Die zu beobachtende säze bei teutschen erbfällen sind allso folgende:
I) Daß der erbe seinen erblasser vorbilde, und gleichsam eine person mit ihm werde, ist eine römi- sche erfindung, von welcher das teutsche Recht nichts weiß; vom ersten erwerber erwartet der teutsche stammhalter den anfall, von rechtswegen, in stammlanden, und stammgütern; jedoch spre- chen die Reichsgerichte wider das teutsche Recht in disem stücke, und beurteilen den hohen auch ni- dern adel römisch, J. J. Reinharts kleine aus- fürungen, th. II s. 357 fgg., Joh. Pet. von Lude- wigde obligatione successoris in principatus et clien- telas Halle 1714, Ge. Beyerde obligatione suc- cessoris illustris, Witt. 1714.
II) Wir haben in den teutschen rechtshändeln erbschaften, davon der Römer nichts weiß. Wir wollen selbige nach der reihe beleuchten; und zwar 1) die gedings-erbschaften (pacta successoria), a) absolute reciproca, b) dispositiua, c) Erbverbrüde- rungen, d) gan-erbschaften, e) burgmannschaften, f) verzichte, g) regredient-erben, h) majorats- erbschaften und zwar 1) überhaubt, sodann insbe- sondere, die erstgeburt, 2) das majorat insbeson- dere, 3) das seniorat, 4) das gemischete majorat, darneben i) die arragonische lineal- und gradual- auch cognatica; k) übrigens der minorat, und end- lich l) die glidrechts-erbfolge. Wir haben un- mittelbare, und mittelbare erben, z. e. der izige herr Markgraf zu Culmbach ist unmittelbarer erbe des am 27ten Hornung 1763 verblichenen Markgra- fens Friderich zu Baireut; hergegen ist Onolz- bach mittelbarer erbe. Beiderlei mußten bei ver- äusserung des erbe einwilligen, und sogar mußte die bewilligung der noch nicht gebornen beigebracht
wer-
von den erben und erbnemen.
Die zu beobachtende ſaͤze bei teutſchen erbfaͤllen ſind allſo folgende:
I) Daß der erbe ſeinen erblaſſer vorbilde, und gleichſam eine perſon mit ihm werde, iſt eine roͤmi- ſche erfindung, von welcher das teutſche Recht nichts weiß; vom erſten erwerber erwartet der teutſche ſtammhalter den anfall, von rechtswegen, in ſtammlanden, und ſtammguͤtern; jedoch ſpre- chen die Reichsgerichte wider das teutſche Recht in diſem ſtuͤcke, und beurteilen den hohen auch ni- dern adel roͤmiſch, J. J. Reinharts kleine aus- fuͤrungen, th. II ſ. 357 fgg., Joh. Pet. von Lude- wigde obligatione ſucceſſoris in principatus et clien- telas Halle 1714, Ge. Beyerde obligatione ſuc- ceſſoris illuſtris, Witt. 1714.
II) Wir haben in den teutſchen rechtshaͤndeln erbſchaften, davon der Roͤmer nichts weiß. Wir wollen ſelbige nach der reihe beleuchten; und zwar 1) die gedings-erbſchaften (pacta ſucceſſoria), a) abſolute reciproca, b) dispoſitiua, c) Erbverbruͤde- rungen, d) gan-erbſchaften, e) burgmannſchaften, f) verzichte, g) regredient-erben, h) majorats- erbſchaften und zwar 1) uͤberhaubt, ſodann insbe- ſondere, die erſtgeburt, 2) das majorat insbeſon- dere, 3) das ſeniorat, 4) das gemiſchete majorat, darneben i) die arragoniſche lineal- und gradual- auch cognatica; k) uͤbrigens der minorat, und end- lich l) die glidrechts-erbfolge. Wir haben un- mittelbare, und mittelbare erben, z. e. der izige herr Markgraf zu Culmbach iſt unmittelbarer erbe des am 27ten Hornung 1763 verblichenen Markgra- fens Friderich zu Baireut; hergegen iſt Onolz- bach mittelbarer erbe. Beiderlei mußten bei ver- aͤuſſerung des erbe einwilligen, und ſogar mußte die bewilligung der noch nicht gebornen beigebracht
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von den erben und erbnemen.
Die zu beobachtende ſaͤze bei teutſchen erbfaͤllen ſind
allſo folgende:
I) Daß der erbe ſeinen erblaſſer vorbilde, und
gleichſam eine perſon mit ihm werde, iſt eine roͤmi-
ſche erfindung, von welcher das teutſche Recht
nichts weiß; vom erſten erwerber erwartet der
teutſche ſtammhalter den anfall, von rechtswegen,
in ſtammlanden, und ſtammguͤtern; jedoch ſpre-
chen die Reichsgerichte wider das teutſche Recht
in diſem ſtuͤcke, und beurteilen den hohen auch ni-
dern adel roͤmiſch, J. J. Reinharts kleine aus-
fuͤrungen, th. II ſ. 357 fgg., Joh. Pet. von Lude-
wig de obligatione ſucceſſoris in principatus et clien-
telas Halle 1714, Ge. Beyer de obligatione ſuc-
ceſſoris illuſtris, Witt. 1714.
II) Wir haben in den teutſchen rechtshaͤndeln
erbſchaften, davon der Roͤmer nichts weiß. Wir
wollen ſelbige nach der reihe beleuchten; und zwar
1) die gedings-erbſchaften (pacta ſucceſſoria), a)
abſolute reciproca, b) dispoſitiua, c) Erbverbruͤde-
rungen, d) gan-erbſchaften, e) burgmannſchaften,
f) verzichte, g) regredient-erben, h) majorats-
erbſchaften und zwar 1) uͤberhaubt, ſodann insbe-
ſondere, die erſtgeburt, 2) das majorat insbeſon-
dere, 3) das ſeniorat, 4) das gemiſchete majorat,
darneben i) die arragoniſche lineal- und gradual-
auch cognatica; k) uͤbrigens der minorat, und end-
lich l) die glidrechts-erbfolge. Wir haben un-
mittelbare, und mittelbare erben, z. e. der izige herr
Markgraf zu Culmbach iſt unmittelbarer erbe des
am 27ten Hornung 1763 verblichenen Markgra-
fens Friderich zu Baireut; hergegen iſt Onolz-
bach mittelbarer erbe. Beiderlei mußten bei ver-
aͤuſſerung des erbe einwilligen, und ſogar mußte
die bewilligung der noch nicht gebornen beigebracht
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1085. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1109>, abgerufen am 22.11.2024.
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