Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

ihm gewesen, stunden, kunte er das gantz und gar nicht in seinen Kopff bringen,
sondern vermeynte, die Häuser müsten nicht mehr an ihrem vorigen Orte
stehen.

Ein verwirrter Pedant, als er gefraget ward, was dem Verstorbenen
gemangelt hätte, von dessen Leiche er käme?
antwortete, er wisse es
nicht, weil der Sarg schon zugenagelt gewesen wäre, als er dahin ge-
kommen, und er also nicht mehr hätte mit ihm sprechen können.

Ein anderer Pedant, als er einen weit gereiseten Mann agiren wolte, sag-
te, daß zu Florentz die Kinder von fünff biß sechs Jahren die Italiäni-
sche Sprache schon gantz fertig reden könten.

Als ein Pastor aus einem rauhen Ort in eine ansehnliche Stadt kam, und
Spinat zu essen bekam, welcher wohl zugerichtet gewesen, fragte er, aus was
vor Kräutern dieser Spinat gemachet seye?

Ein Doctor klagte dem andern, wie daß sein Diener schon zwey. Tage
an vier Meilen gegangen, und noch nicht wiedergekommen
wäre. Wie
sagte der andere, das befremdet euch? Es ist schon länger als funffze-
hen Tage, daß ich einen meiner Freunde entboten, und er ist biß diese
Stunde noch nicht gekommen, da es doch eben derselbe Weg ist.

Es buhlete ein Student lange an einer Magd, daß sie ihm seinen geilen
Willen erfüllen möchte. Endlich willfahrte sie demselben, und bestellete ihn in
einem Pferde-Stall, allwo sie auch zusammen kamen. Nachdem sie sich be-
reits in Positur gesetzet hatten, bedachte sich der Student geschwinde und
sprach: Stehet auf meine Freundin! Lasset uns anders wohin gehen!
Denn ich besorge, wir machen junge Pferde-Füllen, deswegen man uns
hernach peinlich anklagen möchte.

Ein Frantzösischer Rechts-Gelehrter sagte von einem, so auf das Leben
angeklaget aber echappiret war, man solte ihn auf die Galeeren verdam-
men, dem König vor einem Sclaven
in effigie, oder im Bildniß, zu
dienen.

Ein Syndicus, als er zu dem Begräbniß eines gewissen Buchhändlers ein-

gela-

ihm geweſen, ſtunden, kunte er das gantz und gar nicht in ſeinen Kopff bringen,
ſondern vermeynte, die Haͤuſer muͤſten nicht mehr an ihrem vorigen Orte
ſtehen.

Ein verwirrter Pedant, als er gefraget ward, was dem Verſtorbenen
gemangelt haͤtte, von deſſen Leiche er kaͤme?
antwortete, er wiſſe es
nicht, weil der Sarg ſchon zugenagelt geweſen waͤre, als er dahin ge-
kommen, und er alſo nicht mehr haͤtte mit ihm ſprechen koͤnnen.

Ein anderer Pedant, als er einen weit gereiſeten Mann agiren wolte, ſag-
te, daß zu Florentz die Kinder von fuͤnff biß ſechs Jahren die Italiaͤni-
ſche Sprache ſchon gantz fertig reden koͤnten.

Als ein Paſtor aus einem rauhen Ort in eine anſehnliche Stadt kam, und
Spinat zu eſſen bekam, welcher wohl zugerichtet geweſen, fragte er, aus was
vor Kraͤutern dieſer Spinat gemachet ſeye?

Ein Doctor klagte dem andern, wie daß ſein Diener ſchon zwey. Tage
an vier Meilen gegangen, und noch nicht wiedergekommen
waͤre. Wie
ſagte der andere, das befremdet euch? Es iſt ſchon laͤnger als funffze-
hen Tage, daß ich einen meiner Freunde entboten, und er iſt biß dieſe
Stunde noch nicht gekommen, da es doch eben derſelbe Weg iſt.

