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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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III. Die Neuzeit.
teuernd der Trommel folgen konnte. So fuhr der Hochmuths-
teufel in die Welt, die Leerheit, Hohlheit, Aufgeblasenheit und
Renommisterei.

Die Strudel des Kriegs schleuderten eine Menge Leute aus
den untersten Schichten der Gesellschaft an die Oberfläche, in
den großen Strom der Begebenheiten, Abenteurer, Glücksritter,
faustgewandte Wagehälse, die rechten Kinder der Zeit, die allein
zur Fahne der Fortuna schworen, auch wohl in ihrem Dienst zu
hohen Ehren gelangten. Aber das ist eine verhältnißmäßig kleine
Zahl, die immer mehr vor den eigentlichen Renommisten und
dem marodirenden Gesindel verschwindet. Haufenweise zogen sie
durch Freundes und Feindes Land, sich immer neu recrutirend
aus den Unzähligen, die der Krieg habelos und heimatlos ge-
macht hatte. Von dem chevaleresken Charakter des aufstrebenden
Glücksritters, von dem freien, kühnen und trotzigen Sinn des
ächten Soldaten war ihnen nichts gegeben; es waren feige Hor-
den, die zu keiner Fahne schworen, oder es nur des Scheines
wegen thaten, um ungestrafter ihre Plünderungszüge ausführen
zu können. Freundes und Feindes Land galt ihnen gleich, und
stießen sie auf einen Haufen, der sich zur Gegenpartei bekannte,
so schloß man einen freundschaftlichen Vertrag, sich gegenseitig
im Revier nicht zu stören, d. h. des Feindes Land zu plündern,
des Freundes ausplündern zu lassen, oder gemeinsam das edle
Werk zu vollführen. Freilich machten sie dadurch sich selber recht-
los und vogelfrei, von aller Welt verfolgt und gehetzt, und wie
sie Räubern gleich in Wäldern sich verbargen und ihre Mord-
und Brandüberfälle gegen Dörfer und Städte im Dunkel der
Nacht ausführten, so war auch, wenn sie ergriffen wurden, ihr
Lohn die Strafe des Räubers. Wir haben die lebendigste Schil-
derung von diesem Bandenwesen in der zweiten Hälfte des gro-
ßen Krieges von Moscherosch im Philander von Sittewald, den
er selbst eine Zeitlang mit solcher Horde herumziehen läßt. Wol-
len wir sie in ihrem Aeußeren kennen lernen, brauchen wir nur
die Radirungen Callot's zu betrachten, und wir haben sie in
allen Wechselfällen des Kriegs mordend, plündernd und sengend,

III. Die Neuzeit.
teuernd der Trommel folgen konnte. So fuhr der Hochmuths-
teufel in die Welt, die Leerheit, Hohlheit, Aufgeblaſenheit und
Renommiſterei.

