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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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II buch, XLIX haubtstück,
werbers, der erneuerung der leihe, deren aufge-
bung u. s. w.; jedoch keinesweges mit einem nuz-
baren eigentume (§ 1901, § 1902 des 1ten th.)
von Engelbrecht am a. o. s. 394 fgg., noch mit
der gewalt: darüber eigenmächtig zu gebaren,
noch sie zu verafterleihen, zu verkaufen, zu beschwe-
ren, noch diselben zu verbräutelgaben, zu zerreis-
sen, noch zu verpfänden. Die leihe, wenn sie auch
schon lehn, lihe etc. heisset, bewirket nicht, wie in
den sogenannten eigentlichen feudis, das nuzbare
eigentum; sondern die verpachtung, verheuerung
vermaierung, wird nur darunter verstanden. Die
lehnleute heissen deswegen bau-hofleute, maier,
pacht. zinß-leute, cölner, hübner, köhter, land-
sidler, heurer, hofheurer, beständer etc. Der
Kanzler Just Henning Boehmer de locatione
German.
hat allso gezeiget: daß der freihe Teut-
sche güter ausgelihen habe, und zwar bald auf
kurze, bald auf lange jare, one dem bauer das
eigentum darbei zu überlassen. An manchen or-
ten hat der mangel der gebäude verursachet, daß
man die güter auch seßhaften bauern zur leihe ge-
reichet hat, Struben de iure vill. cap. 8 § 3 s.
295 fg., von Pufendorf T. II. obs. 97 s. 401 fg.;
welche aber in disem falle keine zugehörungen des
bauernhofes werden (§ 1817), z. e. der Schenk zu
Rülberode hat zu Harhausen 2 freie güter; in er-
mangelung der eigenen häuser daselbst, hat er sie
an dasige bauern verlihen. Die hofgerichte, und
regirungen, auch beambte an vilen orten sind auf
die römische emphyteusin verfallen, one einige rück-
sicht auf die teutsche pachtarten zu nemen; da doch
die Teutsche keine römischen emphyteuses gehabt
haben. Und gesezt auch, dem bauer wäre ein
erbrecht, oder das gut zum rechten erbe ausdrück-
lich vergönnet; so ist doch dises von der römischen

emphy-

II buch, XLIX haubtſtuͤck,
werbers, der erneuerung der leihe, deren aufge-
bung u. ſ. w.; jedoch keinesweges mit einem nuz-
baren eigentume (§ 1901, § 1902 des 1ten th.)
von Engelbrecht am a. o. ſ. 394 fgg., noch mit
der gewalt: daruͤber eigenmaͤchtig zu gebaren,
noch ſie zu verafterleihen, zu verkaufen, zu beſchwe-
ren, noch diſelben zu verbraͤutelgaben, zu zerreiſ-
ſen, noch zu verpfaͤnden. Die leihe, wenn ſie auch
ſchon lehn, lihe ꝛc. heiſſet, bewirket nicht, wie in
den ſogenannten eigentlichen feudis, das nuzbare
eigentum; ſondern die verpachtung, verheuerung
vermaierung, wird nur darunter verſtanden. Die
lehnleute heiſſen deswegen bau-hofleute, maier,
pacht. zinß-leute, coͤlner, huͤbner, koͤhter, land-
ſidler, heurer, hofheurer, beſtaͤnder ꝛc. Der
Kanzler Juſt Henning Boehmer de locatione
German.
hat allſo gezeiget: daß der freihe Teut-
ſche guͤter ausgelihen habe, und zwar bald auf
kurze, bald auf lange jare, one dem bauer das
eigentum darbei zu uͤberlaſſen. An manchen or-
ten hat der mangel der gebaͤude verurſachet, daß
man die guͤter auch ſeßhaften bauern zur leihe ge-
reichet hat, Struben de iure vill. cap. 8 § 3 ſ.
295 fg., von Pufendorf T. II. obſ. 97 ſ. 401 fg.;
welche aber in diſem falle keine zugehoͤrungen des
bauernhofes werden (§ 1817), z. e. der Schenk zu
Ruͤlberode hat zu Harhauſen 2 freie guͤter; in er-
mangelung der eigenen haͤuſer daſelbſt, hat er ſie
an daſige bauern verlihen. Die hofgerichte, und
regirungen, auch beambte an vilen orten ſind auf
die roͤmiſche emphyteuſin verfallen, one einige ruͤck-
ſicht auf die teutſche pachtarten zu nemen; da doch
die Teutſche keine roͤmiſchen emphyteuſes gehabt
haben. Und geſezt auch, dem bauer waͤre ein
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[826/0850] II buch, XLIX haubtſtuͤck, werbers, der erneuerung der leihe, deren aufge- bung u. ſ. w.; jedoch keinesweges mit einem nuz- baren eigentume (§ 1901, § 1902 des 1ten th.) von Engelbrecht am a. o. ſ. 394 fgg., noch mit der gewalt: daruͤber eigenmaͤchtig zu gebaren, noch ſie zu verafterleihen, zu verkaufen, zu beſchwe- ren, noch diſelben zu verbraͤutelgaben, zu zerreiſ- ſen, noch zu verpfaͤnden. Die leihe, wenn ſie auch ſchon lehn, lihe ꝛc. heiſſet, bewirket nicht, wie in den ſogenannten eigentlichen feudis, das nuzbare eigentum; ſondern die verpachtung, verheuerung vermaierung, wird nur darunter verſtanden. Die lehnleute heiſſen deswegen bau-hofleute, maier, pacht. zinß-leute, coͤlner, huͤbner, koͤhter, land- ſidler, heurer, hofheurer, beſtaͤnder ꝛc. Der Kanzler Juſt Henning Boehmer de locatione German. hat allſo gezeiget: daß der freihe Teut- ſche guͤter ausgelihen habe, und zwar bald auf kurze, bald auf lange jare, one dem bauer das eigentum darbei zu uͤberlaſſen. An manchen or- ten hat der mangel der gebaͤude verurſachet, daß man die guͤter auch ſeßhaften bauern zur leihe ge- reichet hat, Struben de iure vill. cap. 8 § 3 ſ. 295 fg., von Pufendorf T. II. obſ. 97 ſ. 401 fg.; welche aber in diſem falle keine zugehoͤrungen des bauernhofes werden (§ 1817), z. e. der Schenk zu Ruͤlberode hat zu Harhauſen 2 freie guͤter; in er- mangelung der eigenen haͤuſer daſelbſt, hat er ſie an daſige bauern verlihen. Die hofgerichte, und regirungen, auch beambte an vilen orten ſind auf die roͤmiſche emphyteuſin verfallen, one einige ruͤck- ſicht auf die teutſche pachtarten zu nemen; da doch die Teutſche keine roͤmiſchen emphyteuſes gehabt haben. Und geſezt auch, dem bauer waͤre ein erbrecht, oder das gut zum rechten erbe ausdruͤck- lich vergoͤnnet; ſo iſt doch diſes von der roͤmiſchen emphy-

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 826. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/850>, abgerufen am 22.11.2024.