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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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des stili insonderheit.
tiger macht, die geschlossene verbindnisse, er-
theilte freyheiten, friedens-handlungen, com-
mercien-sorge genung denen unterthanen die
angenehmsten zeiten zu schencken. Die we-
nigsten sind so scharfsichtig die geheimnisse des
staats einzusehen, und doch unterstehet sich ie-
dermann davon zu urtheilen. Erfodert nun
zuweilen des landes wohlfarth, der untertha-
nen ruhe, daß printzen ihnen eine kleine unruhe
machen um grössern übel fürzubeugen, so meint
der unterthan gnugsames recht zu haben, wo-
durch seiner neigung nur zu viel geschehen, von
sich abzukehren und wofern es ihm hierinnen
nicht glücken will, die ungerechtigkeit seines
printzen anzuklagen. Hätten die geschicht-schrei-
ber der alten, ohne ihren zeiten zu schmeichlen,
alles ausgedruckt, worüber sich auch vernünnf-
tige unterthanen unter ihren fürsten zu bekla-
gen ursach gehabt, so würden wir bald sehen,
ob den unsern oder den alten zeiten, in anse-
hung der regenten der vorzug beyzulegen. Und
wo werden wir von denen monarchen unserer
zeit, solche thorheiten aufzeichnen können, als
wir von denen alten mit den grösten erstaunen
aufgezeichnet finden. Es prangen auch unse-
re zeiten mit solchen Landes-vätern deren
denckmahle bey unsern nachkommen weit dau-
erhaftiger seyn werden, als bey uns die säulen
Augusti, Traiani, Hadriani, und anderer.
Nicht minder verdienen die lehrer unser zeiten,
daß ihrer mit bessern lobe gedacht werde, als

ins-

des ſtili inſonderheit.
tiger macht, die geſchloſſene verbindniſſe, er-
theilte freyheiten, friedens-handlungen, com-
mercien-ſorge genung denen unterthanen die
angenehmſten zeiten zu ſchencken. Die we-
nigſten ſind ſo ſcharfſichtig die geheimniſſe des
ſtaats einzuſehen, und doch unterſtehet ſich ie-
dermann davon zu urtheilen. Erfodert nun
zuweilen des landes wohlfarth, der untertha-
nen ruhe, daß printzen ihnen eine kleine unruhe
machen um groͤſſern uͤbel fuͤrzubeugen, ſo meint
der unterthan gnugſames recht zu haben, wo-
durch ſeiner neigung nur zu viel geſchehen, von
ſich abzukehren und wofern es ihm hierinnen
nicht gluͤcken will, die ungerechtigkeit ſeines
printzen anzuklagen. Haͤtten die geſchicht-ſchrei-
ber der alten, ohne ihren zeiten zu ſchmeichlen,
alles ausgedruckt, woruͤber ſich auch vernuͤñf-
tige unterthanen unter ihren fuͤrſten zu bekla-
gen urſach gehabt, ſo wuͤrden wir bald ſehen,
ob den unſern oder den alten zeiten, in anſe-
hung der regenten der vorzug beyzulegen. Und
wo werden wir von denen monarchen unſerer
zeit, ſolche thorheiten aufzeichnen koͤnnen, als
wir von denen alten mit den groͤſten erſtaunen
aufgezeichnet finden. Es prangen auch unſe-
re zeiten mit ſolchen Landes-vaͤtern deren
denckmahle bey unſern nachkommen weit dau-
erhaftiger ſeyn werden, als bey uns die ſaͤulen
Auguſti, Traiani, Hadriani, und anderer.
Nicht minder verdienen die lehrer unſer zeiten,
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[155[255]/0273] des ſtili inſonderheit. tiger macht, die geſchloſſene verbindniſſe, er- theilte freyheiten, friedens-handlungen, com- mercien-ſorge genung denen unterthanen die angenehmſten zeiten zu ſchencken. Die we- nigſten ſind ſo ſcharfſichtig die geheimniſſe des ſtaats einzuſehen, und doch unterſtehet ſich ie- dermann davon zu urtheilen. Erfodert nun zuweilen des landes wohlfarth, der untertha- nen ruhe, daß printzen ihnen eine kleine unruhe machen um groͤſſern uͤbel fuͤrzubeugen, ſo meint der unterthan gnugſames recht zu haben, wo- durch ſeiner neigung nur zu viel geſchehen, von ſich abzukehren und wofern es ihm hierinnen nicht gluͤcken will, die ungerechtigkeit ſeines printzen anzuklagen. Haͤtten die geſchicht-ſchrei- ber der alten, ohne ihren zeiten zu ſchmeichlen, alles ausgedruckt, woruͤber ſich auch vernuͤñf- tige unterthanen unter ihren fuͤrſten zu bekla- gen urſach gehabt, ſo wuͤrden wir bald ſehen, ob den unſern oder den alten zeiten, in anſe- hung der regenten der vorzug beyzulegen. Und wo werden wir von denen monarchen unſerer zeit, ſolche thorheiten aufzeichnen koͤnnen, als wir von denen alten mit den groͤſten erſtaunen aufgezeichnet finden. Es prangen auch unſe- re zeiten mit ſolchen Landes-vaͤtern deren denckmahle bey unſern nachkommen weit dau- erhaftiger ſeyn werden, als bey uns die ſaͤulen Auguſti, Traiani, Hadriani, und anderer. Nicht minder verdienen die lehrer unſer zeiten, daß ihrer mit beſſern lobe gedacht werde, als ins-

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 155[255]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/273>, abgerufen am 25.11.2024.