Die Strudel des Kriegs ſchleuderten eine Menge Leute aus
den unterſten Schichten der Geſellſchaft an die Oberfläche, in
den großen Strom der Begebenheiten, Abenteurer, Glücksritter,
fauſtgewandte Wagehälſe, die rechten Kinder der Zeit, die allein
zur Fahne der Fortuna ſchworen, auch wohl in ihrem Dienſt zu
hohen Ehren gelangten. Aber das iſt eine verhältnißmäßig kleine
Zahl, die immer mehr vor den eigentlichen Renommiſten und
dem marodirenden Geſindel verſchwindet. Haufenweiſe zogen ſie
durch Freundes und Feindes Land, ſich immer neu recrutirend
aus den Unzähligen, die der Krieg habelos und heimatlos ge-
macht hatte. Von dem chevaleresken Charakter des aufſtrebenden
Glücksritters, von dem freien, kühnen und trotzigen Sinn des
ächten Soldaten war ihnen nichts gegeben; es waren feige Hor-
den, die zu keiner Fahne ſchworen, oder es nur des Scheines
wegen thaten, um ungeſtrafter ihre Plünderungszüge ausführen
zu können. Freundes und Feindes Land galt ihnen gleich, und
ſtießen ſie auf einen Haufen, der ſich zur Gegenpartei bekannte,
ſo ſchloß man einen freundſchaftlichen Vertrag, ſich gegenſeitig
im Revier nicht zu ſtören, d. h. des Feindes Land zu plündern,
des Freundes ausplündern zu laſſen, oder gemeinſam das edle
Werk zu vollführen. Freilich machten ſie dadurch ſich ſelber recht-
los und vogelfrei, von aller Welt verfolgt und gehetzt, und wie
ſie Räubern gleich in Wäldern ſich verbargen und ihre Mord-
und Brandüberfälle gegen Dörfer und Städte im Dunkel der
Nacht ausführten, ſo war auch, wenn ſie ergriffen wurden, ihr
Lohn die Strafe des Räubers. Wir haben die lebendigſte Schil-
derung von dieſem Bandenweſen in der zweiten Hälfte des gro-
ßen Krieges von Moſcheroſch im Philander von Sittewald, den
er ſelbſt eine Zeitlang mit ſolcher Horde herumziehen läßt. Wol-
len wir ſie in ihrem Aeußeren kennen lernen, brauchen wir nur
die Radirungen Callot’s zu betrachten, und wir haben ſie in
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[182/0194] III. Die Neuzeit. teuernd der Trommel folgen konnte. So fuhr der Hochmuths- teufel in die Welt, die Leerheit, Hohlheit, Aufgeblaſenheit und Renommiſterei. Die Strudel des Kriegs ſchleuderten eine Menge Leute aus den unterſten Schichten der Geſellſchaft an die Oberfläche, in den großen Strom der Begebenheiten, Abenteurer, Glücksritter, fauſtgewandte Wagehälſe, die rechten Kinder der Zeit, die allein zur Fahne der Fortuna ſchworen, auch wohl in ihrem Dienſt zu hohen Ehren gelangten. Aber das iſt eine verhältnißmäßig kleine Zahl, die immer mehr vor den eigentlichen Renommiſten und dem marodirenden Geſindel verſchwindet. Haufenweiſe zogen ſie durch Freundes und Feindes Land, ſich immer neu recrutirend aus den Unzähligen, die der Krieg habelos und heimatlos ge- macht hatte. Von dem chevaleresken Charakter des aufſtrebenden Glücksritters, von dem freien, kühnen und trotzigen Sinn des ächten Soldaten war ihnen nichts gegeben; es waren feige Hor- den, die zu keiner Fahne ſchworen, oder es nur des Scheines wegen thaten, um ungeſtrafter ihre Plünderungszüge ausführen zu können. Freundes und Feindes Land galt ihnen gleich, und ſtießen ſie auf einen Haufen, der ſich zur Gegenpartei bekannte, ſo ſchloß man einen freundſchaftlichen Vertrag, ſich gegenſeitig im Revier nicht zu ſtören, d. h. des Feindes Land zu plündern, des Freundes ausplündern zu laſſen, oder gemeinſam das edle Werk zu vollführen. Freilich machten ſie dadurch ſich ſelber recht- los und vogelfrei, von aller Welt verfolgt und gehetzt, und wie ſie Räubern gleich in Wäldern ſich verbargen und ihre Mord- und Brandüberfälle gegen Dörfer und Städte im Dunkel der Nacht ausführten, ſo war auch, wenn ſie ergriffen wurden, ihr Lohn die Strafe des Räubers. Wir haben die lebendigſte Schil- derung von dieſem Bandenweſen in der zweiten Hälfte des gro- ßen Krieges von Moſcheroſch im Philander von Sittewald, den er ſelbſt eine Zeitlang mit ſolcher Horde herumziehen läßt. Wol- len wir ſie in ihrem Aeußeren kennen lernen, brauchen wir nur die Radirungen Callot’s zu betrachten, und wir haben ſie in allen Wechſelfällen des Kriegs mordend, plündernd und ſengend,

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/194>, abgerufen am 24.11.2024.