Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
von dem ausdruck
nem ehre erwiesen, heut zu tage würde man sich
für der ehre nach dem ietzigen verstande gar sehr
bedancken. etc. Bald wird dieser bizarre ge-
brauch aus orthodoxe und Philosophe schimpf-
wörter machen, der grund ist schon dazu gelegt.
e) Einmahl wird er, was anbetrift die wörter, bil-
lich beobachtet. Z. e. an statt: handschub sage
ich nicht handstrümpfe oder an statt: beinklei-
der,
nicht lendenholftern, etc. Also irreten die
Zesianer gar sehr, da sie alle wörter reformiren
wolten und auch die bereits das bürgerrecht in
unserer sprache gewonnen hatten, ausmusterten/
da ihnen doch der universelle gebrauch im wege
stand. Die immer Ciceronianisch schreiben wol-
len, denen geht es eben so. Nec nimis molles nec
nimis morosi simus.
S. Thomasii Cautelen
VII. und die vorrede, so er seiner Einleitung
zur Vernunftlehre
fürgesetzet. Die herren, so
galant (i. e. überhin) studiren, sündigen dagegen
in der grossen nachläßigkeit. Hernach so wird
auch der gemeine gebrauch billich in obacht ge-
nommen, was anbetrift die sachen, so man für-
bringt, loquendum cum vulgo, &c. Wann der
bauer (und auch der gelehrte bauer) glaubt, die
sonne gehe herum, sey nicht grösser als sein hut,
die hexen ritten um Walpurgis auf besen und
ofengabeln und ziegenböcken nach dem bloxber-
ge, und ich habe keinen beruf ihn klüger zu ma-
chen, da rede ich nach seinen begriffen: hingegen
würde das wohl ein greulicher thor seyn, der mir
würcklich aus einem solchen discours, derglei-
chen alberne meinungen beymessen wolte. Wenn
Curtius die thaten des Alexandri beschreibt, so
setzt er verständigen leuten eine marque zu geben,
was sie von seiner historie halten sollen, nur diese
worte: Equidem plura transscribo, quam credo.
Sapienti sat.


§. 14.
von dem ausdruck
nem ehre erwieſen, heut zu tage wuͤrde man ſich
fuͤr der ehre nach dem ietzigen verſtande gar ſehr
bedancken. ꝛc. Bald wird dieſer bizarre ge-
brauch aus orthodoxe und Philoſophe ſchimpf-
woͤrter machen, der grund iſt ſchon dazu gelegt.
e) Einmahl wird er, was anbetrift die woͤrter, bil-
lich beobachtet. Z. e. an ſtatt: handſchub ſage
ich nicht handſtruͤmpfe oder an ſtatt: beinklei-
der,
nicht lendenholftern, ꝛc. Alſo irreten die
Zeſianer gar ſehr, da ſie alle woͤrter reformiren
wolten und auch die bereits das buͤrgerrecht in
unſerer ſprache gewonnen hatten, ausmuſterten/
da ihnen doch der univerſelle gebrauch im wege
ſtand. Die immer Ciceronianiſch ſchreiben wol-
len, denen geht es eben ſo. Nec nimis molles nec
nimis moroſi ſimus.
S. Thomaſii Cautelen
VII. und die vorrede, ſo er ſeiner Einleitung
zur Vernunftlehre
fuͤrgeſetzet. Die herren, ſo
galant (i. e. uͤberhin) ſtudiren, ſuͤndigen dagegen
in der groſſen nachlaͤßigkeit. Hernach ſo wird
auch der gemeine gebrauch billich in obacht ge-
nommen, was anbetrift die ſachen, ſo man fuͤr-
bringt, loquendum cum vulgo, &c. Wann der
bauer (und auch der gelehrte bauer) glaubt, die
ſonne gehe herum, ſey nicht groͤſſer als ſein hut,
die hexen ritten um Walpurgis auf beſen und
ofengabeln und ziegenboͤcken nach dem bloxber-
ge, und ich habe keinen beruf ihn kluͤger zu ma-
chen, da rede ich nach ſeinen begriffen: hingegen
wuͤrde das wohl ein greulicher thor ſeyn, der mir
wuͤrcklich aus einem ſolchen diſcours, derglei-
chen alberne meinungen beymeſſen wolte. Wenn
Curtius die thaten des Alexandri beſchreibt, ſo
ſetzt er verſtaͤndigen leuten eine marque zu geben,
was ſie von ſeiner hiſtorie halten ſollen, nur dieſe
worte: Equidem plura transſcribo, quam credo.
