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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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von ösfentl. gebäuden, und arbeitsh.
I, Boehmer T. II P. II decis. 932 n. 2, 3 s. 624.
Jm monate nov. 1756 kam bei uns der rechtsstreit
aus der stadt W. für, allwo zeither kein eigentli-
ches rahthaus gewesen war; sondern der stadtraht
hatte sich jederzeit bei dem regirenden bürgermeister
versammlet. Die bürgermeister, und raht daselbst
hatten zu disem behufe ein haus erkaufet, und das
gelt darzu anlehnsweise bei einem handelsmanne da-
selbst im jare 1746 aufgenommen. Der haubt-
stuhl, samt dem interesse, sollte nach, und nach,
alljärlich mit 200 rthlr. aus der stadtkämmerei wi-
der abgestossen werden; immittels aber war vom
stadtrahte das sogenannte neue rahthaus dem gläu-
biger unterpfändlich verschriben worden. Der
gläubiger wollte bezalet seyn. Er nam die bür-
germeister, und den stadtraht in anspruch. Diser
wollte die schuld aus der stadtkämmerei abstossen.
Allein die bürgerschaft kam mit ein, und war des
anlehnes, als einer schuld der stadt, abredig, da
solches mit irer gehelung nicht aufgenommen wor-
den; mithin solche zu bezalen nicht schuldig sey,
Lauterbach im comm. ad L. 27 p. de reb. cred.
cap.
2 § 7 s. 8 s. 9. Daher wurde erkannt: daß
der stadtraht sotanes capital, samt dem rück-
ständigen interesse, aus der stadtkämmerei zu beza-
len nicht besugt wäre; sondern der kläger sich so-
wohl an das mit seinem gelte erkaufete, und ihm
unterpfändlich verschribene neue rahthaus, als auch
an dijenigen bürgermeister, schoeffen, rahtsver-
wandten, auch gildemeister der stadt, oder deren
erben, welche die pfandverschreibung ausgestellet
hätten, wegen seines anlehnes, des interesse, und
der unkosten zu halten pflichtig sey; es könnte dann
der beklagte stadtraht etc binnen monatsfrist sein
fürgeben: daß nämlich der landesherr entweder in
die ankaufung, oder erbauung, oder in die verpfän-

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von oͤſfentl. gebaͤuden, und arbeitsh.
I, Boehmer T. II P. II deciſ. 932 n. 2, 3 ſ. 624.
Jm monate nov. 1756 kam bei uns der rechtsſtreit
aus der ſtadt W. fuͤr, allwo zeither kein eigentli-
ches rahthaus geweſen war; ſondern der ſtadtraht
hatte ſich jederzeit bei dem regirenden buͤrgermeiſter
verſammlet. Die buͤrgermeiſter, und raht daſelbſt
hatten zu diſem behufe ein haus erkaufet, und das
gelt darzu anlehnsweiſe bei einem handelsmanne da-
ſelbſt im jare 1746 aufgenommen. Der haubt-
ſtuhl, ſamt dem intereſſe, ſollte nach, und nach,
alljaͤrlich mit 200 rthlr. aus der ſtadtkaͤmmerei wi-
der abgeſtoſſen werden; immittels aber war vom
ſtadtrahte das ſogenannte neue rahthaus dem glaͤu-
biger unterpfaͤndlich verſchriben worden. Der
glaͤubiger wollte bezalet ſeyn. Er nam die buͤr-
germeiſter, und den ſtadtraht in anſpruch. Diſer
wollte die ſchuld aus der ſtadtkaͤmmerei abſtoſſen.
Allein die buͤrgerſchaft kam mit ein, und war des
anlehnes, als einer ſchuld der ſtadt, abredig, da
ſolches mit irer gehelung nicht aufgenommen wor-
den; mithin ſolche zu bezalen nicht ſchuldig ſey,
Lauterbach im comm. ad L. 27 π. de reb. cred.
cap.
2 § 7 ſ. 8 ſ. 9. Daher wurde erkannt: daß
der ſtadtraht ſotanes capital, ſamt dem ruͤck-
ſtaͤndigen intereſſe, aus der ſtadtkaͤmmerei zu beza-
len nicht beſugt waͤre; ſondern der klaͤger ſich ſo-
wohl an das mit ſeinem gelte erkaufete, und ihm
unterpfaͤndlich verſchribene neue rahthaus, als auch
an dijenigen buͤrgermeiſter, ſchoeffen, rahtsver-
wandten, auch gildemeiſter der ſtadt, oder deren
erben, welche die pfandverſchreibung ausgeſtellet
haͤtten, wegen ſeines anlehnes, des intereſſe, und
der unkoſten zu halten pflichtig ſey; es koͤnnte dann
der beklagte ſtadtraht ꝛc binnen monatsfriſt ſein
fuͤrgeben: daß naͤmlich der landesherr entweder in
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[777/0801] von oͤſfentl. gebaͤuden, und arbeitsh. I, Boehmer T. II P. II deciſ. 932 n. 2, 3 ſ. 624. Jm monate nov. 1756 kam bei uns der rechtsſtreit aus der ſtadt W. fuͤr, allwo zeither kein eigentli- ches rahthaus geweſen war; ſondern der ſtadtraht hatte ſich jederzeit bei dem regirenden buͤrgermeiſter verſammlet. Die buͤrgermeiſter, und raht daſelbſt hatten zu diſem behufe ein haus erkaufet, und das gelt darzu anlehnsweiſe bei einem handelsmanne da- ſelbſt im jare 1746 aufgenommen. Der haubt- ſtuhl, ſamt dem intereſſe, ſollte nach, und nach, alljaͤrlich mit 200 rthlr. aus der ſtadtkaͤmmerei wi- der abgeſtoſſen werden; immittels aber war vom ſtadtrahte das ſogenannte neue rahthaus dem glaͤu- biger unterpfaͤndlich verſchriben worden. Der glaͤubiger wollte bezalet ſeyn. Er nam die buͤr- germeiſter, und den ſtadtraht in anſpruch. Diſer wollte die ſchuld aus der ſtadtkaͤmmerei abſtoſſen. Allein die buͤrgerſchaft kam mit ein, und war des anlehnes, als einer ſchuld der ſtadt, abredig, da ſolches mit irer gehelung nicht aufgenommen wor- den; mithin ſolche zu bezalen nicht ſchuldig ſey, Lauterbach im comm. ad L. 27 π. de reb. cred. cap. 2 § 7 ſ. 8 ſ. 9. Daher wurde erkannt: daß der ſtadtraht ſotanes capital, ſamt dem ruͤck- ſtaͤndigen intereſſe, aus der ſtadtkaͤmmerei zu beza- len nicht beſugt waͤre; ſondern der klaͤger ſich ſo- wohl an das mit ſeinem gelte erkaufete, und ihm unterpfaͤndlich verſchribene neue rahthaus, als auch an dijenigen buͤrgermeiſter, ſchoeffen, rahtsver- wandten, auch gildemeiſter der ſtadt, oder deren erben, welche die pfandverſchreibung ausgeſtellet haͤtten, wegen ſeines anlehnes, des intereſſe, und der unkoſten zu halten pflichtig ſey; es koͤnnte dann der beklagte ſtadtraht ꝛc binnen monatsfriſt ſein fuͤrgeben: daß naͤmlich der landesherr entweder in die ankaufung, oder erbauung, oder in die verpfaͤn- dung C c c 5

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 777. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/801>, abgerufen am 22.11.2024.