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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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4. Die Staatsperrücke u. d. absolute Herrschaft d. franz. Mode.
ihn von seiner Höhe. Die neue Frisur des achtzehnten Jahrhun-
derts mit ihrer überaus künstlichen und der Schonung bedürfti-
gen Ordnung konnte keinen Hut mehr auf sich dulden, ohne daß
er die zarten Taubenflügel geknickt, die Vergette verdrückt und
den Schmetterlingsstaub des Puders verwischt haben würde: da
klappte er zweiseitig zusammen, um fortan als Dreispitz unter dem
Arm getragen zu werden. Mit dieser Wandlung änderte sich
auch sein Schmuck. Als der dreikrämpige Hut fertig war, waren
die Ränder mit goldenen Borten eingefaßt und statt der wallen-
den Feder mit feinem Gefieder, Plümage, einem leichten Ueber-
rest, rings besetzt worden. Der Klapphut aber duldete nur noch
die Borten. -- Der feinste Stoff war damals Biberhaar, und er
war so geschätzt, daß in deutschen Städten, z. B. Braunschweig
(Verordnung von 1650), der ganze Castorhut Jedermann ver-
boten war, und ein halber wurde nur den ersten Classen ge-
stattet.

Völlig unter dem Einfluß der Perrücke steht noch der
Halskragen. Da die Flügel derselben ihn auf Schultern und
Rücken völlig zudeckten, so war kein Grund vorhanden, an diesen
Stellen noch den theuren Spitzenluxus zu treiben. Der Kragen
veränderte daher seinen Schnitt in der Weise, daß nur noch zwei
viereckige schlichte oder mit breiten Spitzen besetzte Stücke vorn
unter dem Kinn in Verbindung mit Schnüren und Quasten sich
herablegten. Die Ueberreste davon sehen wir noch heut zu Tage
auf der Kanzel in den s. g. Beffchen, die somit, seitab von der
Mode liegen geblieben, Perrücke und Zopf überlebt haben. Aber
dieser Kragen war nur eine Uebergangsform. Einer andern Pe-
riode angehörend, wurde er bei beiden Geschlechtern völlig besei-
tigt, und an seine Stelle trat das weiße Halstuch, welches,
unter dem Kinn geknotet, von hier in zwei fächerartig gefalteten
und ausgebreiteten Zipfeln, die ebenfalls mit Spitzen besetzt
wurden, herabfiel.

Die übrige Toilette, also die eigentliche Bekleidung, Rock,
Wamms und die Bedeckung des Beines und des Fußes, wan-
delte sich ganz im Geist der Verengerung und einer steifen, aber

4. Die Staatsperrücke u. d. abſolute Herrſchaft d. franz. Mode.
ihn von ſeiner Höhe. Die neue Friſur des achtzehnten Jahrhun-
derts mit ihrer überaus künſtlichen und der Schonung bedürfti-
gen Ordnung konnte keinen Hut mehr auf ſich dulden, ohne daß
er die zarten Taubenflügel geknickt, die Vergette verdrückt und
den Schmetterlingsſtaub des Puders verwiſcht haben würde: da
klappte er zweiſeitig zuſammen, um fortan als Dreiſpitz unter dem
Arm getragen zu werden. Mit dieſer Wandlung änderte ſich
auch ſein Schmuck. Als der dreikrämpige Hut fertig war, waren
die Ränder mit goldenen Borten eingefaßt und ſtatt der wallen-
den Feder mit feinem Gefieder, Plümage, einem leichten Ueber-
reſt, rings beſetzt worden. Der Klapphut aber duldete nur noch
die Borten. — Der feinſte Stoff war damals Biberhaar, und er
war ſo geſchätzt, daß in deutſchen Städten, z. B. Braunſchweig
(Verordnung von 1650), der ganze Caſtorhut Jedermann ver-
boten war, und ein halber wurde nur den erſten Claſſen ge-
ſtattet.

