Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Ein junger Student fragte einstens einen Mönch in denen Niederlanden, Ein ziemlich betagter Pedant wolte mit einer Jungfrau in Meissen galani- Ein Student von Adel bemühete sich um die Affection einer Jungfrau; Ein alter Pedant versoffe fast alles, was er hatte. Und als er kein Geld Ein Pedant, der sich eine sonderbare Art wie die Narren jetzo pflegen, zu schrei-
Ein junger Student fragte einſtens einen Moͤnch in denen Niederlanden, Ein ziemlich betagter Pedant wolte mit einer Jungfrau in Meiſſen galani- Ein Student von Adel bemuͤhete ſich um die Affection einer Jungfrau; Ein alter Pedant verſoffe faſt alles, was er hatte. Und als er kein Geld Ein Pedant, der ſich eine ſonderbare Art wie die Narren jetzo pflegen, zu ſchrei-
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Ein junger Student fragte einſtens einen Moͤnch in denen Niederlanden,
warum er doch mit ſo unfoͤrmlicher Geſtalt in einer Moͤnchs Kutte herum zoͤ-
ge? dem antwortete der Moͤnch: daß ich meine Eſels-Ohren in etwas ver-
bergen moͤge, die ihr einem jedweden ſo oͤffentlich ſehen laſſet.
Ein ziemlich betagter Pedant wolte mit einer Jungfrau in Meiſſen galani-
firen. Weil ſie aber keine Neigung zu ihm hatte, ſondern des Narren gerne loß ge-
weſen, fragte ſie ihn verbluͤmter Weiſe, ob er auch wuͤſte welches das groͤſte
und groͤbſte unter allen unvernuͤnfftigen Thieren wåre? der Pedant ant-
wortete ihr gar bedencklich, der Elephant ſeye ſo groß und ungeheuer,
daß wann die Jungfrau einen ſaͤhe ſie aus Furcht in eine Ohnmacht
ſincken wuͤrde. O ſagte ſie, mein Herr Elephant! Gehet flugs weg, ich
fůrchte eure Rede moͤchte wahr werden.
Ein Student von Adel bemuͤhete ſich um die Affection einer Jungfrau;
jedoch nur in der Abſicht, daß er mit ihr Buhlen und Kurtzweile haben moͤch-
te. Zuweilen offerirte er ihr einen koſtbaren Ring zu Bekraͤfftigung ſeiner Lie-
be, den aber die Jungfrau, ohne Wiſſen und Willen ihrer Mutter nicht an-
nehmen, viel weniger ihm ſonſt in etwas zu Willen ſeyn wolte. Endlich frag-
te ſie hieruͤber ihre Mutter, welche ſie wohl unterrichtete, mit was Worten
und Gebaͤren ſie den Ring annehmen ſolte. Als nun der Stutzer wiederkom-
met, und nach vorigen Anbringen ihr abermal den Ring præſentiret, ſie ſich
auch mit beweglichen Worten vernehmen laͤſſet, daß ſie ihn annehmen und
verwahren wolle, auch darnach, als ein Liebes-Pfand ihrer kuͤnfftigen Hey-
rath greiffet, zeucht der Juncker den Ring zu ruͤcke, und ſpricht: Pfuy Jung-
fer hat euch eure Mutter das Weigern noch nicht gelernet? Sie wartete
nicht lange, giebt ihm eine gute Maulſchelle und ſaget: Pfuy Juncker! hat
euch euer Vater das Weichen auch noch nicht gelehret?
Ein alter Pedant verſoffe faſt alles, was er hatte. Und als er kein Geld
mehr wuſte gienge er etliche Tage gar traurig und melancholiſch herum. In-
dem koͤmmet eines, und begehret vor einen Pfennig Peterſilien Kraut aus ſei-
nem Garten. Da ward er luſtig und ſprach: Ich habe es wohl gedacht,
es muͤſte einmal wiederkommen.
Ein Pedant, der ſich eine ſonderbare Art wie die Narren jetzo pflegen, zu
ſchrei-
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