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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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dannen reisete, regnete es. Jedoch es fügte sich, daß er nach einem halben
Jahre wieder dahin kommen, und da regnete es abermals. Hierauf ver-
wunderte sich der gelehrte Pohlack, und bildete sich ein, es hätte seit seiner Ab-
reise nicht aufgehöret, in Heidelberg zu regnen.

Zu Wittenberg hatten etliche von Adel einen jungen Studiosum zum Fa-
mulo.
Weil er sich aber sehr nachläßig in der Kleidung hielte, wie gemeini-
glich die Pennaele zu thun pflegen, sagten sie ihm, er solte sich ein wenig mun-
ter halten, damit er ihnen keine Schande, sondern eine Ehre wäre
.
Des andern Tages, als er solte ein Fuder-Holtz hauen, gieng der gute Lem-
mel hin, thät seinen Mantel und Degen an, und hieb also das Holtz.

Es hatten etliche Studenten einen jungen Pennal mit einem Ohr, an ei-
nem Pfosten bey nächtlicher Weile angenagelt. Es bliebe auch der arme Ge-
selle in der Positur so da stehen, sagte kein Wort, sondern meynte er gehöre da-
hin, und es müsse so seyn. Des Morgens giengen der Rector Magnificus,
nebst einigen Professoren, vorüber, liessen dem Pennal den Nagel herausziehen,
und fragten ihn, wer denselben so tractiret hatte? ob es Studiosi wären?
und ob er sie wohl kennen wolte, wann sie ihm vorgestellet würden
?
welche drey Fragen der Pennal mit Ja beantwortete. Hierauf ließ der Rector
die verdächtigsten Nacht-Vögel von der gantzen Universitaet vor sich kommen,
und examinirte einen nach dem andern vermittelst der Frage: Seyd ihr es ge-
wesen
. Der erste antwortete: Nein ich war es nicht. Fünffe sprachen, und
zwar ein jeder ins besondere: Ich auch nicht. Endlich sagte der Letzte: Ich
bin ebenfalls nicht dabey gewesen
. Der Pennal hatte sein Ohr bereits ver-
gessen, trat derohalben als er die Verantwortung derer andern hörete, ge-
schwinde auf die Seite unter die übrigen, und schrie: Ich war auch nicht
dabey
. Denn er vermeynte, weil er nur noch alleine übrig, könte man leicht-
lich sagen, er müsse es selber gethan haben.

Etliche Studiosi ritten mit einander spatzieren. Unter diesen befande sich
einer der noch nie ein Pferd zuvor beschritten hatte, und der stach den Gaul,
welchen er ritte starck mit denen Sporen, wannenhero es anfieng hefftig zu
rennen. Die andern rieffen ihm zu, er solte nicht so eilen. Da schrie der arme
Tropff zurücke: Ich glaube der Teuffel ist in dem Pferd. Ich steche es
so sehr als ich immer kan, und es will dennoch nicht stille halten
.

Einem
K 2

dannen reiſete, regnete es. Jedoch es fuͤgte ſich, daß er nach einem halben
Jahre wieder dahin kommen, und da regnete es abermals. Hierauf ver-
wunderte ſich der gelehrte Pohlack, und bildete ſich ein, es haͤtte ſeit ſeiner Ab-
reiſe nicht aufgehoͤret, in Heidelberg zu regnen.

Zu Wittenberg hatten etliche von Adel einen jungen Studioſum zum Fa-
mulo.
Weil er ſich aber ſehr nachlaͤßig in der Kleidung hielte, wie gemeini-
glich die Pennæle zu thun pflegen, ſagten ſie ihm, er ſolte ſich ein wenig mun-
ter halten, damit er ihnen keine Schande, ſondern eine Ehre waͤre
.
Des andern Tages, als er ſolte ein Fuder-Holtz hauen, gieng der gute Lem-
mel hin, thaͤt ſeinen Mantel und Degen an, und hieb alſo das Holtz.

