den Römern, und deren strenge, haben vorwalten lassen, auch dises noch in vielen handelungen thun, wie z. e. die gedinge; die gewalt der ältern über ire kinder; die leibeigenschaft, und vile an- dere geschäfte ausweissen; so ist dennoch ausge- machet, und die erfarung lehret es: daß die teut- sche rechte durchgängig kein blosses vernunftrecht seynd. Die bestimmungen, zusäze, abänderun- gen etc der gesäzgeber, und dasjenige, was durch die sitten, die gerichts- und andere bräuche, das herkommen, auch vermittels der gewonheiten dar- nebst eingefüret wird, sind keinesweges ausflüsse des blossen naturrechtes, noch reichet dises zu; es müssen menschliche, geistliche, und weltliche gesäze mit den gehörigen zwangsmitteln verknüpfet, und in einem staate verkündet werden. Dise bewerk- stelligen also ein positives recht, welches in einem staate nöhtig ist; nicht minder werden die gerichte im bürgerlichen zustande erfodert, damit die gute ordnung, recht und gerechtigkeit gehandhabet wer- de. Die bürgerlichen gesäze hat größtenteils die boßheit, berückung, habsucht, und der eigennuz rc der menschen verursachet. Es haben auch die men- schen im natürlichen zustande nicht bleiben wollen, noch können; welches den ursprung des bürgerli- chen regiments abgibet. Weshalber die staaten, die bürgerliche gesellschaften mit gesäzen versehen werden mußten; welches auch bei den Teutschen erfodert worden ist. Jndeß gehöret das natürli- che recht zu den quellen, und ist die haubt-grund- lage wie überhaubt der bürgerlichen gesäze; also auch der teutschen rechte; allein, wer bestimmet die handelungen im natürlichen Zustande, wie sie § 2 beniemet worden sind? Jn diesem wissen wir nichts; von gesäzlichen, oder gerichtlich bestätigten gedingen etc, wie bei den Teutschen solche angetrof-
sen
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des teutſch. rechtes, deſſen nohtwend. ꝛc.
den Roͤmern, und deren ſtrenge, haben vorwalten laſſen, auch diſes noch in vielen handelungen thun, wie z. e. die gedinge; die gewalt der aͤltern uͤber ire kinder; die leibeigenſchaft, und vile an- dere geſchaͤfte ausweiſſen; ſo iſt dennoch ausge- machet, und die erfarung lehret es: daß die teut- ſche rechte durchgaͤngig kein bloſſes vernunftrecht ſeynd. Die beſtimmungen, zuſaͤze, abaͤnderun- gen ꝛc der geſaͤzgeber, und dasjenige, was durch die ſitten, die gerichts- und andere braͤuche, das herkommen, auch vermittels der gewonheiten dar- nebſt eingefuͤret wird, ſind keinesweges ausfluͤſſe des bloſſen naturrechtes, noch reichet diſes zu; es muͤſſen menſchliche, geiſtliche, und weltliche geſaͤze mit den gehoͤrigen zwangsmitteln verknuͤpfet, und in einem ſtaate verkuͤndet werden. Diſe bewerk- ſtelligen alſo ein poſitives recht, welches in einem ſtaate noͤhtig iſt; nicht minder werden die gerichte im buͤrgerlichen zuſtande erfodert, damit die gute ordnung, recht und gerechtigkeit gehandhabet wer- de. Die buͤrgerlichen geſaͤze hat groͤßtenteils die boßheit, beruͤckung, habſucht, und der eigennuz ꝛc der menſchen verurſachet. Es haben auch die men- ſchen im natuͤrlichen zuſtande nicht bleiben wollen, noch koͤnnen; welches den urſprung des buͤrgerli- chen regiments abgibet. Weshalber die ſtaaten, die buͤrgerliche geſellſchaften mit geſaͤzen verſehen werden mußten; welches auch bei den Teutſchen erfodert worden iſt. Jndeß gehoͤret das natuͤrli- che recht zu den quellen, und iſt die haubt-grund- lage wie uͤberhaubt der buͤrgerlichen geſaͤze; alſo auch der teutſchen rechte; allein, wer beſtimmet die handelungen im natuͤrlichen Zuſtande, wie ſie § 2 beniemet worden ſind? Jn dieſem wiſſen wir nichts; von geſaͤzlichen, oder gerichtlich beſtaͤtigten gedingen ꝛc, wie bei den Teutſchen ſolche angetrof-
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des teutſch. rechtes, deſſen nohtwend. ꝛc.
den Roͤmern, und deren ſtrenge, haben vorwalten
laſſen, auch diſes noch in vielen handelungen
thun, wie z. e. die gedinge; die gewalt der aͤltern
uͤber ire kinder; die leibeigenſchaft, und vile an-
dere geſchaͤfte ausweiſſen; ſo iſt dennoch ausge-
machet, und die erfarung lehret es: daß die teut-
ſche rechte durchgaͤngig kein bloſſes vernunftrecht
ſeynd. Die beſtimmungen, zuſaͤze, abaͤnderun-
gen ꝛc der geſaͤzgeber, und dasjenige, was durch
die ſitten, die gerichts- und andere braͤuche, das
herkommen, auch vermittels der gewonheiten dar-
nebſt eingefuͤret wird, ſind keinesweges ausfluͤſſe
des bloſſen naturrechtes, noch reichet diſes zu; es
muͤſſen menſchliche, geiſtliche, und weltliche geſaͤze
mit den gehoͤrigen zwangsmitteln verknuͤpfet, und
in einem ſtaate verkuͤndet werden. Diſe bewerk-
ſtelligen alſo ein poſitives recht, welches in einem
ſtaate noͤhtig iſt; nicht minder werden die gerichte
im buͤrgerlichen zuſtande erfodert, damit die gute
ordnung, recht und gerechtigkeit gehandhabet wer-
de. Die buͤrgerlichen geſaͤze hat groͤßtenteils die
boßheit, beruͤckung, habſucht, und der eigennuz ꝛc
der menſchen verurſachet. Es haben auch die men-
ſchen im natuͤrlichen zuſtande nicht bleiben wollen,
noch koͤnnen; welches den urſprung des buͤrgerli-
chen regiments abgibet. Weshalber die ſtaaten,
die buͤrgerliche geſellſchaften mit geſaͤzen verſehen
werden mußten; welches auch bei den Teutſchen
erfodert worden iſt. Jndeß gehoͤret das natuͤrli-
che recht zu den quellen, und iſt die haubt-grund-
lage wie uͤberhaubt der buͤrgerlichen geſaͤze; alſo
auch der teutſchen rechte; allein, wer beſtimmet
die handelungen im natuͤrlichen Zuſtande, wie ſie
§ 2 beniemet worden ſind? Jn dieſem wiſſen wir
nichts; von geſaͤzlichen, oder gerichtlich beſtaͤtigten
gedingen ꝛc, wie bei den Teutſchen ſolche angetrof-
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/31>, abgerufen am 21.11.2024.
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