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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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2. Schwankungen zwischen den nationalen und antiken Elementen.
es ihn wie die himmlischen Heerschaaren, nämlich seine drei jun-
gen Söhne, die schon am Reiche Theil erhalten hatten, und die
Töchter mit ihrer Mutter, nicht weniger mit Weisheit und Schön-
heit als mit Geschmeide geziert."

So scheint es, verstanden auch die Damen des fränkischen
Hofes die Kunst der Repräsentation und wußten den nöthigen
Glanz zu entfalten, wenn auch gewöhnlich der strenge und bür-
gerlich haushälterische Vater die königlichen Töchter, die im Reich
der Liebe keineswegs unerfahren waren, nöthigte, sich mit Woll-
arbeiten abzugeben und mit dem Spinnrocken zu beschäftigen, da-
mit sie sich nicht an Müßiggang gewöhnten. Darum aber waren
sie keineswegs von den Freuden und Vergnügungen der großen
Welt ausgeschlossen, wie denselben in jener Zeit Prinzessinnen
und überhaupt die Damen des Mittelalters oblagen. Es herrschte
am Hofe Karls ein leichter, später selbst ein leichtfertiger Ton.
Zwar wurden die Töchter mit ihren Brüdern in den Wissenschaf-
ten unterrichtet, aber sie lernten auch reiten, waren stets bei Tafel
und wie wir gesehen haben, bei den Audienzen fremder Gesand-
ten zugegen; sie nahmen auch Theil an den großen Hofjagden
und erschienen dabei zu Pferde, in vollem Staat mit einem Ge-
folge von Damen und Cavalieren, würdig kaiserlicher Prinzessin-
nen. Einen solchen Jagdauszug schildert Angilbert in seinem
Lobgedicht auf Karl den Großen in längeren Versen, welche für
uns des Interessanten so viel bieten, daß wir uns nicht versagen
können, die ganze Stelle hier wieder zu geben, indem wir uns
den pompös gespreizten Versen des Originals möglichst treu an-
schmiegen:

Drauf die Königin tritt hervor aus dem hohen Gemache
Endlich nach langem Verzug, umgeben von großem Gefolge,
Lutgard, sie des erhabenen Karls reizvolle Gemahlin.
Blendend leuchtet der Nacken im Streit mit der Farbe der Rosen,
Und das umwundene Haar weicht nimmer dem Glanze des Purpurs;
Binden, in Purpur gefärbt, umschlingen die schneeigen Schläfen;
Goldene Fäden befest'gen den Mantel; vom Haupte erglänzet
Edelgestein, und es funkelt mit goldenen Strahlen die Krone,
Und von Linnen das Kleid, in Purpur doppelt getauchet,
Falke, Trachten- und Modenwelt. I. 3

2. Schwankungen zwiſchen den nationalen und antiken Elementen.
es ihn wie die himmliſchen Heerſchaaren, nämlich ſeine drei jun-
gen Söhne, die ſchon am Reiche Theil erhalten hatten, und die
Töchter mit ihrer Mutter, nicht weniger mit Weisheit und Schön-
heit als mit Geſchmeide geziert.“

So ſcheint es, verſtanden auch die Damen des fränkiſchen
Hofes die Kunſt der Repräſentation und wußten den nöthigen
Glanz zu entfalten, wenn auch gewöhnlich der ſtrenge und bür-
gerlich haushälteriſche Vater die königlichen Töchter, die im Reich
der Liebe keineswegs unerfahren waren, nöthigte, ſich mit Woll-
arbeiten abzugeben und mit dem Spinnrocken zu beſchäftigen, da-
mit ſie ſich nicht an Müßiggang gewöhnten. Darum aber waren
ſie keineswegs von den Freuden und Vergnügungen der großen
Welt ausgeſchloſſen, wie denſelben in jener Zeit Prinzeſſinnen
und überhaupt die Damen des Mittelalters oblagen. Es herrſchte
am Hofe Karls ein leichter, ſpäter ſelbſt ein leichtfertiger Ton.
Zwar wurden die Töchter mit ihren Brüdern in den Wiſſenſchaf-
ten unterrichtet, aber ſie lernten auch reiten, waren ſtets bei Tafel
und wie wir geſehen haben, bei den Audienzen fremder Geſand-
ten zugegen; ſie nahmen auch Theil an den großen Hofjagden
und erſchienen dabei zu Pferde, in vollem Staat mit einem Ge-
folge von Damen und Cavalieren, würdig kaiſerlicher Prinzeſſin-
nen. Einen ſolchen Jagdauszug ſchildert Angilbert in ſeinem
Lobgedicht auf Karl den Großen in längeren Verſen, welche für
uns des Intereſſanten ſo viel bieten, daß wir uns nicht verſagen
können, die ganze Stelle hier wieder zu geben, indem wir uns
den pompös geſpreizten Verſen des Originals möglichſt treu an-
ſchmiegen:

