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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von den erläuterungs-gründen.
Z. e. Jch rühmte eine aufrichtge fröimmigkeit,
so könte ich füglich den heuchler
abschildern,
wann ich alle die eigenschaften fürbildete, da-
mit er sich etwan verriethe: Z. e. ich sagte:
Man sehe doch, wie der heuchler dort in der
kirche an dem fenster seiner capelle stehet, die
hände aufbehet und die augen verdrehet, wie
er bier in seiner behausung die fenster öfnet,
auf die knie fällt und gantze stunden betet,
man höre nur, wie er in gesellschaft von tu-
gend, von ehrlichkeit, frömmigkeit und der-
gleichen unvergleichlich wohl zu reden weiß,
man erwege, wie er allenthalben, merckmahle
seiner selbstverläugnung geben will, er isset
und trincket sich nicht satt, er trägt einen
kahlen abgenutzten rock, er spielet weder
l'om-
bre,
noch rommelpiquet, noch bassette, er will
kein frauens-mensch ansehen, er gebt zu kei-
nem schmause, ist der musick spinnefeind,
hielt es für todtsünde, wann er einmahl dem
frauenzimmer ein ständgen bringen solte, etc.
Dieß alles ist nicht so schlechthin zuverwerf-
fen: Aber nun wollen wir ihn auch auf der an-
dern seite beleuchten, wie sieht es in seinem her-
tzen, ia nur in seiner kammer und haußhaltung
aus? Seine arme frau und kinder müssen
covent trincken, wann er so lange krnmme
griffe macht, als ihn die leute mit bouteillen
wein beschencken, welche er ins geheim nicht
so wohl seines schwachen magens als vielmehr
des guten geschmacks wegen, ohne iemandes
gesundheit zu trincken ausleeret, sein gesinde
bringt er ums verdiente lohn und brodt, wann
der laquais keinen kuppler abgeben und die
magd aus furcht für einer frühzeitigen ver-
mehrung des menschlichen geschlechts, nicht
mehr in seiner anwesenheit sein schlafgemach
betreten will, insgeheim redet er von allen

leu-
von den erlaͤuterungs-gruͤnden.
Z. e. Jch ruͤhmte eine aufrichtge froͤimmigkeit,
ſo koͤnte ich fuͤglich den heuchler
abſchildern,
wann ich alle die eigenſchaften fuͤrbildete, da-
mit er ſich etwan verriethe: Z. e. ich ſagte:
Man ſehe doch, wie der heuchler dort in der
kirche an dem fenſter ſeiner capelle ſtehet, die
haͤnde aufbehet und die augen verdrehet, wie
er bier in ſeiner behauſung die fenſter oͤfnet,
auf die knie faͤllt und gantze ſtunden betet,
man hoͤre nur, wie er in geſellſchaft von tu-
gend, von ehrlichkeit, froͤmmigkeit und der-
gleichen unvergleichlich wohl zu reden weiß,
man erwege, wie er allenthalben, merckmahle
ſeiner ſelbſtverlaͤugnung geben will, er iſſet
und trincket ſich nicht ſatt, er traͤgt einen
kahlen abgenutzten rock, er ſpielet weder
l’om-
bre,
noch rommelpiquet, noch baſſette, er will
kein frauens-menſch anſehen, er gebt zu kei-
nem ſchmauſe, iſt der muſick ſpinnefeind,
hielt es fuͤr todtſuͤnde, wann er einmahl dem
frauenzimmer ein ſtaͤndgen bringen ſolte, ꝛc.
Dieß alles iſt nicht ſo ſchlechthin zuverwerf-
fen: Aber nun wollen wir ihn auch auf der an-
dern ſeite beleuchtẽ, wie ſieht es in ſeinem her-
tzen, ia nur in ſeiner kammer und haußhaltung
aus? Seine arme frau und kinder muͤſſen
covent trincken, wann er ſo lange krnmme
griffe macht, als ihn die leute mit bouteillen
wein beſchencken, welche er ins geheim nicht
ſo wohl ſeines ſchwachen magens als vielmehr
des guten geſchmacks wegen, ohne iemandes
geſundheit zu trincken ausleeret, ſein geſinde
bringt er ums verdiente lohn und brodt, wann
der laquais keinen kuppler abgeben und die
magd aus furcht fuͤr einer fruͤhzeitigen ver-
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mehr in ſeiner anweſenheit ſein ſchlafgemach
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[116/0134] von den erlaͤuterungs-gruͤnden. Z. e. Jch ruͤhmte eine aufrichtge froͤimmigkeit, ſo koͤnte ich fuͤglich den heuchler abſchildern, wann ich alle die eigenſchaften fuͤrbildete, da- mit er ſich etwan verriethe: Z. e. ich ſagte: Man ſehe doch, wie der heuchler dort in der kirche an dem fenſter ſeiner capelle ſtehet, die haͤnde aufbehet und die augen verdrehet, wie er bier in ſeiner behauſung die fenſter oͤfnet, auf die knie faͤllt und gantze ſtunden betet, man hoͤre nur, wie er in geſellſchaft von tu- gend, von ehrlichkeit, froͤmmigkeit und der- gleichen unvergleichlich wohl zu reden weiß, man erwege, wie er allenthalben, merckmahle ſeiner ſelbſtverlaͤugnung geben will, er iſſet und trincket ſich nicht ſatt, er traͤgt einen kahlen abgenutzten rock, er ſpielet weder l’om- bre, noch rommelpiquet, noch baſſette, er will kein frauens-menſch anſehen, er gebt zu kei- nem ſchmauſe, iſt der muſick ſpinnefeind, hielt es fuͤr todtſuͤnde, wann er einmahl dem frauenzimmer ein ſtaͤndgen bringen ſolte, ꝛc. Dieß alles iſt nicht ſo ſchlechthin zuverwerf- fen: Aber nun wollen wir ihn auch auf der an- dern ſeite beleuchtẽ, wie ſieht es in ſeinem her- tzen, ia nur in ſeiner kammer und haußhaltung aus? Seine arme frau und kinder muͤſſen covent trincken, wann er ſo lange krnmme griffe macht, als ihn die leute mit bouteillen wein beſchencken, welche er ins geheim nicht ſo wohl ſeines ſchwachen magens als vielmehr des guten geſchmacks wegen, ohne iemandes geſundheit zu trincken ausleeret, ſein geſinde bringt er ums verdiente lohn und brodt, wann der laquais keinen kuppler abgeben und die magd aus furcht fuͤr einer fruͤhzeitigen ver- mehrung des menſchlichen geſchlechts, nicht mehr in ſeiner anweſenheit ſein ſchlafgemach betreten will, insgeheim redet er von allen leu-

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/134>, abgerufen am 24.11.2024.