nen harpax einen ehrgeitzigen einen feuerfax, und einen wollüstigen einen flirax nennete einen menschen aber, wo alle drey haupt-affe- cten in grosser kraft, raseten, mit dem nahmen des fünften temperaments, nemlich eines ge- schossenen bechrete. Und ich gestehe, daß bey dieser letzteren art leute, man fast an der kraft der beredsamkeit desperiren möchte.
b) Das wissen unsere disputier-meister und sonst die windmacher wohl zu practiciren. Denn wann sie mit einem hauffen studenten zu thun haben, so erwegen sie leicht, daß die meisten stu- denten wollüstig seyn, und also reden sie ihnen auch lauter solche artige einfälle und angeneh- me sachen für, daß sie ohnschwer den andern, mit allen seinen neuen wahrheiten zum geläch- ter machen, und das prä behalten.
§. 15. Aus den benannten haupt-affecten entspringen allerhand neben-affecten und re- gungen des willens, deren natur und beschaf- fenheit aus der Moral und erfahrung man sich bekannt zu machen. Jm reden ist es nöthig selbige entweder rege zu machen oder fürzust el- len oder zu unterdrucken. Jeden affect re ge zu machen, muß man überlegen, seine Morali- sche und Physicalische beschaffenheit, wie er sich zu unserer sache und übrigen umständen schicke, ins besondere, wie sich der zuhörer dazu disponiret befinde; nachgehends sucht man nicht eben allemahl grade auf den affect durch- zudringen, und ihn zu erregen, sondern man macht sich etwan zuförderst an die mit ihm ver- bundene neben-affecten; man sucht den zuhö- rer immer bey der sache zu erhalten, seiner auf-
merck-
J 3
von bewegungs-gruͤnden.
nen harpax einen ehrgeitzigen einen feuerfax, und einen wolluͤſtigen einen flirax nennete einen menſchen aber, wo alle drey haupt-affe- cten in groſſer kraft, raſeten, mit dem nahmen des fuͤnften temperaments, nemlich eines ge- ſchoſſenen bechrete. Und ich geſtehe, daß bey dieſer letzteren art leute, man faſt an der kraft der beredſamkeit deſperiren moͤchte.
b) Das wiſſen unſere diſputier-meiſter und ſonſt die windmacher wohl zu practiciren. Denn wann ſie mit einem hauffen ſtudenten zu thun haben, ſo erwegen ſie leicht, daß die meiſten ſtu- denten wolluͤſtig ſeyn, und alſo reden ſie ihnen auch lauter ſolche artige einfaͤlle und angeneh- me ſachen fuͤr, daß ſie ohnſchwer den andern, mit allen ſeinen neuen wahrheiten zum gelaͤch- ter machen, und das praͤ behalten.
§. 15. Aus den benannten haupt-affecten entſpringen allerhand neben-affecten und re- gungen des willens, deren natur und beſchaf- fenheit aus der Moral und erfahrung man ſich bekannt zu machen. Jm reden iſt es noͤthig ſelbige entweder rege zu machen oder fuͤrzuſt el- len oder zu unterdrucken. Jeden affect re ge zu machen, muß man uͤberlegen, ſeine Morali- ſche und Phyſicaliſche beſchaffenheit, wie er ſich zu unſerer ſache und uͤbrigen umſtaͤnden ſchicke, ins beſondere, wie ſich der zuhoͤrer dazu diſponiret befinde; nachgehends ſucht man nicht eben allemahl grade auf den affect durch- zudringen, und ihn zu erregen, ſondern man macht ſich etwan zufoͤrderſt an die mit ihm ver- bundene neben-affecten; man ſucht den zuhoͤ- rer immer bey der ſache zu erhalten, ſeiner auf-
merck-
J 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><notexml:id="note-a-41"prev="#notefn-a-41"place="end"n="a)"><pbfacs="#f0151"n="133"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von bewegungs-gruͤnden.</hi></fw><lb/>
nen <hirendition="#fr">harpax einen ehrgeitzigen</hi> einen feuerfax,<lb/>
und einen <hirendition="#fr">wolluͤſtigen</hi> einen flirax nennete<lb/>
einen menſchen aber, wo alle drey haupt-affe-<lb/>
