Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

vom teutschen tugend-adel.
fürstliche wapen gar nicht; mithin sind sie als et-
was neues allhir anzusehen.

§ 195

Bei den alten Teutschen wurde auf tugend,wie es heute zu
tage diß falles
gehalten wird?

und verdinste gesehen. Heute zu tage werden der-
gleichen leute auch noch den adelichen an verschide-
nen höfen gleich gehalten, wo nicht vorgezogen;
dahingegen ist an andern höfen der adel am bre-
te, z. e. in Frankreich, allwo einer aus den vor-
nemsten familien ersprossen seyn soll; sonst kan
er seiner verdinste ungeachtet, als ein bürgerli-
cher zu keiner hohen charge gelangen. Bei dem
izigen Könige in Preussen wird ebenfalls auf den
adel gesehen; wenn sich aber einer vom bürgerli-
chen stande hervortut; so adelt er ihn, welches
auch wohl an mereren höfen geschihet. Es wird
allso die regel noch gemeiniglich beobachtet: daß
man nämlich den adelichen vor dem bürgerlichen
befördere; es sei dann: daß man etwas ganz be-
sonderes bei dem lezteren finde; nach dem sprüch-
worte: armer leute kinder, und reicher leute gelt,
regiret die ganze welt. Beispile vom tugend-adel
der ehemaligen kanzler, weltlichen standes, findet
man in meinen neuen kleinen schriften, im Iten
bande, s. 157 fgg., abh. XXI.

Drei und dreissigstes Haubtstück
vom
range der adelichen, und bürgerlichen.

Vor dem XVten jarhunderte bemerkete man eben
keinen unterschid zwischen den geschlechtern
vom nidern adel, und den freigebornen bürgerli-

chen,
N 5

vom teutſchen tugend-adel.
fuͤrſtliche wapen gar nicht; mithin ſind ſie als et-
was neues allhir anzuſehen.

§ 195

Bei den alten Teutſchen wurde auf tugend,wie es heute zu
tage diß falles
gehalten wird?

und verdinſte geſehen. Heute zu tage werden der-
gleichen leute auch noch den adelichen an verſchide-
nen hoͤfen gleich gehalten, wo nicht vorgezogen;
dahingegen iſt an andern hoͤfen der adel am bre-
te, z. e. in Frankreich, allwo einer aus den vor-
nemſten familien erſproſſen ſeyn ſoll; ſonſt kan
er ſeiner verdinſte ungeachtet, als ein buͤrgerli-
cher zu keiner hohen charge gelangen. Bei dem
izigen Koͤnige in Preuſſen wird ebenfalls auf den
adel geſehen; wenn ſich aber einer vom buͤrgerli-
chen ſtande hervortut; ſo adelt er ihn, welches
auch wohl an mereren hoͤfen geſchihet. Es wird
allſo die regel noch gemeiniglich beobachtet: daß
man naͤmlich den adelichen vor dem buͤrgerlichen
befoͤrdere; es ſei dann: daß man etwas ganz be-
ſonderes bei dem lezteren finde; nach dem ſpruͤch-
worte: armer leute kinder, und reicher leute gelt,
regiret die ganze welt. Beiſpile vom tugend-adel
der ehemaligen kanzler, weltlichen ſtandes, findet
man in meinen neuen kleinen ſchriften, im Iten
bande, ſ. 157 fgg., abh. XXI.

Drei und dreiſſigſtes Haubtſtuͤck
vom
range der adelichen, und buͤrgerlichen.

Vor dem XVten jarhunderte bemerkete man eben
keinen unterſchid zwiſchen den geſchlechtern
vom nidern adel, und den freigebornen buͤrgerli-

