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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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vernünftige anleitung
gungen einiger massen disponiren können,
nicht furchtsamc), aber auch nicht verwegen
seyn.

a) Ein natürlich sang froid, oder läppische schlaf-
mütze ist hier nichts nütze.
b) Siehe Thomas. l. c. §. 43. und die angeführ-
ten auctores. Der alte Cato sagte: Orator est
vir bonus, dicendi peritus, conf. Cic. de offic. L. II.
C. XIIII.
Jch weiß leider wohl, daß die wenig-
sten menschen redliche absichten haben, sie setzen
bey allen ihren verrichtungen, also auch bey ih-
ren reden, geld-geitz, ehr-geitz, wollust zu ihrem
endzweck, und intendiren allezeit dabey, den
andern zu betrügen. Allein sie betreten dabey
einen weg, auf welchen viele tausend, auch die
glücklichsten und grösten leute, den hals gebro-
chen. Denn man betrügt einen nur einmahl,
und hat ihn hernach mit allen seinem anhang
zum feinde, und wer einmahl gewohnt ist mal-
honnetten absichten nachzugehen, der kommt
bey denen, die mit ihm umgehen, bald herum,
hernach ist er so zu reden, fertig, und alle sind
übel gegen ihn gesinnet, warten auch nur auf
beqveme gelegenheit, ihm wieder eins anzu-
hängen. Hingegen ist auch die welt niemahls
so unvernünftig, daß sie iemand, der auf eine
vernünftige art, allezeit honnetten absichten
nachgehet, sollte gäntzlich fallen lassen. Zu
geschweigen der göttlichen, natürlichen und
bürgerlichen rechte, welche uns verbinden, al-
lezeit redliche absichten zu haben.
c) Gracians Maxime 91. 182. ein furchtsamer
redner bringt alle, die ihn hören, fast in kindes-
nöthen, ein verwegener, allarmiret ein gantzes
auditorium, macht es aufmercksam und scharf-
sichtig auf die fehler, so er begeht, beydes ist
unangenehm und albern.

§. 12.

vernuͤnftige anleitung
gungen einiger maſſen diſponiren koͤnnen,
nicht furchtſamc), aber auch nicht verwegen
ſeyn.

a) Ein natuͤrlich ſang froid, oder laͤppiſche ſchlaf-
muͤtze iſt hier nichts nuͤtze.
b) Siehe Thomaſ. l. c. §. 43. und die angefuͤhr-
ten auctores. Der alte Cato ſagte: Orator eſt
vir bonus, dicendi peritus, conf. Cic. de offic. L. II.
C. XIIII.
Jch weiß leider wohl, daß die wenig-
ſten menſchen redliche abſichten haben, ſie ſetzen
bey allen ihren verrichtungen, alſo auch bey ih-
ren reden, geld-geitz, ehr-geitz, wolluſt zu ihrem
endzweck, und intendiren allezeit dabey, den
andern zu betruͤgen. Allein ſie betreten dabey
einen weg, auf welchen viele tauſend, auch die
gluͤcklichſten und groͤſten leute, den hals gebro-
chen. Denn man betruͤgt einen nur einmahl,
und hat ihn hernach mit allen ſeinem anhang
zum feinde, und wer einmahl gewohnt iſt mal-
honnetten abſichten nachzugehen, der kommt
bey denen, die mit ihm umgehen, bald herum,
hernach iſt er ſo zu reden, fertig, und alle ſind
uͤbel gegen ihn geſinnet, warten auch nur auf
beqveme gelegenheit, ihm wieder eins anzu-
haͤngen. Hingegen iſt auch die welt niemahls
ſo unvernuͤnftig, daß ſie iemand, der auf eine
vernuͤnftige art, allezeit honnetten abſichten
nachgehet, ſollte gaͤntzlich fallen laſſen. Zu
geſchweigen der goͤttlichen, natuͤrlichen und
buͤrgerlichen rechte, welche uns verbinden, al-
lezeit redliche abſichten zu haben.
c) Gracians Maxime 91. 182. ein furchtſamer
redner bringt alle, die ihn hoͤren, faſt in kindes-
noͤthen, ein verwegener, allarmiret ein gantzes
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ſichtig auf die fehler, ſo er begeht, beydes iſt
unangenehm und albern.

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[10/0028] vernuͤnftige anleitung gungen einiger maſſen diſponiren koͤnnen, nicht furchtſam c⁾ , aber auch nicht verwegen ſeyn. a⁾ Ein natuͤrlich ſang froid, oder laͤppiſche ſchlaf- muͤtze iſt hier nichts nuͤtze. b⁾ Siehe Thomaſ. l. c. §. 43. und die angefuͤhr- ten auctores. Der alte Cato ſagte: Orator eſt vir bonus, dicendi peritus, conf. Cic. de offic. L. II. C. XIIII. Jch weiß leider wohl, daß die wenig- ſten menſchen redliche abſichten haben, ſie ſetzen bey allen ihren verrichtungen, alſo auch bey ih- ren reden, geld-geitz, ehr-geitz, wolluſt zu ihrem endzweck, und intendiren allezeit dabey, den andern zu betruͤgen. Allein ſie betreten dabey einen weg, auf welchen viele tauſend, auch die gluͤcklichſten und groͤſten leute, den hals gebro- chen. Denn man betruͤgt einen nur einmahl, und hat ihn hernach mit allen ſeinem anhang zum feinde, und wer einmahl gewohnt iſt mal- honnetten abſichten nachzugehen, der kommt bey denen, die mit ihm umgehen, bald herum, hernach iſt er ſo zu reden, fertig, und alle ſind uͤbel gegen ihn geſinnet, warten auch nur auf beqveme gelegenheit, ihm wieder eins anzu- haͤngen. Hingegen iſt auch die welt niemahls ſo unvernuͤnftig, daß ſie iemand, der auf eine vernuͤnftige art, allezeit honnetten abſichten nachgehet, ſollte gaͤntzlich fallen laſſen. Zu geſchweigen der goͤttlichen, natuͤrlichen und buͤrgerlichen rechte, welche uns verbinden, al- lezeit redliche abſichten zu haben. c⁾ Gracians Maxime 91. 182. ein furchtſamer redner bringt alle, die ihn hoͤren, faſt in kindes- noͤthen, ein verwegener, allarmiret ein gantzes auditorium, macht es aufmerckſam und ſcharf- ſichtig auf die fehler, ſo er begeht, beydes iſt unangenehm und albern. §. 12.

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/28>, abgerufen am 24.11.2024.