gen. Das alles läßt auf eine sorgfältige und ins Kleinliche gehende Pflege der Schönheit schließen.
Insbesondere hatte sich das berühmte blonde Haar der höchsten Pflege und Sorgfalt zu erfreuen und wurde einer aus- gesuchten, ans Raffinement grenzenden Behandlung unterzogen. Zwar ist zu allen Zeiten und bei allen Völkern, die sich über die erste Stufe eines blos vegetirenden Daseins erhoben haben, das Haar stets der Favorit der Toilette gewesen, und ist es ebenso noch heut zu Tage, dennoch ist die fast stutzerhafte Eitelkeit der rauhen, halbnackten oder pelzbekleideten Waldessöhne in dieser Beziehung nicht wenig zu verwundern. Und die Männer, so wird ausdrücklich versichert, zeigen diese Leidenschaft noch mehr als die Frauen. Die blonde Farbe des Haars schätzten nicht bloß die Römer, sondern die Germanen selbst liebten sie so sehr, daß sie mit künstlichen Mitteln einem etwaigen Mangel der Na- tur zu Hülfe kamen. Dadurch wird uns zugleich diese Eigenschaft als ein durchgängiges und charakteristisches Stammeszeichen er- klärlich. Doch dürfen wir annehmen, daß alle Nüancen vom hellen, weißlichen Blond bis zum röthlichbraunen vorkamen; die verschiedenen Ausdrücke, mit denen die Griechen und Römer das germanische Haar bezeichnen, dürften das beweisen. Es gab eine Salbe oder Seife, aus Ziegenfett und Buchenasche gemacht, flüssig oder in fester Gestalt, welche das Haar gelb zu färben ver- mochte, wie Martial sagt, "ein kaustischer Schaum, der das teu- tonische Haar in Flammen setzt." Auch "batavischen Schaum" nennt sie derselbe Dichter. Die Germanen bedienten sich fleißig dieses Mittels, und von ihnen erst lernten es die Römer kennen, bei denen im ersten Jahrhundert unsrer Zeitrechnung, seitdem sie die schönen Germaninnen gesehen und bewundern gelernt hatten, das blonde Haar völlig Modesache geworden war. Diodor von Sicilien erwähnt einer Lauge von Kalk, welcher sich die Germa- nen zu dem gleichen Zweck bedient hätten, und Sidonius Apolli- naris weiß gar von geronnener Milch (? infundens acido co- mam butyro) zu sprechen, welche die Burgunder ins Haar gos- sen. Die römischen Damen aber begnügten sich nicht mit der
I. Aelteſte Zeit bis zu den Kreuzzügen.
gen. Das alles läßt auf eine ſorgfältige und ins Kleinliche gehende Pflege der Schönheit ſchließen.
Insbeſondere hatte ſich das berühmte blonde Haar der höchſten Pflege und Sorgfalt zu erfreuen und wurde einer aus- geſuchten, ans Raffinement grenzenden Behandlung unterzogen. Zwar iſt zu allen Zeiten und bei allen Völkern, die ſich über die erſte Stufe eines blos vegetirenden Daſeins erhoben haben, das Haar ſtets der Favorit der Toilette geweſen, und iſt es ebenſo noch heut zu Tage, dennoch iſt die faſt ſtutzerhafte Eitelkeit der rauhen, halbnackten oder pelzbekleideten Waldesſöhne in dieſer Beziehung nicht wenig zu verwundern. Und die Männer, ſo wird ausdrücklich verſichert, zeigen dieſe Leidenſchaft noch mehr als die Frauen. Die blonde Farbe des Haars ſchätzten nicht bloß die Römer, ſondern die Germanen ſelbſt liebten ſie ſo ſehr, daß ſie mit künſtlichen Mitteln einem etwaigen Mangel der Na- tur zu Hülfe kamen. Dadurch wird uns zugleich dieſe Eigenſchaft als ein durchgängiges und charakteriſtiſches Stammeszeichen er- klärlich. Doch dürfen wir annehmen, daß alle Nüancen vom hellen, weißlichen Blond bis zum röthlichbraunen vorkamen; die verſchiedenen Ausdrücke, mit denen die Griechen und Römer das germaniſche Haar bezeichnen, dürften das beweiſen. Es gab eine Salbe oder Seife, aus Ziegenfett und Buchenaſche gemacht, flüſſig oder in feſter Geſtalt, welche das Haar gelb zu färben ver- mochte, wie Martial ſagt, „ein kauſtiſcher Schaum, der das teu- toniſche Haar in Flammen ſetzt.