schneiden zu lassen, und um der Lächerlichkeit zu entgehen, befahl er seinen Hof- und Edelleuten dasselbe zu thun. Sie wurden sämmtlich ausgelacht. Karl der Kühne aber und die niederländi- schen Herren waren nicht dazu zu bewegen. Es war die Zeit des kurzen Haares noch nicht gekommen.
Die gewöhnliche Kopfbedeckung ist der Filzhut oder Castor, den wir schon in seiner Vielfältigkeit und Zähigkeit zugleich haben kennen lernen. In der gewöhnlichen Form mit breitem oder schmälerem Rande, flach oder aufgekrämpt, mit höherem oder nie- derem Deckel, von allen Farben, weiß, roth, blau, schwarz und grün, trägt ihn der Fürst wie der Bürger. Wer aber das Recht dazu hatte, der umgab seinen Rand mit einem gezierten Kronen- reif und verband auf diese Weise Krone und Hut; ein anderer umschlang ihn mit goldenen Schnüren oder anderem Schmuck von edlem Metall und mit Edelsteinen und Perlen, wenn er an Federn und Farben kein Genüge fand. Der kostbarste Hut von allen war der historisch berühmte Karls des Kühnen, den er in der Schlacht bei Granson verlor. In der Form hatte er nichts Auffallendes: ein runder, ziemlich hoher, oben abgestumpfter Deckel, mit mäßig breitem, einfachem Rande. Der Stoff war gelber Sammet. Wo der Rand an den Deckel stößt, umgab ihn, anstatt des heutigen Bandes, ein Kronenreif aus einer Reihe gleich großer Sapphire und Rubine, die je von einander durch drei große orientalische Perlen getrennt waren. Bis oben hinauf umzog ihn eine sechsfache Reihe der kostbarsten Perlen. Vorn war ein Schmuck von Diamanten, Rubinen und Perlen, in welchem zwei krause Federn steckten, die eine weiß, die andere roth. Dieser Hut wurde mit einem der berühmten Diamanten von Jacob Fugger um 4700 Gulden erstanden; derselbe zerschnitt ihn, und die bedeutendsten Edelsteine daran kamen in den Besitz Maximi- lians.
Eine Eigenthümlichkeit hatte sich mit dem Hut am burgun- dischen Hofe herausgebildet. Wie man schon damals bedeutende Personen durch Abnehmen des Hutes zu begrüßen pflegte, so er- forderte es auch die Etiquette, in Gegenwart des Fürsten unbe-
2. Die Zeit des Luxus und der Entartung.
ſchneiden zu laſſen, und um der Lächerlichkeit zu entgehen, befahl er ſeinen Hof- und Edelleuten daſſelbe zu thun. Sie wurden ſämmtlich ausgelacht. Karl der Kühne aber und die niederländi- ſchen Herren waren nicht dazu zu bewegen. Es war die Zeit des kurzen Haares noch nicht gekommen.
Die gewöhnliche Kopfbedeckung iſt der Filzhut oder Caſtor, den wir ſchon in ſeiner Vielfältigkeit und Zähigkeit zugleich haben kennen lernen. In der gewöhnlichen Form mit breitem oder ſchmälerem Rande, flach oder aufgekrämpt, mit höherem oder nie- derem Deckel, von allen Farben, weiß, roth, blau, ſchwarz und grün, trägt ihn der Fürſt wie der Bürger. Wer aber das Recht dazu hatte, der umgab ſeinen Rand mit einem gezierten Kronen- reif und verband auf dieſe Weiſe Krone und Hut; ein anderer umſchlang ihn mit goldenen Schnüren oder anderem Schmuck von edlem Metall und mit Edelſteinen und Perlen, wenn er an Federn und Farben kein Genüge fand. Der koſtbarſte Hut von allen war der hiſtoriſch berühmte Karls des Kühnen, den er in der Schlacht bei Granſon verlor. In der Form hatte er nichts Auffallendes: ein runder, ziemlich hoher, oben abgeſtumpfter Deckel, mit mäßig breitem, einfachem Rande. Der Stoff war gelber Sammet. Wo der Rand an den Deckel ſtößt, umgab ihn, anſtatt des heutigen Bandes, ein Kronenreif aus einer Reihe gleich großer Sapphire und Rubine, die je von einander durch drei große orientaliſche Perlen getrennt waren. Bis oben hinauf umzog ihn eine ſechsfache Reihe der koſtbarſten Perlen. Vorn war ein Schmuck von Diamanten, Rubinen und Perlen, in welchem zwei krauſe Federn ſteckten, die eine weiß, die andere roth. Dieſer Hut wurde mit einem der berühmten Diamanten von Jacob Fugger um 4700 Gulden erſtanden; derſelbe zerſchnitt ihn, und die bedeutendſten Edelſteine daran kamen in den Beſitz Maximi- lians.
