Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Die Neuzeit.
um einem allgemeinen Luxus, dem Ruin des Vermögens zu
steuern, sondern um den Unterschied von Ständen, wie er mehr
und mehr aus Gesetz und Leben verschwand, im Aeußern wenig-
stens aufrecht zu erhalten. Das geht aus dem einleitenden Pa-
ragraphen hervor: "Nachdem ehrlich, ziemlich und billig, daß
sich ein jeder, weß Würden oder Herkommen der sei, nach seinem
Stand, Ehre und Vermögen trage, damit in jedem Stand unter-
schiedlich Erkantnuß sein mög, so haben wir uns mit Churfür-
sten, Fürsten und Ständen nachfolgender Ordnung der Kleidung
vereinigt und verglichen, die wir auch bei Straf und Peen, dar-
auf gesetzt, gänzlich gehalten haben wollen."

Die Classen werden, von unten an gerechnet, in folgender
Weise gestellt. Zuerst kommen "die Bauersleute auf dem Lande",
dann die "Bürger und Inwohner in den Städten", welche wieder
in drei Abtheilungen zerlegt werden: 1) "die gemeinen Bürger
und Handwerker", 2) "die Kauf- und Gewerbsleute", 3) "Bür-
ger in den Städten, so vom Rath, Geschlechtern oder sonst für-
nehmen Herkommens sind und ihrer Zins und Renten geleben."
Sodann folgt der Adel, vor dessen Gesammtheit die Ritter und
neben ihnen die Doctoren noch besonders bevorzugt sind; dem
Adel werden die unadeligen Beamten der Fürsten, Hofmeister,
Kanzler, Marschalk und Rath, gleichgestellt; ferner Grafen und
Herren, und endlich die Fürsten als höchster Stand, für welche
keine Bestimmungen mehr getroffen sind. Nebenbei handeln noch
besondere Paragraphen von den reisigen Knechten, von Kriegs-
leuten, von Bergknappen, Schreibern in Kanzleien, Vögten und
andern Beamten, von gemeinen und unehrlichen Weibern, von
Nachrichtern und von der Juden Kleidung. Stoff, Farbe und
Werth, in einzelnen Fällen auch die Kleidungsstücke und die
Form derselben geben die Bestimmungen ab. Außerdem daß für
die Fürsten keinerlei Beschränkungen stattfinden, ist ihnen noch
Zobel "und dergleichen höchstes Futter" vorbehalten, insbesondere
aber Gold- und Silberbrokat, dessen sich Grafen und Herren nicht
einmal zur Verbrämung bedienen sollen, doch wird in dieser Hin-
sicht für sie selbst, wenn sie Ritter sind, sowie für ihre Frauen

III. Die Neuzeit.
um einem allgemeinen Luxus, dem Ruin des Vermögens zu
ſteuern, ſondern um den Unterſchied von Ständen, wie er mehr
und mehr aus Geſetz und Leben verſchwand, im Aeußern wenig-
ſtens aufrecht zu erhalten. Das geht aus dem einleitenden Pa-
ragraphen hervor: „Nachdem ehrlich, ziemlich und billig, daß
ſich ein jeder, weß Würden oder Herkommen der ſei, nach ſeinem
Stand, Ehre und Vermögen trage, damit in jedem Stand unter-
ſchiedlich Erkantnuß ſein mög, ſo haben wir uns mit Churfür-
ſten, Fürſten und Ständen nachfolgender Ordnung der Kleidung
vereinigt und verglichen, die wir auch bei Straf und Peen, dar-
auf geſetzt, gänzlich gehalten haben wollen.“

Die Claſſen werden, von unten an gerechnet, in folgender
Weiſe geſtellt. Zuerſt kommen „die Bauersleute auf dem Lande“,
dann die „Bürger und Inwohner in den Städten“, welche wieder
in drei Abtheilungen zerlegt werden: 1) „die gemeinen Bürger
und Handwerker“, 2) „die Kauf- und Gewerbsleute“, 3) „Bür-
ger in den Städten, ſo vom Rath, Geſchlechtern oder ſonſt für-
