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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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II buch, XCIII haubtstück,
zichte geschmidet, und behaubten: daß sie eidlich
geschehen müßten. Jn Hessen sind die verzichte
gleichsam hergebracht (§ 3195 des 2ten th.); nur
geschehen sie nicht allemal eidlich; jedoch gelten
sie nach der praxi. Jn Schwaben wollte man
im vorigen jarhunderte, und nachher ein geding
stiften: daß es keiner verzicht der ritterschaftlichen
töchter mehr bedürfe; allein der K. R. hofraht
machete schwirigkeiten, aus fürwand des pflicht-
teiles. Daher kam das geding damals nicht zu
stande. Derowegen müssen die Reichsritterschaft-
liche töchter eidliche verzicht leisten; man sehe auch
das hennebergische landrecht III, tit. 2, cap. 2,
den Schilter in exerc. ad p. VIII, § 41. Bei
dem hohen adel haben wir ebenfalls dergleichen,
sowohl eidliche verzichte (§ 3197 fgg. § 3222 fg.
des 2ten th.), als auch andere. Landgraf Fride-
richs, des streitbaren, nachgehends kurfürstens,
zu Sachsen, anderer prinz, Sigismund, begab
sich der landesfolge, sowol an der kur, als auch
an den thüringischen, und meißnischen landen, und
zoge für sich nur 3 städte aus, als Altenburg,
Meissen, und Rochliz, trat in geistlichen stand,
und wurde bischoff zu Wirzburg, Müller in an-
nal. Sax.
s. 20. Daß aber die vom papst erfor-
derliche eidliche verzicht in Teutschlande nicht aller
orten bräuchlich geworden ist, rüret unter andern,
auch daher: weil ein wort bei den Teutschen sovil
galt, als ein eid. Der handschlag, oder die an-
gelobung an dem gerichtsstab gliche einem eide.
Jnzwischen ist eine verzicht, wenn sie gleich be-
schworen wäre, auf unbekannte fälle, welche man
nicht hat vorhersehen können, nicht zu erstrecken.
Denn eine jede verzicht ist bekanntlich im engesten
verstande zu nemen. Die erklärung einer undeut-
lichen verzicht ist wider dise, und zum vorteile der

verzei-

II buch, XCIII haubtſtuͤck,
zichte geſchmidet, und behaubten: daß ſie eidlich
geſchehen muͤßten. Jn Heſſen ſind die verzichte
gleichſam hergebracht (§ 3195 des 2ten th.); nur
geſchehen ſie nicht allemal eidlich; jedoch gelten
ſie nach der praxi. Jn Schwaben wollte man
im vorigen jarhunderte, und nachher ein geding
ſtiften: daß es keiner verzicht der ritterſchaftlichen
toͤchter mehr beduͤrfe; allein der K. R. hofraht
machete ſchwirigkeiten, aus fuͤrwand des pflicht-
teiles. Daher kam das geding damals nicht zu
ſtande. Derowegen muͤſſen die Reichsritterſchaft-
liche toͤchter eidliche verzicht leiſten; man ſehe auch
das hennebergiſche landrecht III, tit. 2, cap. 2,
den Schilter in exerc. ad π. VIII, § 41. Bei
dem hohen adel haben wir ebenfalls dergleichen,
ſowohl eidliche verzichte (§ 3197 fgg. § 3222 fg.
des 2ten th.), als auch andere. Landgraf Fride-
richs, des ſtreitbaren, nachgehends kurfuͤrſtens,
zu Sachſen, anderer prinz, Sigismund, begab
ſich der landesfolge, ſowol an der kur, als auch
an den thuͤringiſchen, und meißniſchen landen, und
zoge fuͤr ſich nur 3 ſtaͤdte aus, als Altenburg,
Meiſſen, und Rochliz, trat in geiſtlichen ſtand,
und wurde biſchoff zu Wirzburg, Muͤller in an-
nal. Sax.
ſ. 20. Daß aber die vom papſt erfor-
derliche eidliche verzicht in Teutſchlande nicht aller
orten braͤuchlich geworden iſt, ruͤret unter andern,
auch daher: weil ein wort bei den Teutſchen ſovil
galt, als ein eid. Der handſchlag, oder die an-
gelobung an dem gerichtsſtab gliche einem eide.
Jnzwiſchen iſt eine verzicht, wenn ſie gleich be-
ſchworen waͤre, auf unbekannte faͤlle, welche man
nicht hat vorherſehen koͤnnen, nicht zu erſtrecken.
Denn eine jede verzicht iſt bekanntlich im engeſten
verſtande zu nemen. Die erklaͤrung einer undeut-
lichen verzicht iſt wider diſe, und zum vorteile der

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[1116/1140] II buch, XCIII haubtſtuͤck, zichte geſchmidet, und behaubten: daß ſie eidlich geſchehen muͤßten. Jn Heſſen ſind die verzichte gleichſam hergebracht (§ 3195 des 2ten th.); nur geſchehen ſie nicht allemal eidlich; jedoch gelten ſie nach der praxi. Jn Schwaben wollte man im vorigen jarhunderte, und nachher ein geding ſtiften: daß es keiner verzicht der ritterſchaftlichen toͤchter mehr beduͤrfe; allein der K. R. hofraht machete ſchwirigkeiten, aus fuͤrwand des pflicht- teiles. Daher kam das geding damals nicht zu ſtande. Derowegen muͤſſen die Reichsritterſchaft- liche toͤchter eidliche verzicht leiſten; man ſehe auch das hennebergiſche landrecht III, tit. 2, cap. 2, den Schilter in exerc. ad π. VIII, § 41. Bei dem hohen adel haben wir ebenfalls dergleichen, ſowohl eidliche verzichte (§ 3197 fgg. § 3222 fg. des 2ten th.), als auch andere. Landgraf Fride- richs, des ſtreitbaren, nachgehends kurfuͤrſtens, zu Sachſen, anderer prinz, Sigismund, begab ſich der landesfolge, ſowol an der kur, als auch an den thuͤringiſchen, und meißniſchen landen, und zoge fuͤr ſich nur 3 ſtaͤdte aus, als Altenburg, Meiſſen, und Rochliz, trat in geiſtlichen ſtand, und wurde biſchoff zu Wirzburg, Muͤller in an- nal. Sax. ſ. 20. Daß aber die vom papſt erfor- derliche eidliche verzicht in Teutſchlande nicht aller orten braͤuchlich geworden iſt, ruͤret unter andern, auch daher: weil ein wort bei den Teutſchen ſovil galt, als ein eid. Der handſchlag, oder die an- gelobung an dem gerichtsſtab gliche einem eide. Jnzwiſchen iſt eine verzicht, wenn ſie gleich be- ſchworen waͤre, auf unbekannte faͤlle, welche man nicht hat vorherſehen koͤnnen, nicht zu erſtrecken. Denn eine jede verzicht iſt bekanntlich im engeſten verſtande zu nemen. Die erklaͤrung einer undeut- lichen verzicht iſt wider diſe, und zum vorteile der verzei-

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1140>, abgerufen am 22.11.2024.