vil: daß sie nicht vom orte weggebracht werden darf; mithin heisset arrest, anrast so vil, als stille stehen, ste- hen bleiben, das ist, eines person, oder sachen so lange einhalten, bis er genug getan hat, Wachter sp. 74 fg. Jm französischen verstande nemen wir dahir das wort: arret, nicht (§ 6251 fgg. des IIten th.). Jmmittels konnte der Arrest einem genossen durch keinen unter seinem stande ehedem angekündiget werden, Dreyer im 3ten th. der sammlung ver- mischter abhandelungen s. 1263, *. Jm jare 1535 beschwerete sich der marburgische raht, und die bürgerschaft bei dem herrn Landgrafen, Phi- lipps, daß inen vom schuldheissen allhir die alte gerechtigkeit verwegert würde: vermöge deren sie, wenn ein ausgesessener, oder bauer, einem bürger in der stadt etwas schuldig gewesen; gleichwohl, al- ler manung ungeachtet, nicht bezalet hätte; und zu Marburg angetroffen worden wäre, disen hätte sezen lassen, bis er bezalet, oder bürgen gestellet hätte; wollten allso bei solcher befugniß geschüzet seyn, und bleiben. Sr. hochfürstl. Durchl. dün- kete dises etwas geschwind, auch unleidlich zu seyn; befalen aber dem statthalter: die schuldener in be- kenntlichen schulden, vermittels sträklicher hülfe, durch die beambten (ambts-knechte) zur bezalung anhalten zu lassen. Die städte hatten sonst einen überfluß am gelte. Der hohe, und nidere adel be- fand sich hingegen im geltmangel. Wo nun ein reicher bürger inen nicht vorschüssen wollte, und sich ertappen ließ; namen sie ihn in arrest, und sucheten allerhand an ihm, gaben ihm dises, und jenes schuld, mit der anfügung: er sollte nun hir rasten, und sein gelt verzeren. Hiraus entstand das wort: rast, rest. Der arretirete beschwerete sich darüber, daß er in kummer lebe; daher erspros- sete verkümmern, verkümmerung; und weil man
befurch-
XX h. vom urſprunge des arreſtes.
vil: daß ſie nicht vom orte weggebracht werden darf; mithin heiſſet arreſt, anraſt ſo vil, als ſtille ſtehen, ſte- hen bleiben, das iſt, eines perſon, oder ſachen ſo lange einhalten, bis er genug getan hat, Wachter ſp. 74 fg. Jm franzoͤſiſchen verſtande nemen wir dahir das wort: arret, nicht (§ 6251 fgg. des IIten th.). Jmmittels konnte der Arreſt einem genoſſen durch keinen unter ſeinem ſtande ehedem angekuͤndiget werden, Dreyer im 3ten th. der ſammlung ver- miſchter abhandelungen ſ. 1263, *. Jm jare 1535 beſchwerete ſich der marburgiſche raht, und die buͤrgerſchaft bei dem herrn Landgrafen, Phi- lipps, daß inen vom ſchuldheiſſen allhir die alte gerechtigkeit verwegert wuͤrde: vermoͤge deren ſie, wenn ein ausgeſeſſener, oder bauer, einem buͤrger in der ſtadt etwas ſchuldig geweſen; gleichwohl, al- ler manung ungeachtet, nicht bezalet haͤtte; und zu Marburg angetroffen worden waͤre, diſen haͤtte ſezen laſſen, bis er bezalet, oder buͤrgen geſtellet haͤtte; wollten allſo bei ſolcher befugniß geſchuͤzet ſeyn, und bleiben. Sr. hochfuͤrſtl. Durchl. duͤn- kete diſes etwas geſchwind, auch unleidlich zu ſeyn; befalen aber dem ſtatthalter: die ſchuldener in be- kenntlichen ſchulden, vermittels ſtraͤklicher huͤlfe, durch die beambten (ambts-knechte) zur bezalung anhalten zu laſſen. Die ſtaͤdte hatten ſonſt einen uͤberfluß am gelte. Der hohe, und nidere adel be- fand ſich hingegen im geltmangel. Wo nun ein reicher buͤrger inen nicht vorſchuͤſſen wollte, und ſich ertappen ließ; namen ſie ihn in arreſt, und ſucheten allerhand an ihm, gaben ihm diſes, und jenes ſchuld, mit der anfuͤgung: er ſollte nun hir raſten, und ſein gelt verzeren. Hiraus entſtand das wort: raſt, reſt. Der arretirete beſchwerete ſich daruͤber, daß er in kummer lebe; daher erſproſ- ſete verkuͤmmern, verkuͤmmerung; und weil man
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XX h. vom urſprunge des arreſtes.
vil: daß ſie nicht vom orte weggebracht werden darf;
mithin heiſſet arreſt, anraſt ſo vil, als ſtille ſtehen, ſte-
hen bleiben, das iſt, eines perſon, oder ſachen ſo lange
einhalten, bis er genug getan hat, Wachter ſp. 74 fg.
Jm franzoͤſiſchen verſtande nemen wir dahir das
wort: arret, nicht (§ 6251 fgg. des IIten th.).
Jmmittels konnte der Arreſt einem genoſſen durch
keinen unter ſeinem ſtande ehedem angekuͤndiget
werden, Dreyer im 3ten th. der ſammlung ver-
miſchter abhandelungen ſ. 1263, *. Jm jare
1535 beſchwerete ſich der marburgiſche raht, und
die buͤrgerſchaft bei dem herrn Landgrafen, Phi-
lipps, daß inen vom ſchuldheiſſen allhir die alte
gerechtigkeit verwegert wuͤrde: vermoͤge deren ſie,
wenn ein ausgeſeſſener, oder bauer, einem buͤrger
in der ſtadt etwas ſchuldig geweſen; gleichwohl, al-
ler manung ungeachtet, nicht bezalet haͤtte; und
zu Marburg angetroffen worden waͤre, diſen haͤtte
ſezen laſſen, bis er bezalet, oder buͤrgen geſtellet
haͤtte; wollten allſo bei ſolcher befugniß geſchuͤzet
ſeyn, und bleiben. Sr. hochfuͤrſtl. Durchl. duͤn-
kete diſes etwas geſchwind, auch unleidlich zu ſeyn;
befalen aber dem ſtatthalter: die ſchuldener in be-
kenntlichen ſchulden, vermittels ſtraͤklicher huͤlfe,
durch die beambten (ambts-knechte) zur bezalung
anhalten zu laſſen. Die ſtaͤdte hatten ſonſt einen
uͤberfluß am gelte. Der hohe, und nidere adel be-
fand ſich hingegen im geltmangel. Wo nun ein
reicher buͤrger inen nicht vorſchuͤſſen wollte, und
ſich ertappen ließ; namen ſie ihn in arreſt, und
ſucheten allerhand an ihm, gaben ihm diſes, und
jenes ſchuld, mit der anfuͤgung: er ſollte nun hir
raſten, und ſein gelt verzeren. Hiraus entſtand
das wort: raſt, reſt. Der arretirete beſchwerete
ſich daruͤber, daß er in kummer lebe; daher erſproſ-
ſete verkuͤmmern, verkuͤmmerung; und weil man
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/168>, abgerufen am 24.11.2024.
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