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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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I. Aelteste Zeit bis zu den Kreuzzügen.
weiter, bis gegen die Füße herabreichender Rock von der Form
der römischen Tunica, aber mit langen und engen Aermeln, wel-
cher unbehülflicher Weise, unserm Hemd gleich, über den Kopf
angezogen und mit einem Gürtel über den Hüften faltig zusam-
mengefaßt wurde; ferner eine enge Beinbekleidung und Stiefel
von gewöhnlicher Form, welche bis zur halben Wade über die
Hose hinaufreichten, oder Schuhe, welche den ganzen Fuß bedeck-
ten. Eine Kopfbedeckung ist eine seltne Erscheinung; sie wird
aber in schriftlichen Nachrichten erwähnt als Hut beim Fürsten,
als Strohhut bei den Sachsen, und wo wir derselben auf bildli-
chen Darstellungen in der Kriegs- wie in der Friedenstracht be-
gegnen, gleicht sie einer gesteiften phrygischen Mütze; sie ist farbig
und unten noch mit einem besondern Rand versehen. Auch Hüte
von Pelz und mit Gold verziert kommen vor; und im Rudlieb
wird eine schwarze Reisemütze erwähnt. Ein nicht sichtbares Un-
terkleid war das Hemd, welches wie die Hose vom Anstand durch-
aus geboten war. Wir sehen das aus der Erzählung von einem
Bischof, Eid von Meissen, welcher aus ascetischen Gründen nie-
mals Hose und Hemd getragen hatte, außer wenn er Messe gele-
sen. Auch das niedere Volk trug nur den einfachen kurzen Rock
ohne Hemd, und eine Beinbekleidung findet sich bei demselben
ebenso häufig, wie sie völlig fehlt; auch kommen Strümpfe vor,
die bis zum Knie heraufreichen. Nackte Beine finden sich beim
Bauer und Arbeiter noch viel später.

In dieser Zeit bestand, soviel sich schließen läßt, die Bein-
bekleidung aus zwei Strümpfen, welche die Füße und die Beine
völlig und in tricotartiger Enge bedeckten, sodaß sie wie "ange-
boren" erschienen; doch werden auch Hosen ohne Füßlinge er-
wähnt, und wirklich sehen wir wohl auf Bildern, wenn auch et-
was später, die Zehen und einen Theil des Fußes frei. Mit den
Füßen steckte die Strumpfhose gewöhnlich in Stiefeln oder in
Schuhen, doch fehlen diese auch so häufig, daß wohl anzunehmen
ist, es seien Sohlen unter den Füßen an den Strümpfen befestigt
gewesen. Wann nun aus diesen langen Strümpfen, für welche
-- wenn anders sie gemeint sind -- das Wort Hose schon beim

I. Aelteſte Zeit bis zu den Kreuzzügen.
weiter, bis gegen die Füße herabreichender Rock von der Form
der römiſchen Tunica, aber mit langen und engen Aermeln, wel-
cher unbehülflicher Weiſe, unſerm Hemd gleich, über den Kopf
angezogen und mit einem Gürtel über den Hüften faltig zuſam-
mengefaßt wurde; ferner eine enge Beinbekleidung und Stiefel
von gewöhnlicher Form, welche bis zur halben Wade über die
Hoſe hinaufreichten, oder Schuhe, welche den ganzen Fuß bedeck-
ten. Eine Kopfbedeckung iſt eine ſeltne Erſcheinung; ſie wird
aber in ſchriftlichen Nachrichten erwähnt als Hut beim Fürſten,
als Strohhut bei den Sachſen, und wo wir derſelben auf bildli-
chen Darſtellungen in der Kriegs- wie in der Friedenstracht be-
gegnen, gleicht ſie einer geſteiften phrygiſchen Mütze; ſie iſt farbig
und unten noch mit einem beſondern Rand verſehen. Auch Hüte
von Pelz und mit Gold verziert kommen vor; und im Rudlieb
wird eine ſchwarze Reiſemütze erwähnt. Ein nicht ſichtbares Un-
terkleid war das Hemd, welches wie die Hoſe vom Anſtand durch-
aus geboten war. Wir ſehen das aus der Erzählung von einem
Biſchof, Eid von Meiſſen, welcher aus ascetiſchen Gründen nie-
mals Hoſe und Hemd getragen hatte, außer wenn er Meſſe gele-
ſen. Auch das niedere Volk trug nur den einfachen kurzen Rock
ohne Hemd, und eine Beinbekleidung findet ſich bei demſelben
ebenſo häufig, wie ſie völlig fehlt; auch kommen Strümpfe vor,
die bis zum Knie heraufreichen. Nackte Beine finden ſich beim
Bauer und Arbeiter noch viel ſpäter.

