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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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2. Die Reaction und die spanische Tracht.
Asse dulcis 1 Loth, Storacis Calamite 1/2 Loth, nimm gut Ro-
senwasser oder Levanderwasser, erweich die Gummi im warmen
Mörser und mit dem warmen Stößer, und vermisch dann die
obigen Stuck darunter bis ein Klotz daraus wird, magst den Bi-
sam und Ambra zerreiben soviel du wilt mit Rosen- oder Laven-
derwasser und darunter mischen, so hast du ein köstlichen Bisam-
knopf." Dann folgen noch weitere Zuthaten für andere Winter-
bisamäpfel und endlich auch das Recept für die Sommerbisam-
knöpfe. Ferner werden Recepte gegeben für Rauchkerzen, Rauch-
kügelein und Räucherpulver auf den Ofen oder auf die Gluth zu
werfen, für venetianische "wohlschmakende Seife zu dem Bart
und dem Haupt," für wohlriechende Säcklein von Seidenzeug
mit Pulver gefüllt, zwischen die Kleider zu legen, für wohl-
riechende Oele und Wasser: es sind meistens dieselben Stoffe,
die sich in verschiedener Mischung vollständiger oder unvollstän-
diger wiederholen.

Eine besondere Art von Parfüm, welche am Ende des
sechszehnten und im Anfange des siebzehnten Jahrhunderts vor-
zugsweise in bürgerlichen Classen Mode war, bestand aus kleinen
Kränzen oder künstlichen Blumenbouquets, in welche verschiedene
Gewürze wie Nelken, oder andere wohlriechende Stoffe, vergol-
det und versilbert mit Draht hinein verflochten waren. Die
Kränze legte man auch wie Armbänder um die Hand.

Zur Reinigung der Zähne bedienten sich die Frauen eines
Zahnpulvers oder des Salzes oder Alauns, welches letztere aber
für schädlich erklärt wurde. Knaben empfahl man die Zähne
Morgens mit frischem Wasser zu spülen, denn Zahnpulver sei
weibisch.

Zur letzten Vollendung der Toilette war noch der Spiegel
ein ganz unentbehrliches Stück. Seinen Gebrauch zu Hause
schildert der Hoffartsteufel in folgender Weise: "Und ist nun
unter andern Stücken der Hoffart nicht die geringste Uebung für
den Spiegel, daß man Leute findet unter Manns- und Weibs-
personen, die ihre eigne Uebung vor dem Spiegel haben, hin und
her treten, hinten und vorn sich schauen, sich renken, lenken,

2. Die Reaction und die ſpaniſche Tracht.
Aſſe dulcis 1 Loth, Storacis Calamite ½ Loth, nimm gut Ro-
ſenwaſſer oder Levanderwaſſer, erweich die Gummi im warmen
Mörſer und mit dem warmen Stößer, und vermiſch dann die
obigen Stuck darunter bis ein Klotz daraus wird, magſt den Bi-
ſam und Ambra zerreiben ſoviel du wilt mit Roſen- oder Laven-
derwaſſer und darunter miſchen, ſo haſt du ein köſtlichen Biſam-
knopf.“ Dann folgen noch weitere Zuthaten für andere Winter-
biſamäpfel und endlich auch das Recept für die Sommerbiſam-
knöpfe. Ferner werden Recepte gegeben für Rauchkerzen, Rauch-
kügelein und Räucherpulver auf den Ofen oder auf die Gluth zu
werfen, für venetianiſche „wohlſchmakende Seife zu dem Bart
und dem Haupt,“ für wohlriechende Säcklein von Seidenzeug
mit Pulver gefüllt, zwiſchen die Kleider zu legen, für wohl-
riechende Oele und Waſſer: es ſind meiſtens dieſelben Stoffe,
die ſich in verſchiedener Miſchung vollſtändiger oder unvollſtän-
diger wiederholen.