cten in groſſer kraft, raſeten, mit dem nahmen<lb/>
des fuͤnften <hirendition="#fr">temperaments,</hi> nemlich eines ge-<lb/>ſchoſſenen bechrete. Und ich geſtehe, daß bey<lb/>
dieſer letzteren art leute, man faſt an der kraft<lb/>
der beredſamkeit deſperiren moͤchte.<lb/></note><notexml:id="note-b-28"prev="#notefn-b-28"place="end"n="b)">Das wiſſen unſere diſputier-meiſter und ſonſt<lb/>
die windmacher wohl zu practiciren. Denn<lb/>
wann ſie mit einem hauffen ſtudenten zu thun<lb/>
haben, ſo erwegen ſie leicht, daß die meiſten ſtu-<lb/>
denten wolluͤſtig ſeyn, und alſo reden ſie ihnen<lb/>
auch lauter ſolche artige einfaͤlle und angeneh-<lb/>
me ſachen fuͤr, daß ſie ohnſchwer den andern,<lb/>
mit allen ſeinen neuen wahrheiten zum gelaͤch-<lb/>
ter machen, und das praͤ behalten.<lb/></note><lb/><p>§. 15. Aus den benannten haupt-affecten<lb/>
entſpringen allerhand neben-affecten und re-<lb/>
gungen des willens, deren natur und beſchaf-<lb/>
fenheit aus der Moral und erfahrung man ſich<lb/>
bekannt zu machen. Jm reden iſt es noͤthig<lb/>ſelbige entweder rege zu machen oder fuͤrzuſt el-<lb/>
len oder zu unterdrucken. Jeden affect re ge<lb/>
zu machen, muß man uͤberlegen, ſeine Morali-<lb/>ſche und Phyſicaliſche beſchaffenheit, wie er<lb/>ſich zu unſerer ſache und uͤbrigen umſtaͤnden<lb/>ſchicke, ins beſondere, wie ſich der zuhoͤrer dazu<lb/>
diſponiret befinde; nachgehends ſucht man<lb/>
nicht eben allemahl grade auf den affect durch-<lb/>
zudringen, und ihn zu erregen, ſondern man<lb/>
macht ſich etwan zufoͤrderſt an die mit ihm ver-<lb/>
bundene neben-affecten; man ſucht den zuhoͤ-<lb/>
rer immer bey der ſache zu erhalten, ſeiner auf-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">J 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">merck-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[133/0151]
von bewegungs-gruͤnden.
a⁾
nen harpax einen ehrgeitzigen einen feuerfax,
und einen wolluͤſtigen einen flirax nennete
einen menſchen aber, wo alle drey haupt-affe-
cten in groſſer kraft, raſeten, mit dem nahmen
des fuͤnften temperaments, nemlich eines ge-
ſchoſſenen bechrete. Und ich geſtehe, daß bey
dieſer letzteren art leute, man faſt an der kraft
der beredſamkeit deſperiren moͤchte.
b⁾ Das wiſſen unſere diſputier-meiſter und ſonſt
die windmacher wohl zu practiciren. Denn
wann ſie mit einem hauffen ſtudenten zu thun
haben, ſo erwegen ſie leicht, daß die meiſten ſtu-
denten wolluͤſtig ſeyn, und alſo reden ſie ihnen
auch lauter ſolche artige einfaͤlle und angeneh-
me ſachen fuͤr, daß ſie ohnſchwer den andern,
mit allen ſeinen neuen wahrheiten zum gelaͤch-
ter machen, und das praͤ behalten.
§. 15. Aus den benannten haupt-affecten
entſpringen allerhand neben-affecten und re-
gungen des willens, deren natur und beſchaf-
fenheit aus der Moral und erfahrung man ſich
bekannt zu machen. Jm reden iſt es noͤthig
ſelbige entweder rege zu machen oder fuͤrzuſt el-
len oder zu unterdrucken. Jeden affect re ge
zu machen, muß man uͤberlegen, ſeine Morali-
ſche und Phyſicaliſche beſchaffenheit, wie er
ſich zu unſerer ſache und uͤbrigen umſtaͤnden
ſchicke, ins beſondere, wie ſich der zuhoͤrer dazu
diſponiret befinde; nachgehends ſucht man
nicht eben allemahl grade auf den affect durch-
zudringen, und ihn zu erregen, ſondern man
macht ſich etwan zufoͤrderſt an die mit ihm ver-
bundene neben-affecten; man ſucht den zuhoͤ-
rer immer bey der ſache zu erhalten, ſeiner auf-
merck-
J 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/151>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.