meiner wenigen einsicht, daß hier das rechte mittel steckt, die processe nicht nur zu verkürtzen, sondern gar zu verringern. Denn wer würde wohl sich in einen weitläuftigen pro- ceß einlassen,, wann ein beredter richter beyde partheyen für sich foderte, ihnen die weitläuf- tigkeit, kostbarkeit, üble folgerungen, ungewiß- heit des processes fürstellete, mittel zum ver- gleich fürschlüge, sie selbst mit einander reden liesse, ihnen bedenckzeit gäbe iedem insgeheim, entweder die schwachen gründe seines rechts, oder die ungewißheit des ausschlags fürbildete, doch so daß er sich nicht in den verdacht der par- theylichkeit, oder den andern in grössere animo- sität setzte, wenn sage ich ein beredter richter mit triftigen gründen, pathetischen ausdruck, kurtz, deutlich, dieses alles fürtrüge, ia zuweilen, wo es rechtens seine auctorität zu hülffe nähme, wer würde lust haben zu proceßiren?
§. 4. Es reden ferner gerichts-personen bey vernehmung der partheyen, sonderlich wo ie- mand schweren soll, da der richter nach beschaf- fenheit des vorgeladenen seine rede einrichtet und ihn de vitando periurio erinnert, durch anführung der präsumtionen, welche wieder ihn streiten, was gegentheil wieder ihn beyge- bracht und dargethan, doch hütet er sich für al- lotria, und unbillige verfängliche fragen und prätensiones, es wird auch wohl in schwerungs- terminen, wo etwa wichtige momenta fürfal-
len,
von Juridiſchen reden
meiner wenigen einſicht, daß hier das rechte mittel ſteckt, die proceſſe nicht nur zu verkuͤrtzen, ſondern gar zu verringern. Denn wer wuͤrde wohl ſich in einen weitlaͤuftigen pro- ceß einlaſſen,, wann ein beredter richter beyde partheyen fuͤr ſich foderte, ihnen die weitlaͤuf- tigkeit, koſtbarkeit, uͤble folgerungen, ungewiß- heit des proceſſes fuͤrſtellete, mittel zum ver- gleich fuͤrſchluͤge, ſie ſelbſt mit einander reden lieſſe, ihnen bedenckzeit gaͤbe iedem insgeheim, entweder die ſchwachen gruͤnde ſeines rechts, oder die ungewißheit des ausſchlags fuͤrbildete, doch ſo daß er ſich nicht in den verdacht der par- theylichkeit, oder den andern in groͤſſere animo- ſitaͤt ſetzte, wenn ſage ich ein beredter richter mit triftigen gruͤnden, pathetiſchen ausdruck, kurtz, deutlich, dieſes alles fuͤrtruͤge, ia zuweilen, wo es rechtens ſeine auctoritaͤt zu huͤlffe naͤhme, wer wuͤrde luſt haben zu proceßiren?
§. 4. Es reden ferner gerichts-perſonen bey vernehmung der partheyen, ſonderlich wo ie- mand ſchweren ſoll, da der richter nach beſchaf- fenheit des vorgeladenen ſeine rede einrichtet und ihn de vitando periurio erinnert, durch anfuͤhrung der praͤſumtionen, welche wieder ihn ſtreiten, was gegentheil wieder ihn beyge- bracht und dargethan, doch huͤtet er ſich fuͤr al- lotria, und unbillige verfaͤngliche fragen und praͤtenſiones, es wird auch wohl in ſchwerungs- terminen, wo etwa wichtige momenta fuͤrfal-
len,
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von Juridiſchen reden
meiner wenigen einſicht, daß hier das rechte
mittel ſteckt, die proceſſe nicht nur zu verkuͤrtzen,
ſondern gar zu verringern. Denn wer
wuͤrde wohl ſich in einen weitlaͤuftigen pro-
ceß einlaſſen,, wann ein beredter richter beyde
partheyen fuͤr ſich foderte, ihnen die weitlaͤuf-
tigkeit, koſtbarkeit, uͤble folgerungen, ungewiß-
heit des proceſſes fuͤrſtellete, mittel zum ver-
gleich fuͤrſchluͤge, ſie ſelbſt mit einander reden
lieſſe, ihnen bedenckzeit gaͤbe iedem insgeheim,
entweder die ſchwachen gruͤnde ſeines rechts,
oder die ungewißheit des ausſchlags fuͤrbildete,
doch ſo daß er ſich nicht in den verdacht der par-
theylichkeit, oder den andern in groͤſſere animo-
ſitaͤt ſetzte, wenn ſage ich ein beredter richter mit
triftigen gruͤnden, pathetiſchen ausdruck, kurtz,
deutlich, dieſes alles fuͤrtruͤge, ia zuweilen, wo
es rechtens ſeine auctoritaͤt zu huͤlffe naͤhme,
wer wuͤrde luſt haben zu proceßiren?
§. 4. Es reden ferner gerichts-perſonen bey
vernehmung der partheyen, ſonderlich wo ie-
mand ſchweren ſoll, da der richter nach beſchaf-
fenheit des vorgeladenen ſeine rede einrichtet
und ihn de vitando periurio erinnert, durch
anfuͤhrung der praͤſumtionen, welche wieder
ihn ſtreiten, was gegentheil wieder ihn beyge-
bracht und dargethan, doch huͤtet er ſich fuͤr al-
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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/498>, abgerufen am 16.02.2025.
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