“ Auch „bataviſchen Schaum“ nennt ſie derſelbe Dichter. Die Germanen bedienten ſich fleißig dieſes Mittels, und von ihnen erſt lernten es die Römer kennen, bei denen im erſten Jahrhundert unſrer Zeitrechnung, ſeitdem ſie die ſchönen Germaninnen geſehen und bewundern gelernt hatten, das blonde Haar völlig Modeſache geworden war. Diodor von Sicilien erwähnt einer Lauge von Kalk, welcher ſich die Germa- nen zu dem gleichen Zweck bedient hätten, und Sidonius Apolli- naris weiß gar von geronnener Milch (? infundens acido co- mam butyro) zu ſprechen, welche die Burgunder ins Haar goſ- ſen. Die römiſchen Damen aber begnügten ſich nicht mit der
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I. Aelteſte Zeit bis zu den Kreuzzügen.
gen. Das alles läßt auf eine ſorgfältige und ins Kleinliche
gehende Pflege der Schönheit ſchließen.
Insbeſondere hatte ſich das berühmte blonde Haar der
höchſten Pflege und Sorgfalt zu erfreuen und wurde einer aus-
geſuchten, ans Raffinement grenzenden Behandlung unterzogen.
Zwar iſt zu allen Zeiten und bei allen Völkern, die ſich über die
erſte Stufe eines blos vegetirenden Daſeins erhoben haben, das
Haar ſtets der Favorit der Toilette geweſen, und iſt es ebenſo
noch heut zu Tage, dennoch iſt die faſt ſtutzerhafte Eitelkeit der
rauhen, halbnackten oder pelzbekleideten Waldesſöhne in dieſer
Beziehung nicht wenig zu verwundern. Und die Männer, ſo
wird ausdrücklich verſichert, zeigen dieſe Leidenſchaft noch mehr
als die Frauen. Die blonde Farbe des Haars ſchätzten nicht
bloß die Römer, ſondern die Germanen ſelbſt liebten ſie ſo ſehr,
daß ſie mit künſtlichen Mitteln einem etwaigen Mangel der Na-
tur zu Hülfe kamen. Dadurch wird uns zugleich dieſe Eigenſchaft
als ein durchgängiges und charakteriſtiſches Stammeszeichen er-
klärlich. Doch dürfen wir annehmen, daß alle Nüancen vom
hellen, weißlichen Blond bis zum röthlichbraunen vorkamen; die
verſchiedenen Ausdrücke, mit denen die Griechen und Römer das
germaniſche Haar bezeichnen, dürften das beweiſen. Es gab eine
Salbe oder Seife, aus Ziegenfett und Buchenaſche gemacht,
flüſſig oder in feſter Geſtalt, welche das Haar gelb zu färben ver-
mochte, wie Martial ſagt, „ein kauſtiſcher Schaum, der das teu-
toniſche Haar in Flammen ſetzt.“ Auch „bataviſchen Schaum“
nennt ſie derſelbe Dichter. Die Germanen bedienten ſich fleißig
dieſes Mittels, und von ihnen erſt lernten es die Römer kennen,
bei denen im erſten Jahrhundert unſrer Zeitrechnung, ſeitdem ſie
die ſchönen Germaninnen geſehen und bewundern gelernt hatten,
das blonde Haar völlig Modeſache geworden war. Diodor von
Sicilien erwähnt einer Lauge von Kalk, welcher ſich die Germa-
nen zu dem gleichen Zweck bedient hätten, und Sidonius Apolli-
naris weiß gar von geronnener Milch (? infundens acido co-
mam butyro) zu ſprechen, welche die Burgunder ins Haar goſ-
ſen. Die römiſchen Damen aber begnügten ſich nicht mit der
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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/26>, abgerufen am 08.07.2024.
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