Es hatten etliche Studenten einen jungen Pennal mit einem Ohr, an ei-
nem Pfoſten bey naͤchtlicher Weile angenagelt. Es bliebe auch der arme Ge-
ſelle in der Poſitur ſo da ſtehen, ſagte kein Wort, ſondern meynte er gehoͤre da-
hin, und es muͤſſe ſo ſeyn. Des Morgens giengen der Rector Magnificus,
nebſt einigen Profeſſoren, voruͤber, lieſſen dem Pennal den Nagel herausziehen,
und fragten ihn, wer denſelben ſo tractiret håtte? ob es Studioſi waͤren?
und ob er ſie wohl kennen wolte, wann ſie ihm vorgeſtellet wuͤrden
?
welche drey Fragen der Pennal mit Ja beantwortete. Hierauf ließ der Rector
die verdaͤchtigſten Nacht-Voͤgel von der gantzen Univerſitæt vor ſich kommen,
und examinirte einen nach dem andern vermittelſt der Frage: Seyd ihr es ge-
weſen
. Der erſte antwortete: Nein ich war es nicht. Fuͤnffe ſprachen, und
zwar ein jeder ins beſondere: Ich auch nicht. Endlich ſagte der Letzte: Ich
bin ebenfalls nicht dabey geweſen
. Der Pennal hatte ſein Ohr bereits ver-
geſſen, trat derohalben als er die Verantwortung derer andern hoͤrete, ge-
ſchwinde auf die Seite unter die uͤbrigen, und ſchrie: Ich war auch nicht
dabey
. Denn er vermeynte, weil er nur noch alleine uͤbrig, koͤnte man leicht-
lich ſagen, er muͤſſe es ſelber gethan haben.

Etliche Studioſi ritten mit einander ſpatzieren. Unter dieſen befande ſich
einer der noch nie ein Pferd zuvor beſchritten hatte, und der ſtach den Gaul,
welchen er ritte ſtarck mit denen Sporen, wannenhero es anfieng hefftig zu
rennen. Die andern rieffen ihm zu, er ſolte nicht ſo eilen. Da ſchrie der arme
Tropff zuruͤcke: Ich glaube der Teuffel iſt in dem Pferd. Ich ſteche es
ſo ſehr als ich immer kan, und es will dennoch nicht ſtille halten
.

Einem
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[75/0119] dannen reiſete, regnete es. Jedoch es fuͤgte ſich, daß er nach einem halben Jahre wieder dahin kommen, und da regnete es abermals. Hierauf ver- wunderte ſich der gelehrte Pohlack, und bildete ſich ein, es haͤtte ſeit ſeiner Ab- reiſe nicht aufgehoͤret, in Heidelberg zu regnen. Zu Wittenberg hatten etliche von Adel einen jungen Studioſum zum Fa- mulo. Weil er ſich aber ſehr nachlaͤßig in der Kleidung hielte, wie gemeini- glich die Pennæle zu thun pflegen, ſagten ſie ihm, er ſolte ſich ein wenig mun- ter halten, damit er ihnen keine Schande, ſondern eine Ehre waͤre. Des andern Tages, als er ſolte ein Fuder-Holtz hauen, gieng der gute Lem- mel hin, thaͤt ſeinen Mantel und Degen an, und hieb alſo das Holtz. Es hatten etliche Studenten einen jungen Pennal mit einem Ohr, an ei- nem Pfoſten bey naͤchtlicher Weile angenagelt. Es bliebe auch der arme Ge- ſelle in der Poſitur ſo da ſtehen, ſagte kein Wort, ſondern meynte er gehoͤre da- hin, und es muͤſſe ſo ſeyn. Des Morgens giengen der Rector Magnificus, nebſt einigen Profeſſoren, voruͤber, lieſſen dem Pennal den Nagel herausziehen, und fragten ihn, wer denſelben ſo tractiret håtte? ob es Studioſi waͤren? und ob er ſie wohl kennen wolte, wann ſie ihm vorgeſtellet wuͤrden? welche drey Fragen der Pennal mit Ja beantwortete. Hierauf ließ der Rector die verdaͤchtigſten Nacht-Voͤgel von der gantzen Univerſitæt vor ſich kommen, und examinirte einen nach dem andern vermittelſt der Frage: Seyd ihr es ge- weſen. Der erſte antwortete: Nein ich war es nicht. Fuͤnffe ſprachen, und zwar ein jeder ins beſondere: Ich auch nicht. Endlich ſagte der Letzte: Ich bin ebenfalls nicht dabey geweſen. Der Pennal hatte ſein Ohr bereits ver- geſſen, trat derohalben als er die Verantwortung derer andern hoͤrete, ge- ſchwinde auf die Seite unter die uͤbrigen, und ſchrie: Ich war auch nicht dabey. Denn er vermeynte, weil er nur noch alleine uͤbrig, koͤnte man leicht- lich ſagen, er muͤſſe es ſelber gethan haben. Etliche Studioſi ritten mit einander ſpatzieren. Unter dieſen befande ſich einer der noch nie ein Pferd zuvor beſchritten hatte, und der ſtach den Gaul, welchen er ritte ſtarck mit denen Sporen, wannenhero es anfieng hefftig zu rennen. Die andern rieffen ihm zu, er ſolte nicht ſo eilen. Da ſchrie der arme Tropff zuruͤcke: Ich glaube der Teuffel iſt in dem Pferd. Ich ſteche es ſo ſehr als ich immer kan, und es will dennoch nicht ſtille halten. Einem K 2

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/119>, abgerufen am 12.12.2024.