Dise frage entstehet öfters: ob die vorkinder dieob das geschwi- ster einander beerbet? nachkinder, im zweiffel, beerben; folglich unter sich succediren können; besonders, wenn die gesäze, auch gedinge ermangeln. Nach der alten einkindschaft ist die frage zu bejahen. Nach der neuen aber nicht. Der errungenschaft halber ist nach der al- ten gleichfalls zu behaubten: daß sie auch darzu gehöre. Bei der neuen wird nur gesehen: was zur zeit der einkindschaft, oder der hochzeit vorhan- den gewesen ist. Was aber nachher noch anfäl- let, bleibet iedem frei (§ 920 des 1ten th.), Kur- Mainzisches landr. tit. 2 § 16 s. 5. Jnhalts der Hailbronnischen statuten tit. 21 th. III nemen die kinder erster ehe, oder gemachete, nach absterben der aeltern, iren voraus, und alle güter, welche bei leben irer angenommenen väter, oder mütter, den- selben kindern, und iren gesipten anerstorben, und sonst durch lezte willen, schenkung, oder auf eine an- dere weise angefallen, und zugestanden wären, vor- aus, und alsdann erben sie den gemacheten vater, oder die mutter, wie andere derselben natürliche, und eheliche kinder; imgleichen beerben auch die gema- chete aeltern die eingeschafteten, neben derselben na- türlichen geschwister, und erben. Auf der kinder erster ehe freunde, in aufsteigender, oder seitenlinie, und deren nachlaß, erstrecket sich die einkindschaft nicht, fol. 27. Dise frage wurde im Hohenlohi- schen, nach absterben eines vorkindes, vor einigen jaren bestritten, da das nachgeschwister erben woll- te. Das neue Kur-Mainzische landrecht tit. 2, § 18 s. 5 schlüsset dise erbfolge gleichfalls aus. Wie nicht minder der Reichsstadt Hailbronn, in Schwa- ben, statuten, sazung, reformation etc vom jare 1541 fol. th. III tit. XXI schlüssen die gemacheten kinder
von
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u. einſez. zum rechten vater od. mutter.
§ 909
Diſe frage entſtehet oͤfters: ob die vorkinder dieob das geſchwi- ſter einander beerbet? nachkinder, im zweiffel, beerben; folglich unter ſich ſuccediren koͤnnen; beſonders, wenn die geſaͤze, auch gedinge ermangeln. Nach der alten einkindſchaft iſt die frage zu bejahen. Nach der neuen aber nicht. Der errungenſchaft halber iſt nach der al- ten gleichfalls zu behaubten: daß ſie auch darzu gehoͤre. Bei der neuen wird nur geſehen: was zur zeit der einkindſchaft, oder der hochzeit vorhan- den geweſen iſt. Was aber nachher noch anfaͤl- let, bleibet iedem frei (§ 920 des 1ten th.), Kur- Mainziſches landr. tit. 2 § 16 ſ. 5. Jnhalts der Hailbronniſchen ſtatuten tit. 21 th. III nemen die kinder erſter ehe, oder gemachete, nach abſterben der aeltern, iren voraus, und alle guͤter, welche bei leben irer angenommenen vaͤter, oder muͤtter, den- ſelben kindern, und iren geſipten anerſtorben, und ſonſt durch lezte willen, ſchenkung, oder auf eine an- dere weiſe angefallen, und zugeſtanden waͤren, vor- aus, und alsdann erben ſie den gemacheten vater, oder die mutter, wie andere derſelben natuͤrliche, und eheliche kinder; imgleichen beerben auch die gema- chete aeltern die eingeſchafteten, neben derſelben na- tuͤrlichen geſchwiſter, und erben. Auf der kinder erſter ehe freunde, in aufſteigender, oder ſeitenlinie, und deren nachlaß, erſtrecket ſich die einkindſchaft nicht, fol. 27. Diſe frage wurde im Hohenlohi- ſchen, nach abſterben eines vorkindes, vor einigen jaren beſtritten, da das nachgeſchwiſter erben woll- te. Das neue Kur-Mainziſche landrecht tit. 2, § 18 ſ. 5 ſchluͤſſet diſe erbfolge gleichfalls aus. Wie nicht minder der Reichsſtadt Hailbronn, in Schwa- ben, ſtatuten, ſazung, reformation ꝛc vom jare 1541 fol. th. III tit. XXI ſchluͤſſen die gemacheten kinder
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u. einſez. zum rechten vater od. mutter.
§ 909
Diſe frage entſtehet oͤfters: ob die vorkinder die
nachkinder, im zweiffel, beerben; folglich unter ſich
ſuccediren koͤnnen; beſonders, wenn die geſaͤze, auch
gedinge ermangeln. Nach der alten einkindſchaft
iſt die frage zu bejahen. Nach der neuen aber
nicht. Der errungenſchaft halber iſt nach der al-
ten gleichfalls zu behaubten: daß ſie auch darzu
gehoͤre. Bei der neuen wird nur geſehen: was
zur zeit der einkindſchaft, oder der hochzeit vorhan-
den geweſen iſt. Was aber nachher noch anfaͤl-
let, bleibet iedem frei (§ 920 des 1ten th.), Kur-
Mainziſches landr. tit. 2 § 16 ſ. 5. Jnhalts der
Hailbronniſchen ſtatuten tit. 21 th. III nemen die
kinder erſter ehe, oder gemachete, nach abſterben
der aeltern, iren voraus, und alle guͤter, welche bei
leben irer angenommenen vaͤter, oder muͤtter, den-
ſelben kindern, und iren geſipten anerſtorben, und
ſonſt durch lezte willen, ſchenkung, oder auf eine an-
dere weiſe angefallen, und zugeſtanden waͤren, vor-
aus, und alsdann erben ſie den gemacheten vater,
oder die mutter, wie andere derſelben natuͤrliche, und
eheliche kinder; imgleichen beerben auch die gema-
chete aeltern die eingeſchafteten, neben derſelben na-
tuͤrlichen geſchwiſter, und erben. Auf der kinder
erſter ehe freunde, in aufſteigender, oder ſeitenlinie,
und deren nachlaß, erſtrecket ſich die einkindſchaft
nicht, fol. 27. Diſe frage wurde im Hohenlohi-
ſchen, nach abſterben eines vorkindes, vor einigen
jaren beſtritten, da das nachgeſchwiſter erben woll-
te. Das neue Kur-Mainziſche landrecht tit. 2,
§ 18 ſ. 5 ſchluͤſſet diſe erbfolge gleichfalls aus. Wie
nicht minder der Reichsſtadt Hailbronn, in Schwa-
ben, ſtatuten, ſazung, reformation ꝛc vom jare 1541
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ob das geſchwi-
ſter einander
beerbet?
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/557>, abgerufen am 24.11.2024.
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