chen,
N 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0225" n="201"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">vom teut&#x017F;chen tugend-adel.</hi></fw><lb/>
fu&#x0364;r&#x017F;tliche wapen gar nicht; mithin &#x017F;ind &#x017F;ie als et-<lb/>
was neues allhir anzu&#x017F;ehen.</p><lb/>
        <div n="2">
          <head>§ 195</head><lb/>
          <p>Bei den alten Teut&#x017F;chen wurde auf tugend,<note place="right">wie es heute zu<lb/>
tage diß falles<lb/>
gehalten wird?</note><lb/>
und verdin&#x017F;te ge&#x017F;ehen. Heute zu tage werden der-<lb/>
gleichen leute auch noch den adelichen an ver&#x017F;chide-<lb/>
nen ho&#x0364;fen gleich gehalten, wo nicht vorgezogen;<lb/>
dahingegen i&#x017F;t an andern ho&#x0364;fen der adel am bre-<lb/>
te, z. e. in Frankreich, allwo einer aus den vor-<lb/>
nem&#x017F;ten familien er&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn &#x017F;oll; &#x017F;on&#x017F;t kan<lb/>
er &#x017F;einer verdin&#x017F;te ungeachtet, als ein bu&#x0364;rgerli-<lb/>
cher zu keiner hohen charge gelangen. Bei dem<lb/>
izigen Ko&#x0364;nige in Preu&#x017F;&#x017F;en wird ebenfalls auf den<lb/>
adel ge&#x017F;ehen; wenn &#x017F;ich aber einer vom bu&#x0364;rgerli-<lb/>
chen &#x017F;tande hervortut; &#x017F;o adelt er ihn, welches<lb/>
auch wohl an mereren ho&#x0364;fen ge&#x017F;chihet. Es wird<lb/>
all&#x017F;o die regel noch gemeiniglich beobachtet: daß<lb/>
man na&#x0364;mlich den adelichen vor dem bu&#x0364;rgerlichen<lb/>
befo&#x0364;rdere; es &#x017F;ei dann: daß man etwas ganz be-<lb/>
&#x017F;onderes bei dem lezteren finde; nach dem &#x017F;pru&#x0364;ch-<lb/>
worte: armer leute kinder, und reicher leute gelt,<lb/>
regiret die ganze welt. Bei&#x017F;pile vom tugend-adel<lb/>
der ehemaligen kanzler, weltlichen &#x017F;tandes, findet<lb/>
man in meinen neuen kleinen &#x017F;chriften, im <hi rendition="#aq">I</hi>ten<lb/>
bande, &#x017F;. 157 fgg., abh. <hi rendition="#aq">XXI.</hi></p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Drei und drei&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;tes Haubt&#x017F;tu&#x0364;ck<lb/>
vom<lb/>
range der adelichen, und bu&#x0364;rgerlichen.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">V</hi>or dem <hi rendition="#aq">XV</hi>ten jarhunderte bemerkete man eben<lb/>
keinen unter&#x017F;chid zwi&#x017F;chen den ge&#x017F;chlechtern<lb/>
vom nidern adel, und den freigebornen bu&#x0364;rgerli-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 5</fw><fw place="bottom" type="catch">chen,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0225] vom teutſchen tugend-adel. fuͤrſtliche wapen gar nicht; mithin ſind ſie als et- was neues allhir anzuſehen. § 195 Bei den alten Teutſchen wurde auf tugend, und verdinſte geſehen. Heute zu tage werden der- gleichen leute auch noch den adelichen an verſchide- nen hoͤfen gleich gehalten, wo nicht vorgezogen; dahingegen iſt an andern hoͤfen der adel am bre- te, z. e. in Frankreich, allwo einer aus den vor- nemſten familien erſproſſen ſeyn ſoll; ſonſt kan er ſeiner verdinſte ungeachtet, als ein buͤrgerli- cher zu keiner hohen charge gelangen. Bei dem izigen Koͤnige in Preuſſen wird ebenfalls auf den adel geſehen; wenn ſich aber einer vom buͤrgerli- chen ſtande hervortut; ſo adelt er ihn, welches auch wohl an mereren hoͤfen geſchihet. Es wird allſo die regel noch gemeiniglich beobachtet: daß man naͤmlich den adelichen vor dem buͤrgerlichen befoͤrdere; es ſei dann: daß man etwas ganz be- ſonderes bei dem lezteren finde; nach dem ſpruͤch- worte: armer leute kinder, und reicher leute gelt, regiret die ganze welt. Beiſpile vom tugend-adel der ehemaligen kanzler, weltlichen ſtandes, findet man in meinen neuen kleinen ſchriften, im Iten bande, ſ. 157 fgg., abh. XXI. wie es heute zu tage diß falles gehalten wird? Drei und dreiſſigſtes Haubtſtuͤck vom range der adelichen, und buͤrgerlichen. Vor dem XVten jarhunderte bemerkete man eben keinen unterſchid zwiſchen den geſchlechtern vom nidern adel, und den freigebornen buͤrgerli- chen, N 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/225
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/225>, abgerufen am 22.12.2024.