lange nicht entzogen. So bitter und schmertz- haft der ausgang des zweyten monaths dieses jahres uns gewesen; so erfreulich und ange- nehm ist hingegen der anfang des letzt-abgewi- chenen worden. Jener beraubete uns einer tugendhaften und hochbegabten Fürstin, und erweckte durchgehends bey iedermann ein son- derbares beyleid, und ungemeine betrübniß: Dieser hingegen ersetzet den verlust: ia was wir unwiederbringlich verlohren zu haben ver- meinten, erlangen wir in der grössesten voll- kommenheit wieder. etc.
Ein exempel des fränckischen stili giebt Eras- mus Francisci in seiner gründlichen wiederle- gung der verleumdungen. (Siehe die vorbe- reit. §. 22. not. [r].)
Wie die sonne den schatten, so hat wahrheit die verläumdung zum gefährten, wenn sie, wi- der die schwärmende unwahrheit kämpffet: Und wie mancher schönen Fürstin ein schwar- tzer mohr, also folget dieser heldin gern ein pech- schmutziger lästerer auf den fersen. Der, wel- cher die wahrheit selber, und dazu gebohren ist, daß er die wahrheit zeuge, hat selbst dafür einen dornen-krantz zu lohn bekommen: Derhalben müssen dieienigen, welche die töchter des lü- gen-vaters, nemlich ketzerey und falsche verfüh- rische lehre, nicht küssen wollen, sondern diesel- be verschmähen, bekörben, und mit dem licht der wahrheit beschämen, sich nicht befremden lassen, daß der satan, ihnen allerley kletten, ia scorpionen, kröten, und spinnen in die haare zu
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des ſtili inſonderheit.
lange nicht entzogen. So bitter und ſchmertz- haft der ausgang des zweyten monaths dieſes jahres uns geweſen; ſo erfreulich und ange- nehm iſt hingegen der anfang des letzt-abgewi- chenen worden. Jener beraubete uns einer tugendhaften und hochbegabten Fuͤrſtin, und erweckte durchgehends bey iedermann ein ſon- derbares beyleid, und ungemeine betruͤbniß: Dieſer hingegen erſetzet den verluſt: ia was wir unwiederbringlich verlohren zu haben ver- meinten, erlangen wir in der groͤſſeſten voll- kommenheit wieder. ꝛc.
Ein exempel des fraͤnckiſchen ſtili giebt Eraſ- mus Franciſci in ſeiner gruͤndlichen wiederle- gung der verleumdungen. (Siehe die vorbe- reit. §. 22. not. [r].)
Wie die ſonne den ſchatten, ſo hat wahrheit die verlaͤumdung zum gefaͤhrten, wenn ſie, wi- der die ſchwaͤrmende unwahrheit kaͤmpffet: Und wie mancher ſchoͤnen Fuͤrſtin ein ſchwar- tzer mohr, alſo folget dieſer heldin gern ein pech- ſchmutziger laͤſterer auf den ferſen. Der, wel- cher die wahrheit ſelber, und dazu gebohren iſt, daß er die wahrheit zeuge, hat ſelbſt dafuͤr einen dornen-krantz zu lohn bekommen: Derhalben muͤſſen dieienigen, welche die toͤchter des luͤ- gen-vaters, nemlich ketzerey und falſche verfuͤh- riſche lehre, nicht kuͤſſen wollen, ſondern dieſel- be verſchmaͤhen, bekoͤrben, und mit dem licht der wahrheit beſchaͤmen, ſich nicht befremden laſſen, daß der ſatan, ihnen allerley kletten, ia ſcorpionen, kroͤten, und ſpinnen in die haare zu
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des ſtili inſonderheit.
lange nicht entzogen. So bitter und ſchmertz-
haft der ausgang des zweyten monaths dieſes
jahres uns geweſen; ſo erfreulich und ange-
nehm iſt hingegen der anfang des letzt-abgewi-
chenen worden. Jener beraubete uns einer
tugendhaften und hochbegabten Fuͤrſtin, und
erweckte durchgehends bey iedermann ein ſon-
derbares beyleid, und ungemeine betruͤbniß:
Dieſer hingegen erſetzet den verluſt: ia was
wir unwiederbringlich verlohren zu haben ver-
meinten, erlangen wir in der groͤſſeſten voll-
kommenheit wieder. ꝛc.
Ein exempel des fraͤnckiſchen ſtili giebt Eraſ-
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gung der verleumdungen. (Siehe die vorbe-
reit. §. 22. not. r.)
Wie die ſonne den ſchatten, ſo hat wahrheit
die verlaͤumdung zum gefaͤhrten, wenn ſie, wi-
der die ſchwaͤrmende unwahrheit kaͤmpffet:
Und wie mancher ſchoͤnen Fuͤrſtin ein ſchwar-
tzer mohr, alſo folget dieſer heldin gern ein pech-
ſchmutziger laͤſterer auf den ferſen. Der, wel-
cher die wahrheit ſelber, und dazu gebohren iſt,
daß er die wahrheit zeuge, hat ſelbſt dafuͤr einen
dornen-krantz zu lohn bekommen: Derhalben
muͤſſen dieienigen, welche die toͤchter des luͤ-
gen-vaters, nemlich ketzerey und falſche verfuͤh-
riſche lehre, nicht kuͤſſen wollen, ſondern dieſel-
be verſchmaͤhen, bekoͤrben, und mit dem licht
der wahrheit beſchaͤmen, ſich nicht befremden
laſſen, daß der ſatan, ihnen allerley kletten, ia
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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/359>, abgerufen am 16.02.2025.
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