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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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3. Der Naturalismus u. d. Stutzerthum des dreißigjähr. Kriegs.
Verkommenheit des Vaterlandes und die Herrschaft des Fremd-
wesens, aber seine Waffe dagegen ist nicht die Satire, sondern
das beißende Epigramm, das er mit größter Schärfe und voll-
kommenster Freiheit und Freimüthigkeit handhabt. Er richtete
es gegen jedes Laster und jeden Stand, an welchem er ein sol-
ches zu finden glaubte. Die Kleidung berührt er dabei nur im
Allgemeinen, insofern er darin die Unterwürfigkeit unter Frank-
reich erkennt. So heißt es:

Französische Kleidung.
"Diener tragen insgemein ihrer Herren Liverei:
Solls dann sein, daß Frankreich Herr, Deutschland aber Diener sei?
Freies Deutschland, schäm dich doch dieser schnöden Kriecherei!"

In einem andern Epigramm: "Fremde Tracht" spricht er aber
die Beziehung zwischen der Kleidung des Menschen und seinem
inneren Wesen aufs bestimmteste aus:

"Alamode-Kleider, Alamode-Sinnen:
Wie sichs wandelt außen, wandelt sichs auch innen."

Der dritte, Hans Wilmsen Lauremberg (geb. 1591,
gest. 1659) gehört dem deutschen Norden an. Obwohl seine platt-
deutsch geschriebenen Satiren unter dem Titel: "De veer olde
beröhmede Schertzgedichte" mehrere Auflagen erlebten, scheinen
sie doch schwerlich über die niederdeutsche Heimath hinausgekom-
men zu sein. Der Dialect selbst war ein Hinderniß, den er er-
wählte, um sich gleich im Aeußern vom alamodischen Hochdeutsch
zu unterscheiden. Freilich vermehrte er dadurch die komische Kraft
seiner Verse, und auf diese hatte er es besonders angelegt. Er
seinerseits zieht den lachenden Demokrit dem weinenden Heraklit
vor; er sieht nicht ein, warum er beweinen soll, was andere ver-
brochen haben. Die Verdorbenheit der Welt erscheint ihm wie
eine Komödie belachenswerth; wollte er darüber weinen, würde
er sich selbst den Narren zugesellen. So geisselt er das Verkehrte
und Falsche in der Welt, die Thorheiten, mit heiterer Ironie,
Witz und derbem Humor, wobei er freilich die Grenzen des An-

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3. Der Naturalismus u. d. Stutzerthum des dreißigjähr. Kriegs.
Verkommenheit des Vaterlandes und die Herrſchaft des Fremd-
weſens, aber ſeine Waffe dagegen iſt nicht die Satire, ſondern
das beißende Epigramm, das er mit größter Schärfe und voll-
kommenſter Freiheit und Freimüthigkeit handhabt. Er richtete
es gegen jedes Laſter und jeden Stand, an welchem er ein ſol-
ches zu finden glaubte. Die Kleidung berührt er dabei nur im
Allgemeinen, inſofern er darin die Unterwürfigkeit unter Frank-
reich erkennt. So heißt es:

Franzöſiſche Kleidung.
„Diener tragen insgemein ihrer Herren Liverei:
Solls dann ſein, daß Frankreich Herr, Deutſchland aber Diener ſei?
Freies Deutſchland, ſchäm dich doch dieſer ſchnöden Kriecherei!“

In einem andern Epigramm: „Fremde Tracht“ ſpricht er aber
die Beziehung zwiſchen der Kleidung des Menſchen und ſeinem
inneren Weſen aufs beſtimmteſte aus:

Alamode-Kleider, Alamode-Sinnen:
Wie ſichs wandelt außen, wandelt ſichs auch innen.“

Der dritte, Hans Wilmſen Lauremberg (geb. 1591,
geſt. 1659) gehört dem deutſchen Norden an. Obwohl ſeine platt-
deutſch geſchriebenen Satiren unter dem Titel: „De veer olde
beröhmede Schertzgedichte“ mehrere Auflagen erlebten, ſcheinen
ſie doch ſchwerlich über die niederdeutſche Heimath hinausgekom-
men zu ſein. Der Dialect ſelbſt war ein Hinderniß, den er er-
wählte, um ſich gleich im Aeußern vom alamodiſchen Hochdeutſch
zu unterſcheiden. Freilich vermehrte er dadurch die komiſche Kraft
ſeiner Verſe, und auf dieſe hatte er es beſonders angelegt. Er
ſeinerſeits zieht den lachenden Demokrit dem weinenden Heraklit
vor; er ſieht nicht ein, warum er beweinen ſoll, was andere ver-
brochen haben. Die Verdorbenheit der Welt erſcheint ihm wie
eine Komödie belachenswerth; wollte er darüber weinen, würde
er ſich ſelbſt den Narren zugeſellen. So geiſſelt er das Verkehrte
und Falſche in der Welt, die Thorheiten, mit heiterer Ironie,
Witz und derbem Humor, wobei er freilich die Grenzen des An-

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[211/0223] 3. Der Naturalismus u. d. Stutzerthum des dreißigjähr. Kriegs. Verkommenheit des Vaterlandes und die Herrſchaft des Fremd- weſens, aber ſeine Waffe dagegen iſt nicht die Satire, ſondern das beißende Epigramm, das er mit größter Schärfe und voll- kommenſter Freiheit und Freimüthigkeit handhabt. Er richtete es gegen jedes Laſter und jeden Stand, an welchem er ein ſol- ches zu finden glaubte. Die Kleidung berührt er dabei nur im Allgemeinen, inſofern er darin die Unterwürfigkeit unter Frank- reich erkennt. So heißt es: Franzöſiſche Kleidung. „Diener tragen insgemein ihrer Herren Liverei: Solls dann ſein, daß Frankreich Herr, Deutſchland aber Diener ſei? Freies Deutſchland, ſchäm dich doch dieſer ſchnöden Kriecherei!“ In einem andern Epigramm: „Fremde Tracht“ ſpricht er aber die Beziehung zwiſchen der Kleidung des Menſchen und ſeinem inneren Weſen aufs beſtimmteſte aus: „Alamode-Kleider, Alamode-Sinnen: Wie ſichs wandelt außen, wandelt ſichs auch innen.“ Der dritte, Hans Wilmſen Lauremberg (geb. 1591, geſt. 1659) gehört dem deutſchen Norden an. Obwohl ſeine platt- deutſch geſchriebenen Satiren unter dem Titel: „De veer olde beröhmede Schertzgedichte“ mehrere Auflagen erlebten, ſcheinen ſie doch ſchwerlich über die niederdeutſche Heimath hinausgekom- men zu ſein. Der Dialect ſelbſt war ein Hinderniß, den er er- wählte, um ſich gleich im Aeußern vom alamodiſchen Hochdeutſch zu unterſcheiden. Freilich vermehrte er dadurch die komiſche Kraft ſeiner Verſe, und auf dieſe hatte er es beſonders angelegt. Er ſeinerſeits zieht den lachenden Demokrit dem weinenden Heraklit vor; er ſieht nicht ein, warum er beweinen ſoll, was andere ver- brochen haben. Die Verdorbenheit der Welt erſcheint ihm wie eine Komödie belachenswerth; wollte er darüber weinen, würde er ſich ſelbſt den Narren zugeſellen. So geiſſelt er das Verkehrte und Falſche in der Welt, die Thorheiten, mit heiterer Ironie, Witz und derbem Humor, wobei er freilich die Grenzen des An- 14*

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/223>, abgerufen am 24.11.2024.