Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
des stili insonderheit.
velum aduersa ferit fluctusque ad sidera tollit.
Franguntur remi, tum prora auertit & vndis
Dat latus: insequitur cumulo praeruptus aquae mons.
Hi summo in fluctu pendent, his vnda dehiscens
Terram inter fluctus aperit furit aestus arenis.

Morhoff:
Adversam hinc Boreas crudeli verbere puppim
Sauciat, hinc madido subruit ore Notus.
Confligunt Euri Zephyris, furiosaque nobis
Atque sibi pugnas, turba marique movet.
Heic brevia est syrtes, heic est metuenda vorago,
Heic scopuli infames, saxaque coeca sedent,
Quo mittes oculis se plurima mortis imago
Ingeret.

Lobenstein:
Es schüttete die Hand
Des grimmen himmels dach, blitz hagel, schlossen,
regen,

Auf meine masten aus mit vielen donnerschlägen,
Die flotte ward zerstreut, die seegel umgekehrt,
Die seile gantz verwirrt, die ruder nichts mehr
werth,

Die steuer theils zerschellt, die ancker abgerissen,
etc.
Wo man nicht hätte Poetisch schreiben wollen, wä-
ren diese beschreibungen nicht nöthig gewesen,
zumahl da sie sich nur auf die beschaffenheit der
sache gründen, wie sie etwa seyn könte. Und
in solcher fiction besteht die seele der Poesie,
oder wenigstens ihre gröste schönheit.

§. 14. Zuweilen geht das ingenium in sei-
nen einfällen gar zu weit und verfält auf pa-
radope, lächerliche dinge. weil es entweder
von dem iudicio nicht gnugsam unterstützet
wird, oder weil man mit fleiß worüber scher-
tzet, und einding ridicul zu machen suchet, als-
dann druckt man sich theils durch alte verle-
gne wörter und redens-arten aus, theils

durch
des ſtili inſonderheit.
velum aduerſa ferit fluctusque ad ſidera tollit.
Franguntur remi, tum prora auertit & vndis
Dat latus: inſequitur cumulo praeruptus aquae mons.
Hi ſummo in fluctu pendent, his vnda dehiſcens
Terram inter fluctus aperit furit aeſtus arenis.

Morhoff:
Adverſam hinc Boreas crudeli verbere puppim
Sauciat, hinc madido ſubruit ore Notus.
Confligunt Euri Zephyris, furioſaque nobis
Atque ſibi pugnas, turba marique movet.
Heic brevia eſt ſyrtes, heic eſt metuenda vorago,
Heic ſcopuli infames, ſaxaque coeca ſedent,
Quo mittes oculis ſe plurima mortis imago
Ingeret.

Lobenſtein:
Es ſchuͤttete die Hand
Des grimmen himmels dach, blitz hagel, ſchloſſen,
regen,

Auf meine maſten aus mit vielen donnerſchlaͤgen,
Die flotte ward zerſtreut, die ſeegel umgekehrt,
Die ſeile gantz verwirrt, die ruder nichts mehr
werth,

Die ſteuer theils zerſchellt, die ancker abgeriſſen,
ꝛc.
Wo man nicht haͤtte Poetiſch ſchreiben wollen, waͤ-
ren dieſe beſchreibungen nicht noͤthig geweſen,
zumahl da ſie ſich nur auf die beſchaffenheit der
ſache gruͤnden, wie ſie etwa ſeyn koͤnte. Und
in ſolcher fiction beſteht die ſeele der Poeſie,
oder wenigſtens ihre groͤſte ſchoͤnheit.

§. 14. Zuweilen geht das ingenium in ſei-
nen einfaͤllen gar zu weit und verfaͤlt auf pa-
radope, laͤcherliche dinge. weil es entweder
von dem iudicio nicht gnugſam unterſtuͤtzet
wird, oder weil man mit fleiß woruͤber ſcher-
tzet, und einding ridicul zu machen ſuchet, als-
dann druckt man ſich theils durch alte verle-
gne woͤrter und redens-arten aus, theils

