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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von allerhand schul-
schaften eines menschen, als an einer uhr, feder,
zeiger und unruhe sind. Meine schuldigkeit erfo-
dert, Dero auf meine fähigkeit gesetzten vertrau-
en, mit bereitwilliger aufrichtigkeit zu bege-
gnen, und mit ihnen dahin zu arbeiten, daß der
fürgesetzte endzweck von ihnen leicht und ge-
wiß erhalten werde. Da sie nun anietzo eben
deswegen gegenwärtig, damit ich hiezu den
anfang machen möge, so erlauben sie mir daß
ich ihnen zum voraus, das bild eines vollkom-
menen redners, mit lebendigen farben in etwas
entwerffe. Jch würde vergebens reden, wann
ich das bild eines vollkommenen redners in sol-
cher bildung abschildern wolte, daß er einem
bürger aus der Platonischen republick ähnlich
sehe. Jch würde auch eben so ungeschickt han-
deln, wann ich ihn mit schwülstigen worten und
hochtrabenden gedancken, ihnen fürmahlete,
als die albern mahler, welche da sie der natur
folgen solten, in ihren schildereyen, selbige hin-
gegen vergülden und versilbern, also will ich
schlechterdings der natur nachgehen. Diese
rüstet einen redner mit der fähigkeit zu geden-
cken, zu wollen, und zu reden aus, und alle die-
se fähigkeiten der seele, kleidet sie in einen
menschlichen cörper ein. Wäre die blosse
kraft, gedancken zu fassen, hinlänglich, einen
redner zu machen, so wären alle menschen red-
ner, folglich wäre die beredsamkeit keine kunst,
die man durch regeln und übung erlernen mü-
ste, indem so gar die kinder in der wiegen, auf

die

von allerhand ſchul-
ſchaften eines menſchen, als an einer uhr, feder,
zeiger und unruhe ſind. Meine ſchuldigkeit erfo-
dert, Dero auf meine faͤhigkeit geſetztẽ vertrau-
en, mit bereitwilliger aufrichtigkeit zu bege-
gnen, und mit ihnen dahin zu arbeiten, daß der
fuͤrgeſetzte endzweck von ihnen leicht und ge-
wiß erhalten werde. Da ſie nun anietzo eben
deswegen gegenwaͤrtig, damit ich hiezu den
anfang machen moͤge, ſo erlauben ſie mir daß
ich ihnen zum voraus, das bild eines vollkom-
menen redners, mit lebendigen farben in etwas
entwerffe. Jch wuͤrde vergebens reden, wann
ich das bild eines vollkommenen redners in ſol-
cher bildung abſchildern wolte, daß er einem
buͤrger aus der Platoniſchen republick aͤhnlich
ſehe. Jch wuͤrde auch eben ſo ungeſchickt han-
deln, wann ich ihn mit ſchwuͤlſtigen worten und
hochtrabenden gedancken, ihnen fuͤrmahlete,
als die albern mahler, welche da ſie der natur
folgen ſolten, in ihren ſchildereyen, ſelbige hin-
gegen verguͤlden und verſilbern, alſo will ich
ſchlechterdings der natur nachgehen. Dieſe
ruͤſtet einen redner mit der faͤhigkeit zu geden-
cken, zu wollen, und zu reden aus, und alle die-
ſe faͤhigkeiten der ſeele, kleidet ſie in einen
menſchlichen coͤrper ein. Waͤre die bloſſe
kraft, gedancken zu faſſen, hinlaͤnglich, einen
redner zu machen, ſo waͤren alle menſchen red-
ner, folglich waͤre die beredſamkeit keine kunſt,
die man durch regeln und uͤbung erlernen muͤ-
ſte, indem ſo gar die kinder in der wiegen, auf

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[422/0440] von allerhand ſchul- ſchaften eines menſchen, als an einer uhr, feder, zeiger und unruhe ſind. Meine ſchuldigkeit erfo- dert, Dero auf meine faͤhigkeit geſetztẽ vertrau- en, mit bereitwilliger aufrichtigkeit zu bege- gnen, und mit ihnen dahin zu arbeiten, daß der fuͤrgeſetzte endzweck von ihnen leicht und ge- wiß erhalten werde. Da ſie nun anietzo eben deswegen gegenwaͤrtig, damit ich hiezu den anfang machen moͤge, ſo erlauben ſie mir daß ich ihnen zum voraus, das bild eines vollkom- menen redners, mit lebendigen farben in etwas entwerffe. Jch wuͤrde vergebens reden, wann ich das bild eines vollkommenen redners in ſol- cher bildung abſchildern wolte, daß er einem buͤrger aus der Platoniſchen republick aͤhnlich ſehe. Jch wuͤrde auch eben ſo ungeſchickt han- deln, wann ich ihn mit ſchwuͤlſtigen worten und hochtrabenden gedancken, ihnen fuͤrmahlete, als die albern mahler, welche da ſie der natur folgen ſolten, in ihren ſchildereyen, ſelbige hin- gegen verguͤlden und verſilbern, alſo will ich ſchlechterdings der natur nachgehen. Dieſe ruͤſtet einen redner mit der faͤhigkeit zu geden- cken, zu wollen, und zu reden aus, und alle die- ſe faͤhigkeiten der ſeele, kleidet ſie in einen menſchlichen coͤrper ein. Waͤre die bloſſe kraft, gedancken zu faſſen, hinlaͤnglich, einen redner zu machen, ſo waͤren alle menſchen red- ner, folglich waͤre die beredſamkeit keine kunſt, die man durch regeln und uͤbung erlernen muͤ- ſte, indem ſo gar die kinder in der wiegen, auf die

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/440>, abgerufen am 24.11.2024.