Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
von dem ausdruck
easmus, hostilis irrisio, verspottet die todten oder
sterbenden. Apostrophe, auersio, richtet die rede
an iemand, der nicht unter den zuhörern ist. In-
terrogatio
, erotema,
bringt etwas frageweise für.
Sermocinatio dichtet personen reden an. Prosopopoeia,
fictio personae,
dichtet dingen reden an, die nicht
reden können. Parrhesia wann etwas gar zu frey
gesagt, aber durch eine angenehme raison gut ge-
macht wird. Asteismus, wenn eine schertzhaffte
raison gegeben wird. Epanorthosis correctio,
sagt und wiederruft etwas gleich, damit man sich
nachdrücklicher ausdrucken möge. Charientis-
mus
beantwortet etwas freundlich, aber mit
einer Jronie. Mimesis wiederholet etwas mit
einer Jronie, an statt es zu wiederlegen. Aporia,
dubitatio,
zweiffelt, bey entstandenen contrairen
affecten. Aposiopesis, parasiopesis, reticentia,
bricht die rede mit der grösten heftigkeit ab und
redet anders: Quos ego! sed motos praestat com-
ponere fluctus. &c.
Welche alle den heftigsten
grad der affecten zum grunde haben, und dabey
man also sehr behutsam zu gehen, deßwegen auch
die in der vorbereitung §. 13. sqq. ingleichen cap.
3. §. 37, 38. 39. cap. 4. und 5. angeführte re-
geln vorher wohl zu erwegen.
m) Z. e. Paralipsis, praeteritio, wann man sagt, man
wolle etwas verschweigen und es doch anführt.
Paradoxon inopinatum, suspensio, wenn man so
anfängt und in etwas fortfähret, daß der zuhörer
nicht weiß wo man hinaus will, biß man end-
lich plötzlich unvermutheter weise schliesset: In
me quiduis harum rerum conuenit, quae sunt dicta
in stultum; caudex, stipes, asinus, plumbeus. In
illum nihil potest; num exsuperat eius stultitia
haec omnia?

Marcolphus spricht aus furcht von allen menschen
wohl,

Und
von dem ausdruck
eaſmus, hoſtilis irriſio, verſpottet die todten oder
ſterbenden. Apoſtrophe, auerſio, richtet die rede
an iemand, der nicht unter den zuhoͤrern iſt. In-
terrogatio
, erotema,
bringt etwas frageweiſe fuͤr.
Sermocinatio dichtet peꝛſonen redẽ an. Proſopopœia,
fictio perſonae,
dichtet dingen reden an, die nicht
reden koͤnnen. Parrheſia wann etwas gar zu frey
geſagt, aber durch eine angenehme raiſon gut ge-
macht wird. Aſteiſmus, wenn eine ſchertzhaffte
raiſon gegeben wird. Epanorthoſis correctio,
ſagt und wiederruft etwas gleich, damit man ſich
nachdruͤcklicher ausdrucken moͤge. Charientiſ-
mus
beantwortet etwas freundlich, aber mit
einer Jronie. Mimeſis wiederholet etwas mit
einer Jronie, an ſtatt es zu wiederlegen. Aporia,
dubitatio,
zweiffelt, bey entſtandenen contrairen
affecten. Apoſiopeſis, paraſiopeſis, reticentia,
bricht die rede mit der groͤſten heftigkeit ab und
redet anders: Quos ego! ſed motos praeſtat com-
ponere fluctus. &c.
Welche alle den heftigſten
grad der affecten zum grunde haben, und dabey
man alſo ſehr behutſam zu gehen, deßwegen auch
die in der vorbereitung §. 13. ſqq. ingleichen cap.
3. §. 37, 38. 39. cap. 4. und 5. angefuͤhrte re-
geln vorher wohl zu erwegen.
m) Z. e. Paralipſis, praeteritio, wann man ſagt, man
wolle etwas verſchweigen und es doch anfuͤhrt.
Paradoxon inopinatum, ſuſpenſio, wenn man ſo
anfaͤngt und in etwas fortfaͤhret, daß der zuhoͤrer
nicht weiß wo man hinaus will, biß man end-
lich ploͤtzlich unvermutheter weiſe ſchlieſſet: In
me quiduis harum rerum conuenit, quae ſunt dicta
in ſtultum; caudex, ſtipes, aſinus, plumbeus. In
illum nihil poteſt; num exſuperat eius ſtultitia
haec omnia?