nehmen Herkommens ſind und ihrer Zins und Renten geleben.“
Sodann folgt der Adel, vor deſſen Geſammtheit die Ritter und
neben ihnen die Doctoren noch beſonders bevorzugt ſind; dem
Adel werden die unadeligen Beamten der Fürſten, Hofmeiſter,
Kanzler, Marſchalk und Rath, gleichgeſtellt; ferner Grafen und
Herren, und endlich die Fürſten als höchſter Stand, für welche
keine Beſtimmungen mehr getroffen ſind. Nebenbei handeln noch
beſondere Paragraphen von den reiſigen Knechten, von Kriegs-
leuten, von Bergknappen, Schreibern in Kanzleien, Vögten und
andern Beamten, von gemeinen und unehrlichen Weibern, von
Nachrichtern und von der Juden Kleidung. Stoff, Farbe und
Werth, in einzelnen Fällen auch die Kleidungsſtücke und die
Form derſelben geben die Beſtimmungen ab. Außerdem daß für
die Fürſten keinerlei Beſchränkungen ſtattfinden, iſt ihnen noch
Zobel „und dergleichen höchſtes Futter“ vorbehalten, insbeſondere
aber Gold- und Silberbrokat, deſſen ſich Grafen und Herren nicht
einmal zur Verbrämung bedienen ſollen, doch wird in dieſer Hin-
ſicht für ſie ſelbſt, wenn ſie Ritter ſind, ſowie für ihre Frauen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0070" n="58"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi> Die Neuzeit.</fw><lb/>
um einem allgemeinen Luxus, dem Ruin des Vermögens zu<lb/>
&#x017F;teuern, &#x017F;ondern um den Unter&#x017F;chied von Ständen, wie er mehr<lb/>
und mehr aus Ge&#x017F;etz und Leben ver&#x017F;chwand, im Aeußern wenig-<lb/>
&#x017F;tens aufrecht zu erhalten. Das geht aus dem einleitenden Pa-<lb/>
ragraphen hervor: &#x201E;Nachdem ehrlich, ziemlich und billig, daß<lb/>
&#x017F;ich ein jeder, weß Würden oder Herkommen der &#x017F;ei, nach &#x017F;einem<lb/>
Stand, Ehre und Vermögen trage, damit in jedem Stand unter-<lb/>
&#x017F;chiedlich Erkantnuß &#x017F;ein mög, &#x017F;o haben wir uns mit Churfür-<lb/>
&#x017F;ten, Für&#x017F;ten und Ständen nachfolgender Ordnung der Kleidung<lb/>
vereinigt und verglichen, die wir auch bei Straf und Peen, dar-<lb/>
auf ge&#x017F;etzt, gänzlich gehalten haben wollen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Die Cla&#x017F;&#x017F;en werden, von unten an gerechnet, in folgender<lb/>
Wei&#x017F;e ge&#x017F;tellt. Zuer&#x017F;t kommen &#x201E;die Bauersleute auf dem Lande&#x201C;,<lb/>
dann die &#x201E;Bürger und Inwohner in den Städten&#x201C;, welche wieder<lb/>
in drei Abtheilungen zerlegt werden: 1) &#x201E;die gemeinen Bürger<lb/>
und Handwerker&#x201C;, 2) &#x201E;die Kauf- und Gewerbsleute&#x201C;, 3) &#x201E;Bür-<lb/>
ger in den Städten, &#x017F;o vom Rath, Ge&#x017F;chlechtern oder &#x017F;on&#x017F;t für-<lb/>
nehmen Herkommens &#x017F;ind und ihrer Zins und Renten geleben.&#x201C;<lb/>
Sodann folgt der Adel, vor de&#x017F;&#x017F;en Ge&#x017F;ammtheit die Ritter und<lb/>
neben ihnen die Doctoren noch be&#x017F;onders bevorzugt &#x017F;ind; dem<lb/>
Adel werden die unadeligen Beamten der Für&#x017F;ten, Hofmei&#x017F;ter,<lb/>
Kanzler, Mar&#x017F;chalk und Rath, gleichge&#x017F;tellt; ferner Grafen und<lb/>
Herren, und endlich die Für&#x017F;ten als höch&#x017F;ter Stand, für welche<lb/>
keine Be&#x017F;timmungen mehr getroffen &#x017F;ind. Nebenbei handeln noch<lb/>
be&#x017F;ondere Paragraphen von den rei&#x017F;igen Knechten, von Kriegs-<lb/>
