Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

die Kranckheit im Kopffe stäcke. Er rieß auch das Clystier zu sich, und
soffe es aus.

Ein Philosophus, als ihm über Tische Pfeffer-Fleisch vorgeleget ward,
schabete den Pfeffer davon. Da man ihn fragte, warum er nicht esse? ant-
wortete er: Ich wolte gerne essen, wann das fleisch nur nicht so beschis-
sen wäre.

Ein von hohen Einbildungen gantz aufgeblasener Studiosus, der sich nicht
weniger als ein Doctor dünckte, war von der Universitaet heimgekommen, lag
des Morgens im Bette, und sahe oben an der Decke einen Kühdreck hangen.
Da disputirte er lange mit sich selber, wie es doch müste zu gegangen seyn,
daß die Kuh da hinauf geschissen hätte.

Ein Philosophus zerdisputirte sich sehr darüber, ob Quantitas könne von
der Substantz separiret werden? Als zum Exempel sagte er: Mein Kopff kön-
te wohl durch das Loch gehen; aber die Grösse meines Kopffs kan
es nicht.

Ein, aus einem Dorffe gebürtiger Pennal hatte niemals einen Spiegel
gesehen. Als es das erstemahl geschahe, und er seine Person darinnen erblick-
te, schrie er überlaut, und ruffte denen Leuten zu, man solte ihm doch aus
dem Dinge helffen, er wüste nicht, wie er da hinein gekommen wäre.

Ein anderer Pennal, auf einem Doctorat-Schmauß, als ihn die Pur-
sche agirten und vexirten mit ruffen und zupffen, Hut-drehen und andern
Dingen mehr, meynete er könne es wieder so machen, gieng hinter einem her,
und drehete ihm auch den Hut auf dem Kopffe herum. Es war aber dieses der
Rector selber, welcher da herum schliche. Weil er nun nicht ermangelte dem
Pennal eine derbe Reprimande zu geben, war das seine Entschuldigung: Ma-
gnifice Domine Rector!
Man thut mir es auch.

Ein Dorff-Schulmeister, als man ihn bey dem Examine fragte, ob er
auch seinen
Decalogum könte? antwortete, Nein, er habe seiner keine
Kundschafft.

Ein Studiosus von Adel besuchte, von der Universitaet aus, einen seiner in

der
K 3

die Kranckheit im Kopffe ſtaͤcke. Er rieß auch das Clyſtier zu ſich, und
ſoffe es aus.

Ein Philoſophus, als ihm uͤber Tiſche Pfeffer-Fleiſch vorgeleget ward,
ſchabete den Pfeffer davon. Da man ihn fragte, warum er nicht eſſe? ant-
wortete er: Ich wolte gerne eſſen, wann das fleiſch nur nicht ſo beſchiſ-
ſen waͤre.

Ein von hohen Einbildungen gantz aufgeblaſener Studioſus, der ſich nicht
weniger als ein Doctor duͤnckte, war von der Univerſitæt heimgekommen, lag
des Morgens im Bette, und ſahe oben an der Decke einen Kuͤhdreck hangen.
Da diſputirte er lange mit ſich ſelber, wie es doch muͤſte zu gegangen ſeyn,
daß die Kuh da hinauf geſchiſſen haͤtte.

Ein Philoſophus zerdiſputirte ſich ſehr daruͤber, ob Quantitas koͤnne von
der Subſtantz ſepariret werden? Als zum Exempel ſagte er: Mein Kopff koͤn-
te wohl durch das Loch gehen; aber die Groͤſſe meines Kopffs kan
es nicht.

Ein, aus einem Dorffe gebuͤrtiger Pennal hatte niemals einen Spiegel
geſehen. Als es das erſtemahl geſchahe, und er ſeine Perſon darinnen erblick-
te, ſchrie er uͤberlaut, und ruffte denen Leuten zu, man ſolte ihm doch aus
dem Dinge helffen, er wuͤſte nicht, wie er da hinein gekommen waͤre.

