tel befestigt waren, in die Höhe gehalten. So werden die oben genannten crackowes der Engländer beschrieben, bei denen sie auch einige Male bildlich vorkommen sollen, z. B. bei König Jakob I. von Schottland. In Deutschland ist mir kein Beispiel dieser Art bekannt geworden.
Vielleicht um den langen Spitzen einen größeren Halt zu schaf- fen, vielleicht auch um sie auf den ungepflasterten Straßen vor Staub und Schmutz zu bewahren, gab man ihnen eine steife, harte Un- terlage von Schuhen oder vielmehr Pantoffeln. Hölzerne Unter- schuhe waren in gewissen Gegenden, wo sie die Beschaffenheit des Bodens nothwendig machte, schon lange gebräuchlich. In Soest z. B. war es im dreizehnten Jahrhundert Sitte, daß der Bräu- tigam zur Verlobung der Braut ein Paar Schuhe und ein Paar Holzschuhe schenkte. In Göttingen wurden ums Jahr 1350 auch die Brautjungfern mit den einen wie mit den andern vom Bräu- tigam beschenkt. In dem letztern Falle dürften die Holzschuhe schon mit den langen Spitzen in Verbindung stehen.
Ursprünglich waren nun die Unterschuhe ein langes, nach der Form des Fußes zugeschnittenes Stück Holz, das mit seiner Spitze die Länge des Schuhes oder des Fußschnabels noch zu übertreffen pflegte. Befestigt wurden sie zuerst nur mit einem Riemen und dann mit zweien, die kreuzweise über den Fuß lie- fen. Der Fuß steckte beweglich darin und jeder Schritt erzeugte das Klappern der Pantoffeln. Einen Begriff von der Beschwer- lichkeit eines solchen Gehens kann man sich etwa machen, wenn man sich zwei schmale Brettchen lose unter seine Füße befestigt denkt. Dann begann man diese Bretter zu erhöhen, indem man ein Paar ein bis zwei Zoll hohe Klötzchen unter der Ferse und unter dem Ballen des Fußes daran anbrachte, oder den Holz- pantoffel gleich in dieser Form ausschnitt. Der Schnabel reichte nun weit in die Luft hinaus, und über ihm bog sich die Spitze des Schuhes oder des Füßlings der Hose in die Höhe. Das künstlerische Gefühl des Schusters schweifte die Linie des Holz- schuhs in mannigfacher Weise aus, auf welche Variationen wir nicht eingehen wollen. Die Verzierungskunst bemächtigte sich aber
2. Die Zeit des Luxus und der Entartung.
tel befeſtigt waren, in die Höhe gehalten. So werden die oben genannten crackowes der Engländer beſchrieben, bei denen ſie auch einige Male bildlich vorkommen ſollen, z. B. bei König Jakob I. von Schottland. In Deutſchland iſt mir kein Beiſpiel dieſer Art bekannt geworden.
Vielleicht um den langen Spitzen einen größeren Halt zu ſchaf- fen, vielleicht auch um ſie auf den ungepflaſterten Straßen vor Staub und Schmutz zu bewahren, gab man ihnen eine ſteife, harte Un- terlage von Schuhen oder vielmehr Pantoffeln. Hölzerne Unter- ſchuhe waren in gewiſſen Gegenden, wo ſie die Beſchaffenheit des Bodens nothwendig machte, ſchon lange gebräuchlich. In Soeſt z. B. war es im dreizehnten Jahrhundert Sitte, daß der Bräu- tigam zur Verlobung der Braut ein Paar Schuhe und ein Paar Holzſchuhe ſchenkte. In Göttingen wurden ums Jahr 1350 auch die Brautjungfern mit den einen wie mit den andern vom Bräu- tigam beſchenkt. In dem letztern Falle dürften die Holzſchuhe ſchon mit den langen Spitzen in Verbindung ſtehen.