durch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <list>
                <item><cit><quote><pb facs="#f0351" n="333"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des                                                   &#x017F;tili in&#x017F;onderheit.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">velum aduer&#x017F;a ferit                                                 fluctusque ad &#x017F;idera tollit.<lb/>
Franguntur                                                 remi, tum prora auertit &amp; vndis<lb/>
Dat latus:                                                 in&#x017F;equitur cumulo praeruptus aquae mons.<lb/>
Hi &#x017F;ummo in fluctu pendent, his vnda                                                 dehi&#x017F;cens<lb/>
Terram inter fluctus aperit                                                 furit ae&#x017F;tus arenis.</hi></quote></cit><lb/><cit><bibl><hi rendition="#fr">Morhoff:</hi></bibl><lb/><quote><hi rendition="#aq">Adver&#x017F;am hinc Boreas                                                 crudeli verbere puppim<lb/>
Sauciat, hinc madido                                                 &#x017F;ubruit ore Notus.<lb/>
Confligunt Euri                                                 Zephyris, furio&#x017F;aque nobis<lb/>
Atque                                                 &#x017F;ibi pugnas, turba marique movet.<lb/>
Heic                                                 brevia e&#x017F;t &#x017F;yrtes, heic e&#x017F;t                                                 metuenda vorago,<lb/>
Heic &#x017F;copuli infames,                                                 &#x017F;axaque coeca &#x017F;edent,<lb/>
Quo mittes                                                 oculis &#x017F;e plurima mortis imago<lb/>
Ingeret.</hi></quote></cit><lb/><cit><bibl><hi rendition="#fr">Loben&#x017F;tein:</hi></bibl><quote><lg type="poem"><l>Es &#x017F;chu&#x0364;ttete die Hand</l><lb/><l><hi rendition="#fr">Des grimmen himmels dach,                                                   blitz hagel, &#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en,<lb/><hi rendition="#et">regen,</hi></hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Auf meine ma&#x017F;ten aus                                                   mit vielen donner&#x017F;chla&#x0364;gen,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Die flotte ward                                                   zer&#x017F;treut, die &#x017F;eegel                                                   umgekehrt,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Die &#x017F;eile gantz                                                   verwirrt, die ruder nichts mehr<lb/><hi rendition="#et">werth,</hi></hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Die &#x017F;teuer theils                                                   zer&#x017F;chellt, die ancker                                                   abgeri&#x017F;&#x017F;en,</hi></l></lg></quote></cit> &#xA75B;c.<lb/>
Wo man nicht ha&#x0364;tte                                     Poeti&#x017F;ch &#x017F;chreiben wollen, wa&#x0364;-<lb/>
ren                                     die&#x017F;e be&#x017F;chreibungen nicht no&#x0364;thig                                     gewe&#x017F;en,<lb/>
zumahl da &#x017F;ie &#x017F;ich nur auf                                     die be&#x017F;chaffenheit der<lb/>
&#x017F;ache gru&#x0364;nden,                                     wie &#x017F;ie etwa &#x017F;eyn ko&#x0364;nte. Und<lb/>
in                                     &#x017F;olcher fiction be&#x017F;teht die &#x017F;eele der                                     Poe&#x017F;ie,<lb/>
oder wenig&#x017F;tens ihre                                     gro&#x0364;&#x017F;te &#x017F;cho&#x0364;nheit.</item>
              </list><lb/>
              <p>§. 14. Zuweilen geht das ingenium in &#x017F;ei-<lb/>
nen                                 einfa&#x0364;llen gar zu weit und verfa&#x0364;lt auf pa-<lb/>
radope, la&#x0364;cherliche dinge. weil es entweder<lb/>
von dem                                 iudicio nicht gnug&#x017F;am unter&#x017F;tu&#x0364;tzet<lb/>
wird,                                 oder weil man mit fleiß woru&#x0364;ber &#x017F;cher-<lb/>
tzet, und                                 einding ridicul zu machen &#x017F;uchet, als-<lb/>
dann druckt man                                 &#x017F;ich theils durch alte verle-<lb/>
gne wo&#x0364;rter und                                 redens-arten aus, theils<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">durch</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0351] des ſtili inſonderheit. velum aduerſa ferit fluctusque ad ſidera tollit. Franguntur remi, tum prora auertit & vndis Dat latus: inſequitur cumulo praeruptus aquae mons. Hi ſummo in fluctu pendent, his vnda dehiſcens Terram inter fluctus aperit furit aeſtus arenis. Morhoff: Adverſam hinc Boreas crudeli verbere puppim Sauciat, hinc madido ſubruit ore Notus. Confligunt Euri Zephyris, furioſaque nobis Atque ſibi pugnas, turba marique movet. Heic brevia eſt ſyrtes, heic eſt metuenda vorago, Heic ſcopuli infames, ſaxaque coeca ſedent, Quo mittes oculis ſe plurima mortis imago Ingeret. Lobenſtein: Es ſchuͤttete die Hand Des grimmen himmels dach, blitz hagel, ſchloſſen, regen, Auf meine maſten aus mit vielen donnerſchlaͤgen, Die flotte ward zerſtreut, die ſeegel umgekehrt, Die ſeile gantz verwirrt, die ruder nichts mehr werth, Die ſteuer theils zerſchellt, die ancker abgeriſſen, ꝛc. Wo man nicht haͤtte Poetiſch ſchreiben wollen, waͤ- ren dieſe beſchreibungen nicht noͤthig geweſen, zumahl da ſie ſich nur auf die beſchaffenheit der ſache gruͤnden, wie ſie etwa ſeyn koͤnte. Und in ſolcher fiction beſteht die ſeele der Poeſie, oder wenigſtens ihre groͤſte ſchoͤnheit. §. 14. Zuweilen geht das ingenium in ſei- nen einfaͤllen gar zu weit und verfaͤlt auf pa- radope, laͤcherliche dinge. weil es entweder von dem iudicio nicht gnugſam unterſtuͤtzet wird, oder weil man mit fleiß woruͤber ſcher- tzet, und einding ridicul zu machen ſuchet, als- dann druckt man ſich theils durch alte verle- gne woͤrter und redens-arten aus, theils durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/351
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/351>, abgerufen am 25.11.2024.