Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.III. Die Neuzeit. seine Scheere unvermerkt an den Haarzopf zu bringen und solchenzu packen und -- weg war der Haarzopf." Quarreeperrücke, Beutel- und Zopfperrücke und die Zopf- Wir haben schon in der vorigen Periode bei der Geschichte III. Die Neuzeit. ſeine Scheere unvermerkt an den Haarzopf zu bringen und ſolchenzu packen und — weg war der Haarzopf.“ Quarréeperrücke, Beutel- und Zopfperrücke und die Zopf- Wir haben ſchon in der vorigen Periode bei der Geſchichte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0282" n="270"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi> Die Neuzeit.</fw><lb/> ſeine Scheere unvermerkt an den Haarzopf zu bringen und ſolchen<lb/> zu packen und — weg war der Haarzopf.“</p><lb/> <p>Quarréeperrücke, Beutel- und Zopfperrücke und die Zopf-<lb/> friſur des Eigenhaares gleichen ſich nun darin, daß ſie in glei-<lb/> cher Weiſe des <hi rendition="#g">Puders</hi> bedurften; es war davon eigentlich<lb/> niemand ausgenommen, wenn er nicht, wie z. B. die pietiſti-<lb/> ſchen Geiſtlichen, Spener, Francke u. a. die Sitte durchbrach,<lb/> was aber damals noch eine ſeltene Erſcheinung war. Der Puder<lb/> fand ſeinen Halt an der Pomade, mit welcher das Haar vorher<lb/> eingeſchmiert wurde. Aufgetragen wurde er mit einem flaum-<lb/> artigen Büſchel, einer von Seide oder Garn zuſammengedrehten<lb/> Quaſte, oder er wurde mit einem kleinen Blaſebalg in die Haare<lb/> geblaſen. Um einen Begriff von dem Verbrauch des Weizenmehls<lb/> zu geben, aus welchem vorzugsweiſe der Puder fabrizirt wurde,<lb/> hat man die folgende Berechnung gemacht: Man brauchte, um<lb/> einen Kopf vollſtändig zu pudern, täglich 5 Quentchen, und<lb/> wenn es zweimal geſchah, täglich 2½ Loth Puder. Rechnet man<lb/> damals auf den preußiſchen Staat zwölf Millionen Einwohner<lb/> und läßt man von dieſen acht Millionen, Männer wie Frauen —<lb/> eine allerdings wohl etwas hochgegriffene Zahl — täglich ſich<lb/> Eigenhaar oder Perrücke bepudern, ſo wurden, rechnet man nur<lb/> eiu Loth durchſchnittlich auf den Kopf, hierzu täglich 250,000<lb/> und in einem Jahr 91,250,000 Pfund Puder conſumirt, wozu<lb/> im Durchſchnitt 2,281,250 Berliner Scheffel erforderlich waren.</p><lb/> <p>Wir haben ſchon in der vorigen Periode bei der Geſchichte<lb/> des <hi rendition="#g">Hutes</hi> angedeutet, welche Wandlungen die Veränderung<lb/> der Haartracht an ihm hervorbrachte. Schon die große Perrücke<lb/> hatte ihn zu einem dreikrämpigen zierlichen Toilettenſtück gemacht,<lb/> deſſen Aufgabe nicht mehr darin beſtand, den Kopf zu ſchützen.<lb/> Die kleinere, aber zierlichere und viel unduldſamere Perrücken-<lb/> form und die Zopffriſur oder der Haarbeutel mit der pomadiſirten<lb/> ſchön geſchwungenen Vergette wollten ihn gar nicht mehr dulden,<lb/> und ſo mußte ihn der feine Herr in der Hand tragen und wenn<lb/> er dieſe frei haben wollte, unter dem Arm. Da dieſes allgemeine<lb/> Sitte wurde, und die Rechte außerdem den Stock führte, ſo<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [270/0282]
III. Die Neuzeit.
ſeine Scheere unvermerkt an den Haarzopf zu bringen und ſolchen
zu packen und — weg war der Haarzopf.“
Quarréeperrücke, Beutel- und Zopfperrücke und die Zopf-
friſur des Eigenhaares gleichen ſich nun darin, daß ſie in glei-
cher Weiſe des Puders bedurften; es war davon eigentlich
niemand ausgenommen, wenn er nicht, wie z. B. die pietiſti-
ſchen Geiſtlichen, Spener, Francke u. a. die Sitte durchbrach,
was aber damals noch eine ſeltene Erſcheinung war. Der Puder
fand ſeinen Halt an der Pomade, mit welcher das Haar vorher
eingeſchmiert wurde. Aufgetragen wurde er mit einem flaum-
artigen Büſchel, einer von Seide oder Garn zuſammengedrehten
Quaſte, oder er wurde mit einem kleinen Blaſebalg in die Haare
geblaſen. Um einen Begriff von dem Verbrauch des Weizenmehls
zu geben, aus welchem vorzugsweiſe der Puder fabrizirt wurde,
hat man die folgende Berechnung gemacht: Man brauchte, um
einen Kopf vollſtändig zu pudern, täglich 5 Quentchen, und
wenn es zweimal geſchah, täglich 2½ Loth Puder. Rechnet man
damals auf den preußiſchen Staat zwölf Millionen Einwohner
und läßt man von dieſen acht Millionen, Männer wie Frauen —
eine allerdings wohl etwas hochgegriffene Zahl — täglich ſich
Eigenhaar oder Perrücke bepudern, ſo wurden, rechnet man nur
eiu Loth durchſchnittlich auf den Kopf, hierzu täglich 250,000
und in einem Jahr 91,250,000 Pfund Puder conſumirt, wozu
im Durchſchnitt 2,281,250 Berliner Scheffel erforderlich waren.
Wir haben ſchon in der vorigen Periode bei der Geſchichte
des Hutes angedeutet, welche Wandlungen die Veränderung
der Haartracht an ihm hervorbrachte. Schon die große Perrücke
hatte ihn zu einem dreikrämpigen zierlichen Toilettenſtück gemacht,
deſſen Aufgabe nicht mehr darin beſtand, den Kopf zu ſchützen.
Die kleinere, aber zierlichere und viel unduldſamere Perrücken-
form und die Zopffriſur oder der Haarbeutel mit der pomadiſirten
ſchön geſchwungenen Vergette wollten ihn gar nicht mehr dulden,
und ſo mußte ihn der feine Herr in der Hand tragen und wenn
er dieſe frei haben wollte, unter dem Arm. Da dieſes allgemeine
Sitte wurde, und die Rechte außerdem den Stock führte, ſo
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