Urſprünglich waren nun die Unterſchuhe ein langes, nach der Form des Fußes zugeſchnittenes Stück Holz, das mit ſeiner Spitze die Länge des Schuhes oder des Fußſchnabels noch zu übertreffen pflegte. Befeſtigt wurden ſie zuerſt nur mit einem Riemen und dann mit zweien, die kreuzweiſe über den Fuß lie- fen. Der Fuß ſteckte beweglich darin und jeder Schritt erzeugte das Klappern der Pantoffeln. Einen Begriff von der Beſchwer- lichkeit eines ſolchen Gehens kann man ſich etwa machen, wenn man ſich zwei ſchmale Brettchen loſe unter ſeine Füße befeſtigt denkt. Dann begann man dieſe Bretter zu erhöhen, indem man ein Paar ein bis zwei Zoll hohe Klötzchen unter der Ferſe und unter dem Ballen des Fußes daran anbrachte, oder den Holz- pantoffel gleich in dieſer Form ausſchnitt. Der Schnabel reichte nun weit in die Luft hinaus, und über ihm bog ſich die Spitze des Schuhes oder des Füßlings der Hoſe in die Höhe. Das künſtleriſche Gefühl des Schuſters ſchweifte die Linie des Holz- ſchuhs in mannigfacher Weiſe aus, auf welche Variationen wir nicht eingehen wollen. Die Verzierungskunſt bemächtigte ſich aber
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2. Die Zeit des Luxus und der Entartung.
tel befeſtigt waren, in die Höhe gehalten. So werden die oben
genannten crackowes der Engländer beſchrieben, bei denen ſie
auch einige Male bildlich vorkommen ſollen, z. B. bei König
Jakob I. von Schottland. In Deutſchland iſt mir kein Beiſpiel
dieſer Art bekannt geworden.
Vielleicht um den langen Spitzen einen größeren Halt zu ſchaf-
fen, vielleicht auch um ſie auf den ungepflaſterten Straßen vor Staub
und Schmutz zu bewahren, gab man ihnen eine ſteife, harte Un-
terlage von Schuhen oder vielmehr Pantoffeln. Hölzerne Unter-
ſchuhe waren in gewiſſen Gegenden, wo ſie die Beſchaffenheit des
Bodens nothwendig machte, ſchon lange gebräuchlich. In Soeſt
z. B. war es im dreizehnten Jahrhundert Sitte, daß der Bräu-
tigam zur Verlobung der Braut ein Paar Schuhe und ein Paar
Holzſchuhe ſchenkte. In Göttingen wurden ums Jahr 1350 auch
die Brautjungfern mit den einen wie mit den andern vom Bräu-
tigam beſchenkt. In dem letztern Falle dürften die Holzſchuhe
ſchon mit den langen Spitzen in Verbindung ſtehen.
Urſprünglich waren nun die Unterſchuhe ein langes, nach
der Form des Fußes zugeſchnittenes Stück Holz, das mit ſeiner
Spitze die Länge des Schuhes oder des Fußſchnabels noch zu
übertreffen pflegte. Befeſtigt wurden ſie zuerſt nur mit einem
Riemen und dann mit zweien, die kreuzweiſe über den Fuß lie-
fen. Der Fuß ſteckte beweglich darin und jeder Schritt erzeugte
das Klappern der Pantoffeln. Einen Begriff von der Beſchwer-
lichkeit eines ſolchen Gehens kann man ſich etwa machen, wenn
man ſich zwei ſchmale Brettchen loſe unter ſeine Füße befeſtigt
denkt. Dann begann man dieſe Bretter zu erhöhen, indem man
ein Paar ein bis zwei Zoll hohe Klötzchen unter der Ferſe und
unter dem Ballen des Fußes daran anbrachte, oder den Holz-
pantoffel gleich in dieſer Form ausſchnitt. Der Schnabel reichte
nun weit in die Luft hinaus, und über ihm bog ſich die Spitze
des Schuhes oder des Füßlings der Hoſe in die Höhe. Das
künſtleriſche Gefühl des Schuſters ſchweifte die Linie des Holz-
ſchuhs in mannigfacher Weiſe aus, auf welche Variationen wir
nicht eingehen wollen. Die Verzierungskunſt bemächtigte ſich aber
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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/267>, abgerufen am 08.07.2024.
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