Sapienti ſat.


§. 14.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <note xml:id="note-d-30" place="end" n="d)"><pb facs="#f0192" n="174"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von dem                                 ausdruck</hi></fw><lb/>
nem ehre erwie&#x017F;en, heut zu tage                             wu&#x0364;rde man &#x017F;ich<lb/>
fu&#x0364;r der ehre nach dem                             ietzigen ver&#x017F;tande gar &#x017F;ehr<lb/>
bedancken. &#xA75B;c.                             Bald wird die&#x017F;er bizarre ge-<lb/>
brauch aus <hi rendition="#fr">orthodoxe</hi> und <hi rendition="#fr">Philo&#x017F;ophe</hi> &#x017F;chimpf-<lb/>
wo&#x0364;rter machen, der grund i&#x017F;t                             &#x017F;chon dazu gelegt.<lb/></note>
          <note xml:id="note-e-12" prev="#notefn-e-12" place="end" n="e)">Einmahl wird er, was anbetrift die                             wo&#x0364;rter, bil-<lb/>
lich beobachtet. Z. e. an &#x017F;tatt: <hi rendition="#fr">hand&#x017F;chub</hi> &#x017F;age<lb/>
ich nicht <hi rendition="#fr">hand&#x017F;tru&#x0364;mpfe</hi> oder an                             &#x017F;tatt: <hi rendition="#fr">beinklei-<lb/>
der,</hi> nicht <hi rendition="#fr">lendenholftern,</hi> &#xA75B;c. Al&#x017F;o irreten                             die<lb/>
Ze&#x017F;ianer gar &#x017F;ehr, da &#x017F;ie alle                             wo&#x0364;rter reformiren<lb/>
wolten und auch die bereits das                             bu&#x0364;rgerrecht in<lb/>
un&#x017F;erer &#x017F;prache gewonnen                             hatten, ausmu&#x017F;terten/<lb/>
da ihnen doch der univer&#x017F;elle                             gebrauch im wege<lb/>
&#x017F;tand. Die immer Ciceroniani&#x017F;ch                             &#x017F;chreiben wol-<lb/>
len, denen geht es eben &#x017F;o. <hi rendition="#aq">Nec nimis molles nec<lb/>
nimis moro&#x017F;i                                 &#x017F;imus.</hi> <hi rendition="#fr">S. Thoma&#x017F;ii Cautelen</hi><lb/><hi rendition="#aq">VII.</hi> und <hi rendition="#fr">die vorrede,                                 &#x017F;o er &#x017F;einer Einleitung<lb/>
zur Vernunftlehre</hi> fu&#x0364;rge&#x017F;etzet. Die herren, &#x017F;o<lb/>
galant (<hi rendition="#aq">i. e.</hi> u&#x0364;berhin) &#x017F;tudiren,                             &#x017F;u&#x0364;ndigen dagegen<lb/>
in der gro&#x017F;&#x017F;en                             nachla&#x0364;ßigkeit. Hernach &#x017F;o wird<lb/>
auch der gemeine                             gebrauch billich in obacht ge-<lb/>
nommen, was anbetrift die                             &#x017F;achen, &#x017F;o man fu&#x0364;r-<lb/>
bringt, <hi rendition="#aq">loquendum cum vulgo, &amp;c.</hi> Wann der<lb/>
bauer (und auch der gelehrte bauer) glaubt, die<lb/>
&#x017F;onne gehe                             herum, &#x017F;ey nicht gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er als &#x017F;ein                             hut,<lb/>
die hexen ritten um Walpurgis auf be&#x017F;en und<lb/>
ofengabeln und ziegenbo&#x0364;cken nach dem bloxber-<lb/>
