Es ist nicht gesagt, daß alle, die in der preußischen Verord- nung erwähnt sind, auch nothwendig die Perrücke getragen ha- ben, denn der Jüngling z. B. legte sie erst gewissermaßen als Zeichen der Männlichkeit an; der Student trug sie schon durch- gängig. Es gab auch ganz billige Perrücken, die sich wohl der Handwerker verschaffen konnte. Die gewöhnliche Alongeperrücke, wie sie der vornehme Mann trug, kostete 50 Thaler; billigere waren zu haben zu 15, auch zu 5 und 6 Thaler. Aber diese waren natürlich kleiner oder nicht von Menschenhaar, wie denn des Ziegen- und Pferdehaares zum öftern Erwähnung geschieht.
Auch die Farbe machte einen bedeutenden Unterschied im Preise. Blond oder wenigstens Hellbraun war die Galafarbe. Für gewöhnlich begnügte sich auch der wohlhabende Mann von Stande mit einer dunkleren oder schwarzen. Um aber die Wir- kung der Farbe zu mildern, benutzte man den schon früher, wie wir gesehen haben, nicht unbekannten Puder auch für die Per- rücke und später selbst für die blonde. So uniformirten sich die Köpfe wie die ganze Gesellschaft. Indeß spielt der Puder seine Hauptrolle erst bei der Zopffrisur des achtzehnten Jahrhunderts.
Die grandiose Form der Alongeperrücke hielt sich unverän- dert wohl ein Menschenalter durch. Doch nahm sie allmählig eine zweigetheilte Form an und wurde dann so getragen, daß der eine Flügel nach vorn über die Schulter geworfen wurde, während der andere sich den vollen Rücken hinab ergoß. Diese Theilung vollendete sich im ersten Jahrzehnt des achtzehnten Jahrhunderts, indem von der Mitte der Stirn aus als Scheitel ein Einschnitt gemacht wurde, zu dessen Seiten sich die Haare höher und höher aufthürmten, wie die Seitenwände eines Thals. Man nannte das im Vergleich mit der Damenkopftracht devant a la Fontange. Um das Jahr 1720 sanken die Erhöhungen wieder, während der Einschnitt breiter wurde, sodaß sie nur noch wie ferne, sanfte und flache Höhenzüge das Thal begleiteten.
Bereits mußten sich auch zugleich die gewaltigen Flügel unliebe Beschränkungen gefallen lassen, denn das neue Jahrhun- dert und der Geist des Zopfes regte sich. Aller freien und selbst
III. Die Neuzeit.
Es iſt nicht geſagt, daß alle, die in der preußiſchen Verord- nung erwähnt ſind, auch nothwendig die Perrücke getragen ha- ben, denn der Jüngling z. B. legte ſie erſt gewiſſermaßen als Zeichen der Männlichkeit an; der Student trug ſie ſchon durch- gängig. Es gab auch ganz billige Perrücken, die ſich wohl der Handwerker verſchaffen konnte. Die gewöhnliche Alongeperrücke, wie ſie der vornehme Mann trug, koſtete 50 Thaler; billigere waren zu haben zu 15, auch zu 5 und 6 Thaler. Aber dieſe waren natürlich kleiner oder nicht von Menſchenhaar, wie denn des Ziegen- und Pferdehaares zum öftern Erwähnung geſchieht.
Auch die Farbe machte einen bedeutenden Unterſchied im Preiſe. Blond oder wenigſtens Hellbraun war die Galafarbe. Für gewöhnlich begnügte ſich auch der wohlhabende Mann von Stande mit einer dunkleren oder ſchwarzen. Um aber die Wir- kung der Farbe zu mildern, benutzte man den ſchon früher, wie wir geſehen haben, nicht unbekannten Puder auch für die Per- rücke und ſpäter ſelbſt für die blonde. So uniformirten ſich die Köpfe wie die ganze Geſellſchaft. Indeß ſpielt der Puder ſeine Hauptrolle erſt bei der Zopffriſur des achtzehnten Jahrhunderts.