leuten, von Bergknappen, Schreibern in Kanzleien, Vögten und<lb/>
andern Beamten, von gemeinen und unehrlichen Weibern, von<lb/>
Nachrichtern und von der Juden Kleidung. Stoff, Farbe und<lb/>
Werth, in einzelnen Fällen auch die Kleidungs&#x017F;tücke und die<lb/>
Form der&#x017F;elben geben die Be&#x017F;timmungen ab. Außerdem daß für<lb/>
die Für&#x017F;ten keinerlei Be&#x017F;chränkungen &#x017F;tattfinden, i&#x017F;t ihnen noch<lb/>
Zobel &#x201E;und dergleichen höch&#x017F;tes Futter&#x201C; vorbehalten, insbe&#x017F;ondere<lb/>
aber Gold- und Silberbrokat, de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich Grafen und Herren nicht<lb/>
einmal zur Verbrämung bedienen &#x017F;ollen, doch wird in die&#x017F;er Hin-<lb/>
&#x017F;icht für &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t, wenn &#x017F;ie Ritter &#x017F;ind, &#x017F;owie für ihre Frauen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0070] III. Die Neuzeit. um einem allgemeinen Luxus, dem Ruin des Vermögens zu ſteuern, ſondern um den Unterſchied von Ständen, wie er mehr und mehr aus Geſetz und Leben verſchwand, im Aeußern wenig- ſtens aufrecht zu erhalten. Das geht aus dem einleitenden Pa- ragraphen hervor: „Nachdem ehrlich, ziemlich und billig, daß ſich ein jeder, weß Würden oder Herkommen der ſei, nach ſeinem Stand, Ehre und Vermögen trage, damit in jedem Stand unter- ſchiedlich Erkantnuß ſein mög, ſo haben wir uns mit Churfür- ſten, Fürſten und Ständen nachfolgender Ordnung der Kleidung vereinigt und verglichen, die wir auch bei Straf und Peen, dar- auf geſetzt, gänzlich gehalten haben wollen.“ Die Claſſen werden, von unten an gerechnet, in folgender Weiſe geſtellt. Zuerſt kommen „die Bauersleute auf dem Lande“, dann die „Bürger und Inwohner in den Städten“, welche wieder in drei Abtheilungen zerlegt werden: 1) „die gemeinen Bürger und Handwerker“, 2) „die Kauf- und Gewerbsleute“, 3) „Bür- ger in den Städten, ſo vom Rath, Geſchlechtern oder ſonſt für- nehmen Herkommens ſind und ihrer Zins und Renten geleben.“ Sodann folgt der Adel, vor deſſen Geſammtheit die Ritter und neben ihnen die Doctoren noch beſonders bevorzugt ſind; dem Adel werden die unadeligen Beamten der Fürſten, Hofmeiſter, Kanzler, Marſchalk und Rath, gleichgeſtellt; ferner Grafen und Herren, und endlich die Fürſten als höchſter Stand, für welche keine Beſtimmungen mehr getroffen ſind. Nebenbei handeln noch beſondere Paragraphen von den reiſigen Knechten, von Kriegs- leuten, von Bergknappen, Schreibern in Kanzleien, Vögten und andern Beamten, von gemeinen und unehrlichen Weibern, von Nachrichtern und von der Juden Kleidung. Stoff, Farbe und Werth, in einzelnen Fällen auch die Kleidungsſtücke und die Form derſelben geben die Beſtimmungen ab. Außerdem daß für die Fürſten keinerlei Beſchränkungen ſtattfinden, iſt ihnen noch Zobel „und dergleichen höchſtes Futter“ vorbehalten, insbeſondere aber Gold- und Silberbrokat, deſſen ſich Grafen und Herren nicht einmal zur Verbrämung bedienen ſollen, doch wird in dieſer Hin- ſicht für ſie ſelbſt, wenn ſie Ritter ſind, ſowie für ihre Frauen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/70
Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/70>, abgerufen am 22.11.2024.