ge, und ich                             habe keinen beruf ihn klu&#x0364;ger zu ma-<lb/>
chen, da rede ich nach                             &#x017F;einen begriffen: hingegen<lb/>
wu&#x0364;rde das wohl ein                             greulicher thor &#x017F;eyn, der mir<lb/>
wu&#x0364;rcklich aus einem                             &#x017F;olchen di&#x017F;cours, derglei-<lb/>
chen alberne meinungen                             beyme&#x017F;&#x017F;en wolte. Wenn<lb/>
Curtius die thaten des                             Alexandri be&#x017F;chreibt, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;etzt er                             ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen leuten eine marque zu geben,<lb/>
was                             &#x017F;ie von &#x017F;einer hi&#x017F;torie halten &#x017F;ollen, nur                             die&#x017F;e<lb/>
worte: <hi rendition="#aq">Equidem plura                                 trans&#x017F;cribo, quam credo.<lb/><hi rendition="#i">Sapienti &#x017F;at.</hi></hi><lb/></note><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 14.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0192] von dem ausdruck d⁾ nem ehre erwieſen, heut zu tage wuͤrde man ſich fuͤr der ehre nach dem ietzigen verſtande gar ſehr bedancken. ꝛc. Bald wird dieſer bizarre ge- brauch aus orthodoxe und Philoſophe ſchimpf- woͤrter machen, der grund iſt ſchon dazu gelegt. e⁾ Einmahl wird er, was anbetrift die woͤrter, bil- lich beobachtet. Z. e. an ſtatt: handſchub ſage ich nicht handſtruͤmpfe oder an ſtatt: beinklei- der, nicht lendenholftern, ꝛc. Alſo irreten die Zeſianer gar ſehr, da ſie alle woͤrter reformiren wolten und auch die bereits das buͤrgerrecht in unſerer ſprache gewonnen hatten, ausmuſterten/ da ihnen doch der univerſelle gebrauch im wege ſtand. Die immer Ciceronianiſch ſchreiben wol- len, denen geht es eben ſo. Nec nimis molles nec nimis moroſi ſimus. S. Thomaſii Cautelen VII. und die vorrede, ſo er ſeiner Einleitung zur Vernunftlehre fuͤrgeſetzet. Die herren, ſo galant (i. e. uͤberhin) ſtudiren, ſuͤndigen dagegen in der groſſen nachlaͤßigkeit. Hernach ſo wird auch der gemeine gebrauch billich in obacht ge- nommen, was anbetrift die ſachen, ſo man fuͤr- bringt, loquendum cum vulgo, &c. Wann der bauer (und auch der gelehrte bauer) glaubt, die ſonne gehe herum, ſey nicht groͤſſer als ſein hut, die hexen ritten um Walpurgis auf beſen und ofengabeln und ziegenboͤcken nach dem bloxber- ge, und ich habe keinen beruf ihn kluͤger zu ma- chen, da rede ich nach ſeinen begriffen: hingegen wuͤrde das wohl ein greulicher thor ſeyn, der mir wuͤrcklich aus einem ſolchen diſcours, derglei- chen alberne meinungen beymeſſen wolte. Wenn Curtius die thaten des Alexandri beſchreibt, ſo ſetzt er verſtaͤndigen leuten eine marque zu geben, was ſie von ſeiner hiſtorie halten ſollen, nur dieſe worte: Equidem plura transſcribo, quam credo. Sapienti ſat. §. 14.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/192
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/192>, abgerufen am 26.11.2024.