Futter sind dunkelbrauner Pelz oder grauer Marder, auch schwar- zer Sammet und Atlas. Selbst Schuhe und Barett pflegen schwarz zu sein, wenn erstere auch die breiten Schnäbel haben und letzteres zerschnitten ist; die bunten Schuhe, das rothe Sam- metbarett und überhaupt das lustige Gelb, Roth, Blau überlas- sen sie dem Adel und der Jugend.
Die letztere ist der breiten dunklen Schaube weniger ge- neigt: Würde und stolze, feste Haltung passen nicht zur raschen Beweglichkeit junger Jahre; sie zieht die lebhaften Farben vor, die bunten Federn auf dem zerschlitzten Barett und die zerhauene Kleidung. Zwar finden wir auf Bildern selbst Kinder wohlha- bender Aeltern von dem weiten Oberrock umhüllt, und Jünglinge und junge Männer durften gewiß auf den Besitz desselben und seinen Gebrauch in bestimmten Fällen nicht Verzicht leisten, aber sie zogen es vor, einen kurzen, sehr weiten Mantel um die Schul- tern zu legen, den sie antikisirend von der rechten Seite her über die Brust und die linke Schulter faltenreich schlugen. Der junge Geselle vom Handwerkerstande trug überhaupt kein Oberkleid, weder Schaube noch Mantel, sondern wie der Kriegsmann nur Wamms und Beinkleid, mehr oder weniger zerschnitten, nebst Barett und Schuhen. Mit Jacke, der alten Blouse und Hose, Schuhen oder Stiefeln, mit dem alten Filzhut und formloser Mütze begnügte sich auch der Bauer, zu dem die Zerschlitzung nur langsam und immer nur in geringem Maße drang. Es ist selten, wenn er einen vorn offenen Rock von der Grundform der Schaube und "von grobem Zwilch" darüber zieht, aber derselbe entbehrt der Fülle und Weite und damit des Auszeichnenden dieses Kleidungsstückes.
Dem Bürger stellen sich bescheiden zur Seite die Männer der Reformation und die Gelehrten von Fach. Sie erscheinen schwarz gekleidet von Kopf zu Fuß. Ihr Barett ist zur einfachen Mütze geworden, der Ueberwurf, obwohl weit, hat doch die statt- liche Breite und namentlich den großen Kragen verloren; er ist ganz ohne Kragen und mit weiten offenen, an den Schultern faltig angenähten Aermeln versehen, eine Form, welche fromme,
III. Die Neuzeit.
Futter ſind dunkelbrauner Pelz oder grauer Marder, auch ſchwar- zer Sammet und Atlas. Selbſt Schuhe und Barett pflegen ſchwarz zu ſein, wenn erſtere auch die breiten Schnäbel haben und letzteres zerſchnitten iſt; die bunten Schuhe, das rothe Sam- metbarett und überhaupt das luſtige Gelb, Roth, Blau überlaſ- ſen ſie dem Adel und der Jugend.
Die letztere iſt der breiten dunklen Schaube weniger ge- neigt: Würde und ſtolze, feſte Haltung paſſen nicht zur raſchen Beweglichkeit junger Jahre; ſie zieht die lebhaften Farben vor, die bunten Federn auf dem zerſchlitzten Barett und die zerhauene Kleidung. Zwar finden wir auf Bildern ſelbſt Kinder wohlha- bender Aeltern von dem weiten Oberrock umhüllt, und Jünglinge und junge Männer durften gewiß auf den Beſitz deſſelben und ſeinen Gebrauch in beſtimmten Fällen nicht Verzicht leiſten, aber ſie zogen es vor, einen kurzen, ſehr weiten Mantel um die Schul- tern zu legen, den ſie antikiſirend von der rechten Seite her über die Bruſt und die linke Schulter faltenreich ſchlugen. Der junge Geſelle vom Handwerkerſtande trug überhaupt kein Oberkleid, weder Schaube noch Mantel, ſondern wie der Kriegsmann nur Wamms und Beinkleid, mehr oder weniger zerſchnitten, nebſt Barett und Schuhen. Mit Jacke, der alten Blouſe und Hoſe, Schuhen oder Stiefeln, mit dem alten Filzhut und formloſer Mütze begnügte ſich auch der Bauer, zu dem die Zerſchlitzung nur langſam und immer nur in geringem Maße drang. Es iſt ſelten, wenn er einen vorn offenen Rock von der Grundform der Schaube und „von grobem Zwilch“ darüber zieht, aber derſelbe entbehrt der Fülle und Weite und damit des Auszeichnenden dieſes Kleidungsſtückes.