Marcolphus ſpricht aus furcht von allen menſchen
wohl,

Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <note xml:id="note-l-10" prev="#notefn-l-10" place="end" n="l)"><pb facs="#f0216" n="198"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von dem                                 ausdruck</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ea&#x017F;mus,</hi> ho&#x017F;tilis irri&#x017F;io,</hi> ver&#x017F;pottet die todten                             oder<lb/>
&#x017F;terbenden. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Apo&#x017F;trophe</hi>, auer&#x017F;io,</hi> richtet die                             rede<lb/>
an iemand, der nicht unter den zuho&#x0364;rern i&#x017F;t. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">In-<lb/>
terrogatio</hi>,                                 erotema,</hi> bringt etwas fragewei&#x017F;e fu&#x0364;r.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Sermocinatio</hi></hi> dichtet                             pe&#xA75B;&#x017F;onen rede&#x0303; an. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Pro&#x017F;opop&#x0153;ia,</hi><lb/>
fictio                                 per&#x017F;onae,</hi> dichtet dingen reden an, die nicht<lb/>
reden                             ko&#x0364;nnen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Parrhe&#x017F;ia</hi></hi> wann etwas gar zu frey<lb/>
ge&#x017F;agt, aber durch eine angenehme rai&#x017F;on gut ge-<lb/>
macht wird. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A&#x017F;tei&#x017F;mus,</hi></hi> wenn eine                             &#x017F;chertzhaffte<lb/>
rai&#x017F;on gegeben wird. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Epanortho&#x017F;is</hi> correctio,</hi><lb/>
&#x017F;agt und wiederruft etwas gleich, damit                             man &#x017F;ich<lb/>
nachdru&#x0364;cklicher ausdrucken mo&#x0364;ge. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Charienti&#x017F;-<lb/>
mus</hi></hi> beantwortet etwas freundlich, aber mit<lb/>
einer                             Jronie. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Mime&#x017F;is</hi></hi> wiederholet etwas mit<lb/>
einer Jronie, an &#x017F;tatt es zu                             wiederlegen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Aporia,</hi><lb/>
dubitatio,</hi> zweiffelt, bey ent&#x017F;tandenen contrairen<lb/>
affecten. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Apo&#x017F;iope&#x017F;is</hi>, para&#x017F;iope&#x017F;is,                                 reticentia,</hi><lb/>
bricht die rede mit der gro&#x0364;&#x017F;ten                             heftigkeit ab und<lb/>
redet anders: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Quos ego! &#x017F;ed motos prae&#x017F;tat                                     com-<lb/>
ponere fluctus. &amp;c.</hi></hi> Welche alle den                             heftig&#x017F;ten<lb/>
grad der affecten zum grunde haben, und                             dabey<lb/>
man al&#x017F;o &#x017F;ehr behut&#x017F;am zu gehen,                             deßwegen auch<lb/>
die in der vorbereitung §. 13. <hi rendition="#aq">&#x017F;qq.</hi> ingleichen cap.<lb/>
3. §. 37, 38. 39. cap. 4. und                             5. angefu&#x0364;hrte re-<lb/>
geln vorher wohl zu erwegen.<lb/></note>
          <note xml:id="note-m-8" prev="#notefn-m-8" place="end" n="m)"> Z. e. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Paralip&#x017F;is</hi>, praeteritio,</hi> wann                             man &#x017F;agt, man<lb/>
wolle etwas ver&#x017F;chweigen und es doch anfu&#x0364;hrt.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Paradoxon</hi> inopinatum,                                 &#x017F;u&#x017F;pen&#x017F;io,</hi> wenn man &#x017F;o<lb/>
anfa&#x0364;ngt und in etwas fortfa&#x0364;hret, daß der                             zuho&#x0364;rer<lb/>
nicht weiß wo man hinaus will, biß man end-<lb/>
lich plo&#x0364;tzlich unvermutheter wei&#x017F;e                             &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;et: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">In<lb/>
me quiduis harum rerum conuenit, quae &#x017F;unt                                     dicta<lb/>
in &#x017F;tultum; caudex, &#x017F;tipes,                                     a&#x017F;inus, plumbeus. In<lb/>
illum nihil pote&#x017F;t; num                                     ex&#x017F;uperat eius &#x017F;tultitia<lb/>
haec                                 omnia?</hi></hi><lb/><lg type="poem"><l><hi rendition="#fr">Marcolphus &#x017F;pricht aus furcht von                                         allen men&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#et">wohl,</hi></hi></l><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Und</hi></fw><lb/></lg></note>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0216] von dem ausdruck l⁾ eaſmus, hoſtilis irriſio, verſpottet die todten oder ſterbenden. Apoſtrophe, auerſio, richtet die rede an iemand, der nicht unter den zuhoͤrern iſt. In- terrogatio, erotema, bringt etwas frageweiſe fuͤr. Sermocinatio dichtet peꝛſonen redẽ an. Proſopopœia, fictio perſonae, dichtet dingen reden an, die nicht reden koͤnnen. Parrheſia wann etwas gar zu frey geſagt, aber durch eine angenehme raiſon gut ge- macht wird. Aſteiſmus, wenn eine ſchertzhaffte raiſon gegeben wird. Epanorthoſis correctio, ſagt und wiederruft etwas gleich, damit man ſich nachdruͤcklicher ausdrucken moͤge. Charientiſ- mus beantwortet etwas freundlich, aber mit einer Jronie. Mimeſis wiederholet etwas mit einer Jronie, an ſtatt es zu wiederlegen. Aporia, dubitatio, zweiffelt, bey entſtandenen contrairen affecten. Apoſiopeſis, paraſiopeſis, reticentia, bricht die rede mit der groͤſten heftigkeit ab und redet anders: Quos ego! ſed motos praeſtat com- ponere fluctus. &c. Welche alle den heftigſten grad der affecten zum grunde haben, und dabey man alſo ſehr behutſam zu gehen, deßwegen auch die in der vorbereitung §. 13. ſqq. ingleichen cap. 3. §. 37, 38. 39. cap. 4. und 5. angefuͤhrte re- geln vorher wohl zu erwegen. m⁾ Z. e. Paralipſis, praeteritio, wann man ſagt, man wolle etwas verſchweigen und es doch anfuͤhrt. Paradoxon inopinatum, ſuſpenſio, wenn man ſo anfaͤngt und in etwas fortfaͤhret, daß der zuhoͤrer nicht weiß wo man hinaus will, biß man end- lich ploͤtzlich unvermutheter weiſe ſchlieſſet: In me quiduis harum rerum conuenit, quae ſunt dicta in ſtultum; caudex, ſtipes, aſinus, plumbeus. In illum nihil poteſt; num exſuperat eius ſtultitia haec omnia? Marcolphus ſpricht aus furcht von allen menſchen wohl, Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/216
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/216>, abgerufen am 22.11.2024.