Es buhlete ein Student lange an einer Magd, daß ſie ihm ſeinen geilen
Willen erfuͤllen moͤchte. Endlich willfahrte ſie demſelben, und beſtellete ihn in
einem Pferde-Stall, allwo ſie auch zuſammen kamen. Nachdem ſie ſich be-
reits in Poſitur geſetzet hatten, bedachte ſich der Student geſchwinde und
ſprach: Stehet auf meine Freundin! Laſſet uns anders wohin gehen!
Denn ich beſorge, wir machen junge Pferde-Fuͤllen, deswegen man uns
hernach peinlich anklagen moͤchte.

Ein Frantzoͤſiſcher Rechts-Gelehrter ſagte von einem, ſo auf das Leben
angeklaget aber echappiret war, man ſolte ihn auf die Galéeren verdam-
men, dem Koͤnig vor einem Sclaven
in effigie, oder im Bildniß, zu
dienen.

Ein Syndicus, als er zu dem Begraͤbniß eines gewiſſen Buchhaͤndlers ein-

gela-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0124" n="80"/>
ihm gewe&#x017F;en, &#x017F;tunden, kunte er das gantz und gar nicht in &#x017F;einen Kopff bringen,<lb/>
&#x017F;ondern vermeynte, die Ha&#x0364;u&#x017F;er mu&#x0364;&#x017F;ten nicht mehr an ihrem vorigen Orte<lb/>
&#x017F;tehen.</p><lb/>
          <p>Ein verwirrter <hi rendition="#aq">Pedant,</hi> als er gefraget ward, <hi rendition="#fr">was dem Ver&#x017F;torbenen<lb/>
gemangelt ha&#x0364;tte, von de&#x017F;&#x017F;en Leiche er ka&#x0364;me?</hi> antwortete, <hi rendition="#fr">er wi&#x017F;&#x017F;e es<lb/>
nicht, weil der Sarg &#x017F;chon zugenagelt gewe&#x017F;en wa&#x0364;re, als er dahin ge-<lb/>
kommen, und er al&#x017F;o nicht mehr ha&#x0364;tte mit ihm &#x017F;prechen ko&#x0364;nnen.</hi></p><lb/>
          <p>Ein anderer <hi rendition="#aq">Pedant,</hi> als er einen weit gerei&#x017F;eten Mann <hi rendition="#aq">agi</hi>ren wolte, &#x017F;ag-<lb/>
te, <hi rendition="#fr">daß zu Florentz die Kinder von fu&#x0364;nff biß &#x017F;echs Jahren die Italia&#x0364;ni-<lb/>
&#x017F;che Sprache &#x017F;chon gantz fertig reden ko&#x0364;nten.</hi></p><lb/>
          <p>Als ein <hi rendition="#aq">Pa&#x017F;tor</hi> aus einem rauhen Ort in eine an&#x017F;ehnliche Stadt kam, und<lb/>
Spinat zu e&#x017F;&#x017F;en bekam, welcher wohl zugerichtet gewe&#x017F;en, fragte er, <hi rendition="#fr">aus was<lb/>
vor Kra&#x0364;utern die&#x017F;er Spinat gemachet &#x017F;eye?</hi></p><lb/>
          <p>Ein <hi rendition="#aq">Doctor</hi> klagte dem andern, <hi rendition="#fr">wie daß &#x017F;ein Diener &#x017F;chon zwey. Tage<lb/>
an vier Meilen gegangen, und noch nicht wiedergekommen</hi> wa&#x0364;re. <hi rendition="#fr">Wie</hi><lb/>
&#x017F;agte der andere, <hi rendition="#fr">das befremdet euch? Es i&#x017F;t &#x017F;chon la&#x0364;nger als funffze-<lb/>
hen Tage, daß ich einen meiner Freunde entboten, und er i&#x017F;t biß die&#x017F;e<lb/>
Stunde noch nicht gekommen, da es doch eben der&#x017F;elbe Weg i&#x017F;t.</hi></p><lb/>
          <p>Es buhlete ein Student lange an einer Magd, daß &#x017F;ie ihm &#x017F;einen geilen<lb/>
Willen erfu&#x0364;llen mo&#x0364;chte. Endlich willfahrte &#x017F;ie dem&#x017F;elben, und be&#x017F;tellete ihn in<lb/>
einem Pferde-Stall, allwo &#x017F;ie auch zu&#x017F;ammen kamen. Nachdem &#x017F;ie &#x017F;ich be-<lb/>