Dem Bürger ſtellen ſich beſcheiden zur Seite die Männer der Reformation und die Gelehrten von Fach. Sie erſcheinen ſchwarz gekleidet von Kopf zu Fuß. Ihr Barett iſt zur einfachen Mütze geworden, der Ueberwurf, obwohl weit, hat doch die ſtatt- liche Breite und namentlich den großen Kragen verloren; er iſt ganz ohne Kragen und mit weiten offenen, an den Schultern faltig angenähten Aermeln verſehen, eine Form, welche fromme,
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III. Die Neuzeit.
Futter ſind dunkelbrauner Pelz oder grauer Marder, auch ſchwar-
zer Sammet und Atlas. Selbſt Schuhe und Barett pflegen
ſchwarz zu ſein, wenn erſtere auch die breiten Schnäbel haben
und letzteres zerſchnitten iſt; die bunten Schuhe, das rothe Sam-
metbarett und überhaupt das luſtige Gelb, Roth, Blau überlaſ-
ſen ſie dem Adel und der Jugend.
Die letztere iſt der breiten dunklen Schaube weniger ge-
neigt: Würde und ſtolze, feſte Haltung paſſen nicht zur raſchen
Beweglichkeit junger Jahre; ſie zieht die lebhaften Farben vor,
die bunten Federn auf dem zerſchlitzten Barett und die zerhauene
Kleidung. Zwar finden wir auf Bildern ſelbſt Kinder wohlha-
bender Aeltern von dem weiten Oberrock umhüllt, und Jünglinge
und junge Männer durften gewiß auf den Beſitz deſſelben und
ſeinen Gebrauch in beſtimmten Fällen nicht Verzicht leiſten, aber
ſie zogen es vor, einen kurzen, ſehr weiten Mantel um die Schul-
tern zu legen, den ſie antikiſirend von der rechten Seite her über
die Bruſt und die linke Schulter faltenreich ſchlugen. Der junge
Geſelle vom Handwerkerſtande trug überhaupt kein Oberkleid,
weder Schaube noch Mantel, ſondern wie der Kriegsmann nur
Wamms und Beinkleid, mehr oder weniger zerſchnitten, nebſt
Barett und Schuhen. Mit Jacke, der alten Blouſe und Hoſe,
Schuhen oder Stiefeln, mit dem alten Filzhut und formloſer
Mütze begnügte ſich auch der Bauer, zu dem die Zerſchlitzung
nur langſam und immer nur in geringem Maße drang. Es iſt
ſelten, wenn er einen vorn offenen Rock von der Grundform der
Schaube und „von grobem Zwilch“ darüber zieht, aber derſelbe
entbehrt der Fülle und Weite und damit des Auszeichnenden
dieſes Kleidungsſtückes.
Dem Bürger ſtellen ſich beſcheiden zur Seite die Männer
der Reformation und die Gelehrten von Fach. Sie erſcheinen
ſchwarz gekleidet von Kopf zu Fuß. Ihr Barett iſt zur einfachen
Mütze geworden, der Ueberwurf, obwohl weit, hat doch die ſtatt-
liche Breite und namentlich den großen Kragen verloren; er iſt
ganz ohne Kragen und mit weiten offenen, an den Schultern
faltig angenähten Aermeln verſehen, eine Form, welche fromme,
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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/74>, abgerufen am 16.02.2025.
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