ſich hatte; hielte er dennoch nicht Standt, ſondern trollete fort biß zu ſeinem Quartier. Als er ſich vor der Hausthuͤre befande, und den Feind nicht mehr hinter ihm ſahe, ſagte er zu ſeinem Spieß-Geſellen: Warlich! Wann ich deiner nicht geſchonet haͤtte, wolte ich dem Kerl den Kopff zerſpal- tet haben. Ein anderer Studioſus, der von Gelehrſamkeit gantz aufgeblaſen einher gienge; ward gefraget, wo die prima concoctio, oder die erſte Daͤuung ge- ſchaͤhe? Da antwortete er: Zwiſchen denen Zaͤhnen. Zwey Studenten hatten Haͤndel mit einander, und wurden wieder verei- niget, mit beyderſeits Verheiſſung, daß ſie hinfuͤhro gute Freunde bleiben wol- ten. Als aber der eine ungefehr dem andern begegnete, ſchlug er ihn mit der Fauſt an die Bruſt, in Beyſeyn vieler Perſonen. Der andere regte ſich nicht, ſondern ſagte nur zu denen Umſtehenden: Ihr Herren ſolt meine Zeugen ſeyn, wie mich dieſer geſchlagen, ohne daß ich mich im geringſten geweh- ret, bloß damit ich nicht wieder mein Verſprechen handelte. Ein alter Pedant, als er den Thurm eines Schloſſes ſahe, welcher im Waſſer lage, nach einiger Zeit aber, da das Waſſer wegen des trockenen Wet- ters ſehr abgenommen hatte, wieder dahin kam, ſagte: Ich glaube das die- ſer Thurm taͤglich waͤchſet. Zum wenigſten zeiget er ſich hoͤher, als er unlaͤngſt geweſen, und ich halte davor, daß er darum wachſe, weil er an einem ſehr feuchten Orte lieget. Je-

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/126>, abgerufen am 24.11.2024.