reits in <hi rendition="#aq">Po&#x017F;itur</hi> ge&#x017F;etzet hatten, bedachte &#x017F;ich der Student ge&#x017F;chwinde und<lb/>
&#x017F;prach: <hi rendition="#fr">Stehet auf meine Freundin! La&#x017F;&#x017F;et uns anders wohin gehen!<lb/>
Denn ich be&#x017F;orge, wir machen junge Pferde-Fu&#x0364;llen, deswegen man uns<lb/>
hernach peinlich anklagen mo&#x0364;chte.</hi></p><lb/>
          <p>Ein Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher Rechts-Gelehrter &#x017F;agte von einem, &#x017F;o auf das Leben<lb/>
angeklaget aber <hi rendition="#aq">echappi</hi>ret war, <hi rendition="#fr">man &#x017F;olte ihn auf die</hi> <hi rendition="#aq">Galée</hi><hi rendition="#fr">ren verdam-<lb/>
men, dem Ko&#x0364;nig vor einem Sclaven</hi> <hi rendition="#aq">in effigie,</hi> <hi rendition="#fr">oder im Bildniß, zu<lb/>
dienen.</hi></p><lb/>
          <p>Ein <hi rendition="#aq">Syndicus,</hi> als er zu dem Begra&#x0364;bniß eines gewi&#x017F;&#x017F;en Buchha&#x0364;ndlers ein-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gela-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0124] ihm geweſen, ſtunden, kunte er das gantz und gar nicht in ſeinen Kopff bringen, ſondern vermeynte, die Haͤuſer muͤſten nicht mehr an ihrem vorigen Orte ſtehen. Ein verwirrter Pedant, als er gefraget ward, was dem Verſtorbenen gemangelt haͤtte, von deſſen Leiche er kaͤme? antwortete, er wiſſe es nicht, weil der Sarg ſchon zugenagelt geweſen waͤre, als er dahin ge- kommen, und er alſo nicht mehr haͤtte mit ihm ſprechen koͤnnen. Ein anderer Pedant, als er einen weit gereiſeten Mann agiren wolte, ſag- te, daß zu Florentz die Kinder von fuͤnff biß ſechs Jahren die Italiaͤni- ſche Sprache ſchon gantz fertig reden koͤnten. Als ein Paſtor aus einem rauhen Ort in eine anſehnliche Stadt kam, und Spinat zu eſſen bekam, welcher wohl zugerichtet geweſen, fragte er, aus was vor Kraͤutern dieſer Spinat gemachet ſeye? Ein Doctor klagte dem andern, wie daß ſein Diener ſchon zwey. Tage an vier Meilen gegangen, und noch nicht wiedergekommen waͤre. Wie ſagte der andere, das befremdet euch? Es iſt ſchon laͤnger als funffze- hen Tage, daß ich einen meiner Freunde entboten, und er iſt biß dieſe Stunde noch nicht gekommen, da es doch eben derſelbe Weg iſt. Es buhlete ein Student lange an einer Magd, daß ſie ihm ſeinen geilen Willen erfuͤllen moͤchte. Endlich willfahrte ſie demſelben, und beſtellete ihn in einem Pferde-Stall, allwo ſie auch zuſammen kamen. Nachdem ſie ſich be- reits in Poſitur geſetzet hatten, bedachte ſich der Student geſchwinde und ſprach: Stehet auf meine Freundin! Laſſet uns anders wohin gehen! Denn ich beſorge, wir machen junge Pferde-Fuͤllen, deswegen man uns hernach peinlich anklagen moͤchte. Ein Frantzoͤſiſcher Rechts-Gelehrter ſagte von einem, ſo auf das Leben angeklaget aber echappiret war, man ſolte ihn auf die Galéeren verdam- men, dem Koͤnig vor einem Sclaven in effigie, oder im Bildniß, zu dienen. Ein Syndicus, als er zu dem Begraͤbniß eines gewiſſen Buchhaͤndlers ein- gela-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/124
Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/124>, abgerufen am 25.11.2024.