Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

Bild:
<< vorherige Seite

vormunden und obervormunden.
haben, sondern dem gewesten unmündigen selbige
ablegen sollen.

§ 958

Die bestätigung, oder bestellung geschihet heutvon wem die
bestellung
oder bestäti-
gung geschi-
het?

zu tage von der ordentlichen oberkeit. Denn die
vormunden der unmündigen vasallen musten we-
gen der lehnsdinsten vom lehnsherren bestätiget
werden. Der burgmänner halber war eben dises
nötig. Dadurch ist die bestätigung auf die bür-
ger, und sodann auf die bauern erstrecket wor-
den, Pusendorf obs. 50 s. 150 fg. Der landes-
herr ist obervormund aller unmündigen seines lan-
des geworden; derowegen die bevormundung ein
landesherrliches recht in Teutschland ist, folglich
keiner vormund seyn kann, welcher nicht von der
oberkeit bestätiget ist, wie dises die Reichsrefor-
mation guter policei vom jare 1548 tit. 31, und
die Reichspoliceiordnung vom jare 1577 tit. 32
ausdrücklich erfodern.

§ 959

Es ist daher in den angezogenen Reichspolicei-die Reichs-
stände sollen
für die un-
mündigen
in iren lan-
den sorgen.

ordnungen die fürsorge für der unmündigen be-
vormundung vom kaiser und Reiche allen kurfür-
sten, fürsten, prälaten, grafen, herren, von
adel und communen anbefolen, darnebst verord-
net, daß, wenn gleich im testamente ein vor-
mund ernennet, oder durch das recht, oder auf
andere weise gegeben worden sey, sich dennoch kei-
ner unterstehen soll, der verwaltung sich zu unter-
zihen, es wäre ihm dann solche durch die oberkeit
anbefolen worden.

§ 960

Bei den alten Teutschen schwuren die vormun-der vor-
mund-
schaftseid ist
in den alten
zeiten nicht
gebräuchlich

den nicht, wie es dann noch zur zeit in Sachsen
auf dise weise gehalten wird; hingegen im Reiche
müssen alle schwören, ein inventarium errichten,

und

vormunden und obervormunden.
haben, ſondern dem geweſten unmuͤndigen ſelbige
ablegen ſollen.

§ 958

Die beſtaͤtigung, oder beſtellung geſchihet heutvon wem die
beſtellung
oder beſtaͤti-
gung geſchi-
het?

zu tage von der ordentlichen oberkeit. Denn die
vormunden der unmuͤndigen vaſallen muſten we-
gen der lehnsdinſten vom lehnsherren beſtaͤtiget
werden. Der burgmaͤnner halber war eben diſes
noͤtig. Dadurch iſt die beſtaͤtigung auf die buͤr-
ger, und ſodann auf die bauern erſtrecket wor-
den, Puſendorf obſ. 50 ſ. 150 fg. Der landes-
herr iſt obervormund aller unmuͤndigen ſeines lan-
des geworden; derowegen die bevormundung ein
landesherrliches recht in Teutſchland iſt, folglich
keiner vormund ſeyn kann, welcher nicht von der
oberkeit beſtaͤtiget iſt, wie diſes die Reichsrefor-
mation guter policei vom jare 1548 tit. 31, und
die Reichspoliceiordnung vom jare 1577 tit. 32
ausdruͤcklich erfodern.

§ 959

Es iſt daher in den angezogenen Reichspolicei-die Reichs-
ſtaͤnde ſollen
fuͤr die un-
muͤndigen
in iren lan-
den ſorgen.

ordnungen die fuͤrſorge fuͤr der unmuͤndigen be-
vormundung vom kaiſer und Reiche allen kurfuͤr-
ſten, fuͤrſten, praͤlaten, grafen, herren, von
adel und communen anbefolen, darnebſt verord-
net, daß, wenn gleich im teſtamente ein vor-
mund ernennet, oder durch das recht, oder auf
andere weiſe gegeben worden ſey, ſich dennoch kei-
ner unterſtehen ſoll, der verwaltung ſich zu unter-
zihen, es waͤre ihm dann ſolche durch die oberkeit
anbefolen worden.

§ 960

Bei den alten Teutſchen ſchwuren die vormun-der vor-
mund-
ſchaftseid iſt
in den alten
zeiten nicht
gebraͤuchlich

den nicht, wie es dann noch zur zeit in Sachſen
auf diſe weiſe gehalten wird; hingegen im Reiche
muͤſſen alle ſchwoͤren, ein inventarium errichten,