Eine Eigenthümlichkeit hatte ſich mit dem Hut am burgun- diſchen Hofe herausgebildet. Wie man ſchon damals bedeutende Perſonen durch Abnehmen des Hutes zu begrüßen pflegte, ſo er- forderte es auch die Etiquette, in Gegenwart des Fürſten unbe-
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2. Die Zeit des Luxus und der Entartung.
ſchneiden zu laſſen, und um der Lächerlichkeit zu entgehen, befahl
er ſeinen Hof- und Edelleuten daſſelbe zu thun. Sie wurden
ſämmtlich ausgelacht. Karl der Kühne aber und die niederländi-
ſchen Herren waren nicht dazu zu bewegen. Es war die Zeit des
kurzen Haares noch nicht gekommen.
Die gewöhnliche Kopfbedeckung iſt der Filzhut oder Caſtor,
den wir ſchon in ſeiner Vielfältigkeit und Zähigkeit zugleich haben
kennen lernen. In der gewöhnlichen Form mit breitem oder
ſchmälerem Rande, flach oder aufgekrämpt, mit höherem oder nie-
derem Deckel, von allen Farben, weiß, roth, blau, ſchwarz und
grün, trägt ihn der Fürſt wie der Bürger. Wer aber das Recht
dazu hatte, der umgab ſeinen Rand mit einem gezierten Kronen-
reif und verband auf dieſe Weiſe Krone und Hut; ein anderer
umſchlang ihn mit goldenen Schnüren oder anderem Schmuck
von edlem Metall und mit Edelſteinen und Perlen, wenn er an
Federn und Farben kein Genüge fand. Der koſtbarſte Hut von
allen war der hiſtoriſch berühmte Karls des Kühnen, den er in
der Schlacht bei Granſon verlor. In der Form hatte er nichts
Auffallendes: ein runder, ziemlich hoher, oben abgeſtumpfter
Deckel, mit mäßig breitem, einfachem Rande. Der Stoff war
gelber Sammet. Wo der Rand an den Deckel ſtößt, umgab ihn,
anſtatt des heutigen Bandes, ein Kronenreif aus einer Reihe
gleich großer Sapphire und Rubine, die je von einander durch
drei große orientaliſche Perlen getrennt waren. Bis oben hinauf
umzog ihn eine ſechsfache Reihe der koſtbarſten Perlen. Vorn war
ein Schmuck von Diamanten, Rubinen und Perlen, in welchem
zwei krauſe Federn ſteckten, die eine weiß, die andere roth. Dieſer
Hut wurde mit einem der berühmten Diamanten von Jacob
Fugger um 4700 Gulden erſtanden; derſelbe zerſchnitt ihn, und
die bedeutendſten Edelſteine daran kamen in den Beſitz Maximi-
lians.
Eine Eigenthümlichkeit hatte ſich mit dem Hut am burgun-
diſchen Hofe herausgebildet. Wie man ſchon damals bedeutende
Perſonen durch Abnehmen des Hutes zu begrüßen pflegte, ſo er-
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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/287>, abgerufen am 08.07.2024.
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