Drauf die Königin tritt hervor aus dem hohen Gemache
Endlich nach langem Verzug, umgeben von großem Gefolge,
Lutgard, ſie des erhabenen Karls reizvolle Gemahlin.
Blendend leuchtet der Nacken im Streit mit der Farbe der Roſen,
Und das umwundene Haar weicht nimmer dem Glanze des Purpurs;
Binden, in Purpur gefärbt, umſchlingen die ſchneeigen Schläfen;
Goldene Fäden befeſt’gen den Mantel; vom Haupte erglänzet
Edelgeſtein, und es funkelt mit goldenen Strahlen die Krone,
Und von Linnen das Kleid, in Purpur doppelt getauchet,
Falke, Trachten- und Modenwelt. I. 3
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[33/0051] 2. Schwankungen zwiſchen den nationalen und antiken Elementen. es ihn wie die himmliſchen Heerſchaaren, nämlich ſeine drei jun- gen Söhne, die ſchon am Reiche Theil erhalten hatten, und die Töchter mit ihrer Mutter, nicht weniger mit Weisheit und Schön- heit als mit Geſchmeide geziert.“ So ſcheint es, verſtanden auch die Damen des fränkiſchen Hofes die Kunſt der Repräſentation und wußten den nöthigen Glanz zu entfalten, wenn auch gewöhnlich der ſtrenge und bür- gerlich haushälteriſche Vater die königlichen Töchter, die im Reich der Liebe keineswegs unerfahren waren, nöthigte, ſich mit Woll- arbeiten abzugeben und mit dem Spinnrocken zu beſchäftigen, da- mit ſie ſich nicht an Müßiggang gewöhnten. Darum aber waren ſie keineswegs von den Freuden und Vergnügungen der großen Welt ausgeſchloſſen, wie denſelben in jener Zeit Prinzeſſinnen und überhaupt die Damen des Mittelalters oblagen. Es herrſchte am Hofe Karls ein leichter, ſpäter ſelbſt ein leichtfertiger Ton. Zwar wurden die Töchter mit ihren Brüdern in den Wiſſenſchaf- ten unterrichtet, aber ſie lernten auch reiten, waren ſtets bei Tafel und wie wir geſehen haben, bei den Audienzen fremder Geſand- ten zugegen; ſie nahmen auch Theil an den großen Hofjagden und erſchienen dabei zu Pferde, in vollem Staat mit einem Ge- folge von Damen und Cavalieren, würdig kaiſerlicher Prinzeſſin- nen. Einen ſolchen Jagdauszug ſchildert Angilbert in ſeinem Lobgedicht auf Karl den Großen in längeren Verſen, welche für uns des Intereſſanten ſo viel bieten, daß wir uns nicht verſagen können, die ganze Stelle hier wieder zu geben, indem wir uns den pompös geſpreizten Verſen des Originals möglichſt treu an- ſchmiegen: Drauf die Königin tritt hervor aus dem hohen Gemache Endlich nach langem Verzug, umgeben von großem Gefolge, Lutgard, ſie des erhabenen Karls reizvolle Gemahlin. Blendend leuchtet der Nacken im Streit mit der Farbe der Roſen, Und das umwundene Haar weicht nimmer dem Glanze des Purpurs; Binden, in Purpur gefärbt, umſchlingen die ſchneeigen Schläfen; Goldene Fäden befeſt’gen den Mantel; vom Haupte erglänzet Edelgeſtein, und es funkelt mit goldenen Strahlen die Krone, Und von Linnen das Kleid, in Purpur doppelt getauchet, Falke, Trachten- und Modenwelt. I. 3

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/51>, abgerufen am 28.11.2024.