Ein anderer Pennal, auf einem Doctorat-Schmauß, als ihn die Pur-
ſche agirten und vexirten mit ruffen und zupffen, Hut-drehen und andern
Dingen mehr, meynete er koͤnne es wieder ſo machen, gieng hinter einem her,
und drehete ihm auch den Hut auf dem Kopffe herum. Es war aber dieſes der
Rector ſelber, welcher da herum ſchliche. Weil er nun nicht ermangelte dem
Pennal eine derbe Reprimande zu geben, war das ſeine Entſchuldigung: Ma-
gnifice Domine Rector!
Man thut mir es auch.

Ein Dorff-Schulmeiſter, als man ihn bey dem Examine fragte, ob er
auch ſeinen
Decalogum koͤnte? antwortete, Nein, er habe ſeiner keine
Kundſchafft.

Ein Studioſus von Adel beſuchte, von der Univerſitæt aus, einen ſeiner in

der
K 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0121" n="77"/><hi rendition="#fr">die Kranckheit im Kopffe &#x017F;ta&#x0364;cke.</hi> Er rieß auch das Cly&#x017F;tier zu &#x017F;ich, und<lb/>
&#x017F;offe es aus.</p><lb/>
          <p>Ein <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophus,</hi> als ihm u&#x0364;ber Ti&#x017F;che Pfeffer-Flei&#x017F;ch vorgeleget ward,<lb/>
&#x017F;chabete den Pfeffer davon. Da man ihn fragte, <hi rendition="#fr">warum er nicht e&#x017F;&#x017F;e?</hi> ant-<lb/>
wortete er: <hi rendition="#fr">Ich wolte gerne e&#x017F;&#x017F;en, wann das flei&#x017F;ch nur nicht &#x017F;o be&#x017F;chi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en wa&#x0364;re.</hi></p><lb/>
          <p>Ein von hohen Einbildungen gantz aufgebla&#x017F;ener <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;us,</hi> der &#x017F;ich nicht<lb/>
weniger als ein <hi rendition="#aq">Doctor</hi> du&#x0364;nckte, war von der <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;itæt</hi> heimgekommen, lag<lb/>
des Morgens im Bette, und &#x017F;ahe oben an der Decke einen Ku&#x0364;hdreck hangen.<lb/>
Da <hi rendition="#aq">di&#x017F;putir</hi>te er lange mit &#x017F;ich &#x017F;elber, <hi rendition="#fr">wie es doch mu&#x0364;&#x017F;te zu gegangen &#x017F;eyn,<lb/>
daß die Kuh da hinauf ge&#x017F;chi&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte.</hi></p><lb/>
          <p>Ein <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophus</hi> zer<hi rendition="#aq">di&#x017F;putir</hi>te &#x017F;ich &#x017F;ehr daru&#x0364;ber, ob <hi rendition="#aq">Quantitas</hi> ko&#x0364;nne von<lb/>
der <hi rendition="#aq">Sub&#x017F;tan</hi>tz <hi rendition="#aq">&#x017F;epari</hi>ret werden? Als zum Exempel &#x017F;agte er: <hi rendition="#fr">Mein Kopff ko&#x0364;n-<lb/>
te wohl durch das Loch gehen; aber die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e meines Kopffs kan<lb/>
es nicht.</hi></p><lb/>
          <p>Ein, aus einem Dorffe gebu&#x0364;rtiger <hi rendition="#aq">Pennal</hi> hatte niemals einen Spiegel<lb/>
ge&#x017F;ehen. Als es das er&#x017F;temahl ge&#x017F;chahe, und er &#x017F;eine Per&#x017F;on darinnen erblick-<lb/>
te, &#x017F;chrie er u&#x0364;berlaut, und ruffte denen Leuten zu, <hi rendition="#fr">man &#x017F;olte ihm doch aus<lb/>
dem Dinge helffen, er wu&#x0364;&#x017F;te nicht, wie er da hinein gekommen wa&#x0364;re.</hi></p><lb/>
          <p>Ein anderer <hi rendition="#aq">Pennal,</hi> auf einem <hi rendition="#aq">Doctorat-</hi>Schmauß, als ihn die Pur-<lb/>
