Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.I haubtst. von der wirklichkeit genannt; die mitschwörer; die torturen der freien,auch den unterschid zwischen laien, und geistlichen; den verlust der freiheit eines freigebornen durch die verheiratung mit einer leibeigenen dirne etc etc. Das Burgundische gesäz leget uns die mütterli- che gewalt über ire kinder, nach absterben des ehemannes; den beisiz; den nüßbrauch derselben; die teutsche verjärung von 30 jaren; die todes- sträfe der dibe, und die wiedererstattung des ge- stolenen, auch vile andere brauchbare materien vor augen. Das Westgothische gesäz leitet uns, unter andern auf die errungenschaft der eheleu- te etc; das Longobardische auf die volljärigkeit, nach zurückgelegten 18ten jare etc; das Alaman- nische auf die eheliche vormundschaft des eheman- nes über seine ehefrau; nicht minder auf die va- sallen, die beschreinung der 4 wände von den neu- gebornen kindern etc. Das Frisische gesäz ver- bitet die ungleichen ehen; erläutert die pfandun- gen; verstattet dem ehemanne die bestrafung des ehebrechers, wenn er ihn bei dem eheweibe antraf, und zwar mit der ertödung. Nicht minder fin- den sich nüzliche materien in den capitularien der fränkischen Könige, von staats- gemeinen, weltlichen, und geistlichen sachen, auch in den übrigen alten teutschen gesäzen, wie solches in der § 1 angezoge- nen Hofmannischen abhandelung bemerket wor- den ist; mithin erhält hirdurch der obige irrwahn seine abfertigung. Jnzwischen ergibet sich hiraus so vil: daß die alte Teutsche ebenfalls haben ver- nünftige, und gescheide gesäze machen, auch gewon- heiten einfüren können, welche mit irer denkungs- art; darnebst mit irer natur, beschaffenheit, auch verfassung des vaterlandes, übereinkommen muss- ten. Nach erloschenem carolingischen stamme be- halffen sich die Teutsche merenteils mit iren gewon-
I haubtſt. von der wirklichkeit genannt; die mitſchwoͤrer; die torturen der freien,auch den unterſchid zwiſchen laien, und geiſtlichen; den verluſt der freiheit eines freigebornen durch die verheiratung mit einer leibeigenen dirne ꝛc ꝛc. Das Burgundiſche geſaͤz leget uns die muͤtterli- che gewalt uͤber ire kinder, nach abſterben des ehemannes; den beiſiz; den nuͤßbrauch derſelben; die teutſche verjaͤrung von 30 jaren; die todes- ſtraͤfe der dibe, und die wiedererſtattung des ge- ſtolenen, auch vile andere brauchbare materien vor augen. Das Weſtgothiſche geſaͤz leitet uns, unter andern auf die errungenſchaft der eheleu- te ꝛc; das Longobardiſche auf die volljaͤrigkeit, nach zuruͤckgelegten 18ten jare ꝛc; das Alaman- niſche auf die eheliche vormundſchaft des eheman- nes uͤber ſeine ehefrau; nicht minder auf die va- ſallen, die beſchreinung der 4 waͤnde von den neu- gebornen kindern ꝛc. Das Friſiſche geſaͤz ver- bitet die ungleichen ehen; erlaͤutert die pfandun- gen; verſtattet dem ehemanne die beſtrafung des ehebrechers, wenn er ihn bei dem eheweibe antraf, und zwar mit der ertoͤdung. Nicht minder fin- den ſich nuͤzliche materien in den capitularien der fraͤnkiſchen Koͤnige, von ſtaats- gemeinen, weltlichen, und geiſtlichen ſachen, auch in den uͤbrigen alten teutſchen geſaͤzen, wie ſolches in der § 1 angezoge- nen Hofmanniſchen abhandelung bemerket wor- den iſt; mithin erhaͤlt hirdurch der obige irrwahn ſeine abfertigung. Jnzwiſchen ergibet ſich hiraus ſo vil: daß die alte Teutſche ebenfalls haben ver- nuͤnftige, und geſcheide geſaͤze machen, auch gewon- heiten einfuͤren koͤnnen, welche mit irer denkungs- art; darnebſt mit irer natur, beſchaffenheit, auch verfaſſung des vaterlandes, uͤbereinkommen muſſ- ten. Nach erloſchenem carolingiſchen ſtamme be- halffen ſich die Teutſche merenteils mit iren gewon-
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I haubtſt. von der wirklichkeit
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auch den unterſchid zwiſchen laien, und geiſtlichen;
den verluſt der freiheit eines freigebornen durch
die verheiratung mit einer leibeigenen dirne ꝛc ꝛc.
Das Burgundiſche geſaͤz leget uns die muͤtterli-
che gewalt uͤber ire kinder, nach abſterben des
ehemannes; den beiſiz; den nuͤßbrauch derſelben;
die teutſche verjaͤrung von 30 jaren; die todes-
ſtraͤfe der dibe, und die wiedererſtattung des ge-
ſtolenen, auch vile andere brauchbare materien
vor augen. Das Weſtgothiſche geſaͤz leitet uns,
unter andern auf die errungenſchaft der eheleu-
te ꝛc; das Longobardiſche auf die volljaͤrigkeit,
nach zuruͤckgelegten 18ten jare ꝛc; das Alaman-
niſche auf die eheliche vormundſchaft des eheman-
nes uͤber ſeine ehefrau; nicht minder auf die va-
ſallen, die beſchreinung der 4 waͤnde von den neu-
gebornen kindern ꝛc. Das Friſiſche geſaͤz ver-
bitet die ungleichen ehen; erlaͤutert die pfandun-
gen; verſtattet dem ehemanne die beſtrafung des
ehebrechers, wenn er ihn bei dem eheweibe antraf,
und zwar mit der ertoͤdung. Nicht minder fin-
den ſich nuͤzliche materien in den capitularien der
fraͤnkiſchen Koͤnige, von ſtaats- gemeinen, weltlichen,
und geiſtlichen ſachen, auch in den uͤbrigen alten
teutſchen geſaͤzen, wie ſolches in der § 1 angezoge-
nen Hofmanniſchen abhandelung bemerket wor-
den iſt; mithin erhaͤlt hirdurch der obige irrwahn
ſeine abfertigung. Jnzwiſchen ergibet ſich hiraus
ſo vil: daß die alte Teutſche ebenfalls haben ver-
nuͤnftige, und geſcheide geſaͤze machen, auch gewon-
heiten einfuͤren koͤnnen, welche mit irer denkungs-
art; darnebſt mit irer natur, beſchaffenheit, auch
verfaſſung des vaterlandes, uͤbereinkommen muſſ-
ten. Nach erloſchenem carolingiſchen ſtamme be-
halffen ſich die Teutſche merenteils mit iren
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Zitationshilfe: | Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/40>, abgerufen am 16.02.2025. |