§. 34. Man kan sich begnügen lassen, wann man die wahrheit eines satzes recht ausgefüh- ret, und kan sicher glauben, daß man durch sol- che vorstellung die gehofte würckung erhalten könne. Doch ist zuweilen nöthig die entgegen gesetzten meinungenund gründe zu wiederlegen, wann nemlich würcklich contraire sätze von ei- nigen vertheidiget werden, wann dieselben ei- nen grossen anhang haben, und dennoch in an- sehung des verstandes und des willens grossen schaden thun, und wenn man glauben darf, es werde ihre anführung und gezeigte blösse, den zuhörer auf die rechte meinung führen, darinn bekräftigen und also von einigen nutzen seyn. Und dieses heisset man argumenta a contra- rio, von deren gebrauch in der erläuterung siehe folgendes capitel.
Also ist es lächerlich iemand wiederlegen, wo nie- mand das gegentheil statuiret: Oder ohne unterschied remotiue gehen: Oder etwas wie- derlegen, daran niemanden etwas gelegen, man mags glauben oder nicht: Oder da wieder man keine kräftige gründe anführen kan etc. S. Ri- dig. S. V. & F. L. IIII. Cap. IIII.§. 38.
§. 35. Man wiederleget bey so bestallten sa- chen, anderer leute der unsern entgegen gesetzte meinung, entweder nach der wahrheit, aus de- nen von uns festgestellten und ausgemachten gründen, es mögen nun diese gründe von dem gegner angenommen werden oder nicht:a) Oder aus denen grund-sätzen welche wir zu beyden theilen, annehmen und deren zusammenhang mit
unsers
von den beweiß-gruͤnden
§. 34. Man kan ſich begnuͤgen laſſen, wann man die wahrheit eines ſatzes recht ausgefuͤh- ret, und kan ſicher glauben, daß man durch ſol- che vorſtellung die gehofte wuͤrckung erhalten koͤnne. Doch iſt zuweilen noͤthig die entgegen geſetzten meinungenund gꝛuͤnde zu wiederlegen, wann nemlich wuͤrcklich contraire ſaͤtze von ei- nigen vertheidiget werden, wann dieſelben ei- nen groſſen anhang haben, und dennoch in an- ſehung des verſtandes und des willens groſſen ſchaden thun, und wenn man glauben darf, es werde ihre anfuͤhrung und gezeigte bloͤſſe, den zuhoͤrer auf die rechte meinung fuͤhren, darinn bekraͤftigen und alſo von einigen nutzen ſeyn. Und dieſes heiſſet man argumenta a contra- rio, von deren gebrauch in der erlaͤuterung ſiehe folgendes capitel.
Alſo iſt es laͤcherlich iemand wiederlegen, wo nie- mand das gegentheil ſtatuiret: Oder ohne unterſchied remotiue gehen: Oder etwas wie- derlegen, daran niemanden etwas gelegen, man mags glauben oder nicht: Oder da wieder man keine kraͤftige gruͤnde anfuͤhren kan ꝛc. S. Ri- dig. S. V. & F. L. IIII. Cap. IIII.§. 38.
§. 35. Man wiederleget bey ſo beſtallten ſa- chen, anderer leute der unſern entgegen geſetzte meinung, entweder nach der wahrheit, aus de- nen von uns feſtgeſtellten und ausgemachten gruͤnden, es moͤgen nun dieſe gruͤnde von dem gegner angenom̃en werden oder nicht:a) Oder aus denen grund-ſaͤtzen welche wir zu beyden theilen, annehmen und deren zuſam̃enhang mit
unſers
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von den beweiß-gruͤnden
§. 34. Man kan ſich begnuͤgen laſſen, wann
man die wahrheit eines ſatzes recht ausgefuͤh-
ret, und kan ſicher glauben, daß man durch ſol-
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koͤnne. Doch iſt zuweilen noͤthig die entgegen
geſetzten meinungenund gꝛuͤnde zu wiederlegen,
wann nemlich wuͤrcklich contraire ſaͤtze von ei-
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nen groſſen anhang haben, und dennoch in an-
ſehung des verſtandes und des willens groſſen
ſchaden thun, und wenn man glauben darf, es
werde ihre anfuͤhrung und gezeigte bloͤſſe, den
zuhoͤrer auf die rechte meinung fuͤhren, darinn
bekraͤftigen und alſo von einigen nutzen ſeyn.
Und dieſes heiſſet man argumenta a contra-
rio, von deren gebrauch in der erlaͤuterung ſiehe
folgendes capitel.
Alſo iſt es laͤcherlich iemand wiederlegen, wo nie-
mand das gegentheil ſtatuiret: Oder ohne
unterſchied remotiue gehen: Oder etwas wie-
derlegen, daran niemanden etwas gelegen, man
mags glauben oder nicht: Oder da wieder man
keine kraͤftige gruͤnde anfuͤhren kan ꝛc. S. Ri-
dig. S. V. & F. L. IIII. Cap. IIII. §. 38.
§. 35. Man wiederleget bey ſo beſtallten ſa-
chen, anderer leute der unſern entgegen geſetzte
meinung, entweder nach der wahrheit, aus de-
nen von uns feſtgeſtellten und ausgemachten
gruͤnden, es moͤgen nun dieſe gruͤnde von dem
gegner angenom̃en werden oder nicht:
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Oder
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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/110>, abgerufen am 28.11.2024.
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