&#x017F;che <hi rendition="#aq">agir</hi>ten und <hi rendition="#aq">vexir</hi>ten mit ruffen und zupffen, Hut-drehen und andern<lb/>
Dingen mehr, meynete er ko&#x0364;nne es wieder &#x017F;o machen, gieng hinter einem her,<lb/>
und drehete ihm auch den Hut auf dem Kopffe herum. Es war aber die&#x017F;es der<lb/><hi rendition="#aq">Rector</hi> &#x017F;elber, welcher da herum &#x017F;chliche. Weil er nun nicht ermangelte dem<lb/><hi rendition="#aq">Pennal</hi> eine derbe <hi rendition="#aq">Reprimande</hi> zu geben, war das &#x017F;eine Ent&#x017F;chuldigung: <hi rendition="#aq">Ma-<lb/>
gnifice Domine Rector!</hi> <hi rendition="#fr">Man thut mir es auch.</hi></p><lb/>
          <p>Ein Dorff-Schulmei&#x017F;ter, als man ihn bey dem <hi rendition="#aq">Examine</hi> fragte, <hi rendition="#fr">ob er<lb/>
auch &#x017F;einen</hi> <hi rendition="#aq">Decalogum</hi> <hi rendition="#fr">ko&#x0364;nte?</hi> antwortete, <hi rendition="#fr">Nein, er habe &#x017F;einer keine<lb/>
Kund&#x017F;chafft.</hi></p><lb/>
          <p>Ein <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;us</hi> von Adel be&#x017F;uchte, von der <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;itæt</hi> aus, einen &#x017F;einer in<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 3</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0121] die Kranckheit im Kopffe ſtaͤcke. Er rieß auch das Clyſtier zu ſich, und ſoffe es aus. Ein Philoſophus, als ihm uͤber Tiſche Pfeffer-Fleiſch vorgeleget ward, ſchabete den Pfeffer davon. Da man ihn fragte, warum er nicht eſſe? ant- wortete er: Ich wolte gerne eſſen, wann das fleiſch nur nicht ſo beſchiſ- ſen waͤre. Ein von hohen Einbildungen gantz aufgeblaſener Studioſus, der ſich nicht weniger als ein Doctor duͤnckte, war von der Univerſitæt heimgekommen, lag des Morgens im Bette, und ſahe oben an der Decke einen Kuͤhdreck hangen. Da diſputirte er lange mit ſich ſelber, wie es doch muͤſte zu gegangen ſeyn, daß die Kuh da hinauf geſchiſſen haͤtte. Ein Philoſophus zerdiſputirte ſich ſehr daruͤber, ob Quantitas koͤnne von der Subſtantz ſepariret werden? Als zum Exempel ſagte er: Mein Kopff koͤn- te wohl durch das Loch gehen; aber die Groͤſſe meines Kopffs kan es nicht. Ein, aus einem Dorffe gebuͤrtiger Pennal hatte niemals einen Spiegel geſehen. Als es das erſtemahl geſchahe, und er ſeine Perſon darinnen erblick- te, ſchrie er uͤberlaut, und ruffte denen Leuten zu, man ſolte ihm doch aus dem Dinge helffen, er wuͤſte nicht, wie er da hinein gekommen waͤre. Ein anderer Pennal, auf einem Doctorat-Schmauß, als ihn die Pur- ſche agirten und vexirten mit ruffen und zupffen, Hut-drehen und andern Dingen mehr, meynete er koͤnne es wieder ſo machen, gieng hinter einem her, und drehete ihm auch den Hut auf dem Kopffe herum. Es war aber dieſes der Rector ſelber, welcher da herum ſchliche. Weil er nun nicht ermangelte dem Pennal eine derbe Reprimande zu geben, war das ſeine Entſchuldigung: Ma- gnifice Domine Rector! Man thut mir es auch. Ein Dorff-Schulmeiſter, als man ihn bey dem Examine fragte, ob er auch ſeinen Decalogum koͤnte? antwortete, Nein, er habe ſeiner keine Kundſchafft. Ein Studioſus von Adel beſuchte, von der Univerſitæt aus, einen ſeiner in der K 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/121
Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/121>, abgerufen am 04.12.2024.