Die grandioſe Form der Alongeperrücke hielt ſich unverän- dert wohl ein Menſchenalter durch. Doch nahm ſie allmählig eine zweigetheilte Form an und wurde dann ſo getragen, daß der eine Flügel nach vorn über die Schulter geworfen wurde, während der andere ſich den vollen Rücken hinab ergoß. Dieſe Theilung vollendete ſich im erſten Jahrzehnt des achtzehnten Jahrhunderts, indem von der Mitte der Stirn aus als Scheitel ein Einſchnitt gemacht wurde, zu deſſen Seiten ſich die Haare höher und höher aufthürmten, wie die Seitenwände eines Thals. Man nannte das im Vergleich mit der Damenkopftracht devant à la Fontange. Um das Jahr 1720 ſanken die Erhöhungen wieder, während der Einſchnitt breiter wurde, ſodaß ſie nur noch wie ferne, ſanfte und flache Höhenzüge das Thal begleiteten.
Bereits mußten ſich auch zugleich die gewaltigen Flügel unliebe Beſchränkungen gefallen laſſen, denn das neue Jahrhun- dert und der Geiſt des Zopfes regte ſich. Aller freien und ſelbſt
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III. Die Neuzeit.
Es iſt nicht geſagt, daß alle, die in der preußiſchen Verord-
nung erwähnt ſind, auch nothwendig die Perrücke getragen ha-
ben, denn der Jüngling z. B. legte ſie erſt gewiſſermaßen als
Zeichen der Männlichkeit an; der Student trug ſie ſchon durch-
gängig. Es gab auch ganz billige Perrücken, die ſich wohl der
Handwerker verſchaffen konnte. Die gewöhnliche Alongeperrücke,
wie ſie der vornehme Mann trug, koſtete 50 Thaler; billigere
waren zu haben zu 15, auch zu 5 und 6 Thaler. Aber dieſe
waren natürlich kleiner oder nicht von Menſchenhaar, wie denn
des Ziegen- und Pferdehaares zum öftern Erwähnung geſchieht.
Auch die Farbe machte einen bedeutenden Unterſchied im
Preiſe. Blond oder wenigſtens Hellbraun war die Galafarbe.
Für gewöhnlich begnügte ſich auch der wohlhabende Mann von
Stande mit einer dunkleren oder ſchwarzen. Um aber die Wir-
kung der Farbe zu mildern, benutzte man den ſchon früher, wie
wir geſehen haben, nicht unbekannten Puder auch für die Per-
rücke und ſpäter ſelbſt für die blonde. So uniformirten ſich die
Köpfe wie die ganze Geſellſchaft. Indeß ſpielt der Puder ſeine
Hauptrolle erſt bei der Zopffriſur des achtzehnten Jahrhunderts.
Die grandioſe Form der Alongeperrücke hielt ſich unverän-
dert wohl ein Menſchenalter durch. Doch nahm ſie allmählig
eine zweigetheilte Form an und wurde dann ſo getragen, daß
der eine Flügel nach vorn über die Schulter geworfen wurde,
während der andere ſich den vollen Rücken hinab ergoß. Dieſe
Theilung vollendete ſich im erſten Jahrzehnt des achtzehnten
Jahrhunderts, indem von der Mitte der Stirn aus als Scheitel
ein Einſchnitt gemacht wurde, zu deſſen Seiten ſich die Haare
höher und höher aufthürmten, wie die Seitenwände eines Thals.
Man nannte das im Vergleich mit der Damenkopftracht devant
à la Fontange. Um das Jahr 1720 ſanken die Erhöhungen
wieder, während der Einſchnitt breiter wurde, ſodaß ſie nur noch
wie ferne, ſanfte und flache Höhenzüge das Thal begleiteten.
Bereits mußten ſich auch zugleich die gewaltigen Flügel
unliebe Beſchränkungen gefallen laſſen, denn das neue Jahrhun-
dert und der Geiſt des Zopfes regte ſich. Aller freien und ſelbſt
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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/246>, abgerufen am 27.07.2024.
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