Völlig unter dem Einfluß der Perrücke ſteht noch der
Halskragen. Da die Flügel derſelben ihn auf Schultern und
Rücken völlig zudeckten, ſo war kein Grund vorhanden, an dieſen
Stellen noch den theuren Spitzenluxus zu treiben. Der Kragen
veränderte daher ſeinen Schnitt in der Weiſe, daß nur noch zwei
viereckige ſchlichte oder mit breiten Spitzen beſetzte Stücke vorn
unter dem Kinn in Verbindung mit Schnüren und Quaſten ſich
herablegten. Die Ueberreſte davon ſehen wir noch heut zu Tage
auf der Kanzel in den ſ. g. Beffchen, die ſomit, ſeitab von der
Mode liegen geblieben, Perrücke und Zopf überlebt haben. Aber
dieſer Kragen war nur eine Uebergangsform. Einer andern Pe-
riode angehörend, wurde er bei beiden Geſchlechtern völlig beſei-
tigt, und an ſeine Stelle trat das weiße Halstuch, welches,
unter dem Kinn geknotet, von hier in zwei fächerartig gefalteten
und ausgebreiteten Zipfeln, die ebenfalls mit Spitzen beſetzt
wurden, herabfiel.

Die übrige Toilette, alſo die eigentliche Bekleidung, Rock,
Wamms und die Bedeckung des Beines und des Fußes, wan-
delte ſich ganz im Geiſt der Verengerung und einer ſteifen, aber

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[239/0251] 4. Die Staatsperrücke u. d. abſolute Herrſchaft d. franz. Mode. ihn von ſeiner Höhe. Die neue Friſur des achtzehnten Jahrhun- derts mit ihrer überaus künſtlichen und der Schonung bedürfti- gen Ordnung konnte keinen Hut mehr auf ſich dulden, ohne daß er die zarten Taubenflügel geknickt, die Vergette verdrückt und den Schmetterlingsſtaub des Puders verwiſcht haben würde: da klappte er zweiſeitig zuſammen, um fortan als Dreiſpitz unter dem Arm getragen zu werden. Mit dieſer Wandlung änderte ſich auch ſein Schmuck. Als der dreikrämpige Hut fertig war, waren die Ränder mit goldenen Borten eingefaßt und ſtatt der wallen- den Feder mit feinem Gefieder, Plümage, einem leichten Ueber- reſt, rings beſetzt worden. Der Klapphut aber duldete nur noch die Borten. — Der feinſte Stoff war damals Biberhaar, und er war ſo geſchätzt, daß in deutſchen Städten, z. B. Braunſchweig (Verordnung von 1650), der ganze Caſtorhut Jedermann ver- boten war, und ein halber wurde nur den erſten Claſſen ge- ſtattet. Völlig unter dem Einfluß der Perrücke ſteht noch der Halskragen. Da die Flügel derſelben ihn auf Schultern und Rücken völlig zudeckten, ſo war kein Grund vorhanden, an dieſen Stellen noch den theuren Spitzenluxus zu treiben. Der Kragen veränderte daher ſeinen Schnitt in der Weiſe, daß nur noch zwei viereckige ſchlichte oder mit breiten Spitzen beſetzte Stücke vorn unter dem Kinn in Verbindung mit Schnüren und Quaſten ſich herablegten. Die Ueberreſte davon ſehen wir noch heut zu Tage auf der Kanzel in den ſ. g. Beffchen, die ſomit, ſeitab von der Mode liegen geblieben, Perrücke und Zopf überlebt haben. Aber dieſer Kragen war nur eine Uebergangsform. Einer andern Pe- riode angehörend, wurde er bei beiden Geſchlechtern völlig beſei- tigt, und an ſeine Stelle trat das weiße Halstuch, welches, unter dem Kinn geknotet, von hier in zwei fächerartig gefalteten und ausgebreiteten Zipfeln, die ebenfalls mit Spitzen beſetzt wurden, herabfiel. Die übrige Toilette, alſo die eigentliche Bekleidung, Rock, Wamms und die Bedeckung des Beines und des Fußes, wan- delte ſich ganz im Geiſt der Verengerung und einer ſteifen, aber

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/251>, abgerufen am 24.11.2024.