In dieſer Zeit beſtand, ſoviel ſich ſchließen läßt, die Bein-
bekleidung aus zwei Strümpfen, welche die Füße und die Beine
völlig und in tricotartiger Enge bedeckten, ſodaß ſie wie „ange-
boren“ erſchienen; doch werden auch Hoſen ohne Füßlinge er-
wähnt, und wirklich ſehen wir wohl auf Bildern, wenn auch et-
was ſpäter, die Zehen und einen Theil des Fußes frei. Mit den
Füßen ſteckte die Strumpfhoſe gewöhnlich in Stiefeln oder in
Schuhen, doch fehlen dieſe auch ſo häufig, daß wohl anzunehmen
iſt, es ſeien Sohlen unter den Füßen an den Strümpfen befeſtigt
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[64/0082] I. Aelteſte Zeit bis zu den Kreuzzügen. weiter, bis gegen die Füße herabreichender Rock von der Form der römiſchen Tunica, aber mit langen und engen Aermeln, wel- cher unbehülflicher Weiſe, unſerm Hemd gleich, über den Kopf angezogen und mit einem Gürtel über den Hüften faltig zuſam- mengefaßt wurde; ferner eine enge Beinbekleidung und Stiefel von gewöhnlicher Form, welche bis zur halben Wade über die Hoſe hinaufreichten, oder Schuhe, welche den ganzen Fuß bedeck- ten. Eine Kopfbedeckung iſt eine ſeltne Erſcheinung; ſie wird aber in ſchriftlichen Nachrichten erwähnt als Hut beim Fürſten, als Strohhut bei den Sachſen, und wo wir derſelben auf bildli- chen Darſtellungen in der Kriegs- wie in der Friedenstracht be- gegnen, gleicht ſie einer geſteiften phrygiſchen Mütze; ſie iſt farbig und unten noch mit einem beſondern Rand verſehen. Auch Hüte von Pelz und mit Gold verziert kommen vor; und im Rudlieb wird eine ſchwarze Reiſemütze erwähnt. Ein nicht ſichtbares Un- terkleid war das Hemd, welches wie die Hoſe vom Anſtand durch- aus geboten war. Wir ſehen das aus der Erzählung von einem Biſchof, Eid von Meiſſen, welcher aus ascetiſchen Gründen nie- mals Hoſe und Hemd getragen hatte, außer wenn er Meſſe gele- ſen. Auch das niedere Volk trug nur den einfachen kurzen Rock ohne Hemd, und eine Beinbekleidung findet ſich bei demſelben ebenſo häufig, wie ſie völlig fehlt; auch kommen Strümpfe vor, die bis zum Knie heraufreichen. Nackte Beine finden ſich beim Bauer und Arbeiter noch viel ſpäter. In dieſer Zeit beſtand, ſoviel ſich ſchließen läßt, die Bein- bekleidung aus zwei Strümpfen, welche die Füße und die Beine völlig und in tricotartiger Enge bedeckten, ſodaß ſie wie „ange- boren“ erſchienen; doch werden auch Hoſen ohne Füßlinge er- wähnt, und wirklich ſehen wir wohl auf Bildern, wenn auch et- was ſpäter, die Zehen und einen Theil des Fußes frei. Mit den Füßen ſteckte die Strumpfhoſe gewöhnlich in Stiefeln oder in Schuhen, doch fehlen dieſe auch ſo häufig, daß wohl anzunehmen iſt, es ſeien Sohlen unter den Füßen an den Strümpfen befeſtigt geweſen. Wann nun aus dieſen langen Strümpfen, für welche — wenn anders ſie gemeint ſind — das Wort Hoſe ſchon beim

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/82>, abgerufen am 26.11.2024.