Eine beſondere Art von Parfüm, welche am Ende des
ſechszehnten und im Anfange des ſiebzehnten Jahrhunderts vor-
zugsweiſe in bürgerlichen Claſſen Mode war, beſtand aus kleinen
Kränzen oder künſtlichen Blumenbouquets, in welche verſchiedene
Gewürze wie Nelken, oder andere wohlriechende Stoffe, vergol-
det und verſilbert mit Draht hinein verflochten waren. Die
Kränze legte man auch wie Armbänder um die Hand.

Zur Reinigung der Zähne bedienten ſich die Frauen eines
Zahnpulvers oder des Salzes oder Alauns, welches letztere aber
für ſchädlich erklärt wurde. Knaben empfahl man die Zähne
Morgens mit friſchem Waſſer zu ſpülen, denn Zahnpulver ſei
weibiſch.

Zur letzten Vollendung der Toilette war noch der Spiegel
ein ganz unentbehrliches Stück. Seinen Gebrauch zu Hauſe
ſchildert der Hoffartsteufel in folgender Weiſe: „Und iſt nun
unter andern Stücken der Hoffart nicht die geringſte Uebung für
den Spiegel, daß man Leute findet unter Manns- und Weibs-
perſonen, die ihre eigne Uebung vor dem Spiegel haben, hin und
her treten, hinten und vorn ſich ſchauen, ſich renken, lenken,

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[157/0169] 2. Die Reaction und die ſpaniſche Tracht. Aſſe dulcis 1 Loth, Storacis Calamite ½ Loth, nimm gut Ro- ſenwaſſer oder Levanderwaſſer, erweich die Gummi im warmen Mörſer und mit dem warmen Stößer, und vermiſch dann die obigen Stuck darunter bis ein Klotz daraus wird, magſt den Bi- ſam und Ambra zerreiben ſoviel du wilt mit Roſen- oder Laven- derwaſſer und darunter miſchen, ſo haſt du ein köſtlichen Biſam- knopf.“ Dann folgen noch weitere Zuthaten für andere Winter- biſamäpfel und endlich auch das Recept für die Sommerbiſam- knöpfe. Ferner werden Recepte gegeben für Rauchkerzen, Rauch- kügelein und Räucherpulver auf den Ofen oder auf die Gluth zu werfen, für venetianiſche „wohlſchmakende Seife zu dem Bart und dem Haupt,“ für wohlriechende Säcklein von Seidenzeug mit Pulver gefüllt, zwiſchen die Kleider zu legen, für wohl- riechende Oele und Waſſer: es ſind meiſtens dieſelben Stoffe, die ſich in verſchiedener Miſchung vollſtändiger oder unvollſtän- diger wiederholen. Eine beſondere Art von Parfüm, welche am Ende des ſechszehnten und im Anfange des ſiebzehnten Jahrhunderts vor- zugsweiſe in bürgerlichen Claſſen Mode war, beſtand aus kleinen Kränzen oder künſtlichen Blumenbouquets, in welche verſchiedene Gewürze wie Nelken, oder andere wohlriechende Stoffe, vergol- det und verſilbert mit Draht hinein verflochten waren. Die Kränze legte man auch wie Armbänder um die Hand. Zur Reinigung der Zähne bedienten ſich die Frauen eines Zahnpulvers oder des Salzes oder Alauns, welches letztere aber für ſchädlich erklärt wurde. Knaben empfahl man die Zähne Morgens mit friſchem Waſſer zu ſpülen, denn Zahnpulver ſei weibiſch. Zur letzten Vollendung der Toilette war noch der Spiegel ein ganz unentbehrliches Stück. Seinen Gebrauch zu Hauſe ſchildert der Hoffartsteufel in folgender Weiſe: „Und iſt nun unter andern Stücken der Hoffart nicht die geringſte Uebung für den Spiegel, daß man Leute findet unter Manns- und Weibs- perſonen, die ihre eigne Uebung vor dem Spiegel haben, hin und her treten, hinten und vorn ſich ſchauen, ſich renken, lenken,

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/169>, abgerufen am 24.11.2024.