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0425" n="413"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">vormunden und obervormunden.</hi></fw><lb/>
haben, &#x017F;ondern dem gewe&#x017F;ten unmu&#x0364;ndigen &#x017F;elbige<lb/>
ablegen &#x017F;ollen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="3">
          <head>§ 958</head><lb/>
          <p>Die be&#x017F;ta&#x0364;tigung, oder be&#x017F;tellung ge&#x017F;chihet heut<note place="right">von wem die<lb/>
be&#x017F;tellung<lb/>
oder be&#x017F;ta&#x0364;ti-<lb/>
gung ge&#x017F;chi-<lb/>
het?</note><lb/>
zu tage von der ordentlichen oberkeit. Denn die<lb/>
vormunden der unmu&#x0364;ndigen va&#x017F;allen mu&#x017F;ten we-<lb/>
gen der lehnsdin&#x017F;ten vom lehnsherren be&#x017F;ta&#x0364;tiget<lb/>
werden. Der burgma&#x0364;nner halber war eben di&#x017F;es<lb/>
no&#x0364;tig. Dadurch i&#x017F;t die be&#x017F;ta&#x0364;tigung auf die bu&#x0364;r-<lb/>
ger, und &#x017F;odann auf die bauern er&#x017F;trecket wor-<lb/>
den, <hi rendition="#fr">Pu&#x017F;endorf</hi> <hi rendition="#aq">ob&#x017F;.</hi> 50 &#x017F;. 150 fg. Der landes-<lb/>
herr i&#x017F;t obervormund aller unmu&#x0364;ndigen &#x017F;eines lan-<lb/>
des geworden; derowegen die bevormundung ein<lb/>
landesherrliches recht in Teut&#x017F;chland i&#x017F;t, folglich<lb/>
keiner vormund &#x017F;eyn kann, welcher nicht von der<lb/>
oberkeit be&#x017F;ta&#x0364;tiget i&#x017F;t, wie di&#x017F;es die Reichsrefor-<lb/>
mation guter policei vom jare 1548 tit. 31, und<lb/>
die Reichspoliceiordnung vom jare 1577 tit. 32<lb/>
ausdru&#x0364;cklich erfodern.</p>
        </div><lb/>
        <div n="3">
          <head>§ 959</head><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t daher in den angezogenen Reichspolicei-<note place="right">die Reichs-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde &#x017F;ollen<lb/>
fu&#x0364;r die un-<lb/>
mu&#x0364;ndigen<lb/>
in iren lan-<lb/>
den &#x017F;orgen.</note><lb/>
ordnungen die fu&#x0364;r&#x017F;orge fu&#x0364;r der unmu&#x0364;ndigen be-<lb/>
vormundung vom kai&#x017F;er und Reiche allen kurfu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten, fu&#x0364;r&#x017F;ten, pra&#x0364;laten, grafen, herren, von<lb/>
adel und communen anbefolen, darneb&#x017F;t verord-<lb/>
net, daß, wenn gleich im te&#x017F;tamente ein vor-<lb/>
mund ernennet, oder durch das recht, oder auf<lb/>
andere wei&#x017F;e gegeben worden &#x017F;ey, &#x017F;ich dennoch kei-<lb/>
ner unter&#x017F;tehen &#x017F;oll, der verwaltung &#x017F;ich zu unter-<lb/>
zihen, es wa&#x0364;re ihm dann &#x017F;olche durch die oberkeit<lb/>
anbefolen worden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="3">
          <head>§ 960</head><lb/>
          <p>Bei den alten Teut&#x017F;chen &#x017F;chwuren die vormun-<note place="right">der vor-<lb/>
mund-<lb/>
&#x017F;chaftseid i&#x017F;t<lb/>
in den alten<lb/>
zeiten nicht<lb/>
gebra&#x0364;uchlich</note><lb/>
den nicht, wie es dann noch zur zeit in Sach&#x017F;en<lb/>
auf di&#x017F;e wei&#x017F;e gehalten wird; hingegen im Reiche<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en alle &#x017F;chwo&#x0364;ren, ein inventarium errichten,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[413/0425] vormunden und obervormunden. haben, ſondern dem geweſten unmuͤndigen ſelbige ablegen ſollen. § 958 Die beſtaͤtigung, oder beſtellung geſchihet heut zu tage von der ordentlichen oberkeit. Denn die vormunden der unmuͤndigen vaſallen muſten we- gen der lehnsdinſten vom lehnsherren beſtaͤtiget werden. Der burgmaͤnner halber war eben diſes noͤtig. Dadurch iſt die beſtaͤtigung auf die buͤr- ger, und ſodann auf die bauern erſtrecket wor- den, Puſendorf obſ. 50 ſ. 150 fg. Der landes- herr iſt obervormund aller unmuͤndigen ſeines lan- des geworden; derowegen die bevormundung ein landesherrliches recht in Teutſchland iſt, folglich keiner vormund ſeyn kann, welcher nicht von der oberkeit beſtaͤtiget iſt, wie diſes die Reichsrefor- mation guter policei vom jare 1548 tit. 31, und die Reichspoliceiordnung vom jare 1577 tit. 32 ausdruͤcklich erfodern. von wem die beſtellung oder beſtaͤti- gung geſchi- het? § 959 Es iſt daher in den angezogenen Reichspolicei- ordnungen die fuͤrſorge fuͤr der unmuͤndigen be- vormundung vom kaiſer und Reiche allen kurfuͤr- ſten, fuͤrſten, praͤlaten, grafen, herren, von adel und communen anbefolen, darnebſt verord- net, daß, wenn gleich im teſtamente ein vor- mund ernennet, oder durch das recht, oder auf andere weiſe gegeben worden ſey, ſich dennoch kei- ner unterſtehen ſoll, der verwaltung ſich zu unter- zihen, es waͤre ihm dann ſolche durch die oberkeit anbefolen worden. die Reichs- ſtaͤnde ſollen fuͤr die un- muͤndigen in iren lan- den ſorgen. § 960 Bei den alten Teutſchen ſchwuren die vormun- den nicht, wie es dann noch zur zeit in Sachſen auf diſe weiſe gehalten wird; hingegen im Reiche muͤſſen alle ſchwoͤren, ein inventarium errichten, und der vor- mund- ſchaftseid iſt in den alten zeiten nicht gebraͤuchlich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/425
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/425>, abgerufen am 23.11.2024.