Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.von allerhand schul- bloß mit glücklichen einfällen bereichern undbegnügen will, wird seine erfindungs-kraft zu einem tollhause oder wenigstens zu einer comödianten-kammer werden, da sie ein wohl ausgerüstetes zeughauß seyn sollte. Also muß die beurtheilungs-kraft das beste thun, diese ordnet und prüfet alles wissen, untersuchet al- le erfindungen, und scheidet von den unnützen schlacken das ächte gold, das rechte wesen von den aberwitzigen träumen, und die brauchba- ren waffen des redners von denen larven. Diese beurtheilungs-kraft rüstet einen redner aus mit der kunst, seinen zuhörern ins hertz zu sehen, und sich desselben zu bemeistern. Sie führet ihn durch die erfahrung auf die historie derer dinge, die um ihn sind, und lehret ihn alles zu seinem nutzen anzuwenden. Wo- hin die gedancken gehen, dahin neiget sich das hertz, und dieses muß bey einem redner keine behausung unreiner geister seyn, welche die wahrheit, als ein licht, das ihre augen blen- det, verabscheuen, welche der tugend fall-stri- cke legen, welche ohne aufhören als freche mörder in dem hertzen rennen, und selbiges mit tumult beziehen, nachdem sie die gesetze der gesunden vernunft, der offenbahrung, und der bürgerlichen gesellschaft, unter die füsse getreten. Es muß auch kein behältniß eines ungeschmackten wassers seyn, welches aus mangel der bewegung stinckend worden. Son- dern es muß von solchen neigungen getrie- ben
von allerhand ſchul- bloß mit gluͤcklichen einfaͤllen bereichern undbegnuͤgen will, wird ſeine erfindungs-kraft zu einem tollhauſe oder wenigſtens zu einer comoͤdianten-kammer werden, da ſie ein wohl ausgeruͤſtetes zeughauß ſeyn ſollte. Alſo muß die beurtheilungs-kraft das beſte thun, dieſe ordnet und pruͤfet alles wiſſen, unterſuchet al- le erfindungen, und ſcheidet von den unnuͤtzen ſchlacken das aͤchte gold, das rechte weſen von den aberwitzigen traͤumen, und die brauchba- ren waffen des redners von denen larven. Dieſe beurtheilungs-kraft ruͤſtet einen redner aus mit der kunſt, ſeinen zuhoͤrern ins hertz zu ſehen, und ſich deſſelben zu bemeiſtern. Sie fuͤhret ihn durch die erfahrung auf die hiſtorie derer dinge, die um ihn ſind, und lehret ihn alles zu ſeinem nutzen anzuwenden. Wo- hin die gedancken gehen, dahin neiget ſich das hertz, und dieſes muß bey einem redner keine behauſung unreiner geiſter ſeyn, welche die wahrheit, als ein licht, das ihre augen blen- det, verabſcheuen, welche der tugend fall-ſtri- cke legen, welche ohne aufhoͤren als freche moͤrder in dem hertzen rennen, und ſelbiges mit tumult beziehen, nachdem ſie die geſetze der geſunden vernunft, der offenbahrung, und der buͤrgerlichen geſellſchaft, unter die fuͤſſe getreten. Es muß auch kein behaͤltniß eines ungeſchmackten waſſers ſeyn, welches aus mangel der bewegung ſtinckend worden. Son- dern es muß von ſolchen neigungen getrie- ben
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von allerhand ſchul-
bloß mit gluͤcklichen einfaͤllen bereichern und
begnuͤgen will, wird ſeine erfindungs-kraft
zu einem tollhauſe oder wenigſtens zu einer
comoͤdianten-kammer werden, da ſie ein wohl
ausgeruͤſtetes zeughauß ſeyn ſollte. Alſo muß
die beurtheilungs-kraft das beſte thun, dieſe
ordnet und pruͤfet alles wiſſen, unterſuchet al-
le erfindungen, und ſcheidet von den unnuͤtzen
ſchlacken das aͤchte gold, das rechte weſen von
den aberwitzigen traͤumen, und die brauchba-
ren waffen des redners von denen larven.
Dieſe beurtheilungs-kraft ruͤſtet einen redner
aus mit der kunſt, ſeinen zuhoͤrern ins hertz
zu ſehen, und ſich deſſelben zu bemeiſtern. Sie
fuͤhret ihn durch die erfahrung auf die hiſtorie
derer dinge, die um ihn ſind, und lehret ihn
alles zu ſeinem nutzen anzuwenden. Wo-
hin die gedancken gehen, dahin neiget ſich das
hertz, und dieſes muß bey einem redner keine
behauſung unreiner geiſter ſeyn, welche die
wahrheit, als ein licht, das ihre augen blen-
det, verabſcheuen, welche der tugend fall-ſtri-
cke legen, welche ohne aufhoͤren als freche
moͤrder in dem hertzen rennen, und ſelbiges mit
tumult beziehen, nachdem ſie die geſetze der
geſunden vernunft, der offenbahrung, und
der buͤrgerlichen geſellſchaft, unter die fuͤſſe
getreten. Es muß auch kein behaͤltniß eines
ungeſchmackten waſſers ſeyn, welches aus
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