Hundert und dreizehentes haubistück von der ehescheidung.
§ 843
worauf die policei hier- bei sihet?
Die policei sezet die bevölkerung eines staates für das gröste wohlseyn; und weiln aus ei- ner bösen ehe diser endzwek nicht flüsset; so will sie, daß der ehescheidung halber man keine schwirig- keiten in den weg legen solle.
§ 844
in welchen fällen die Teutschen die ehen ge- trennet ha- ben?
Hiran kehreten die alten Teutschen sich nicht. Sie hilten iren einmal berichtigten eheverspruch heilig, und trenneten nicht leicht die ehen, ausser wegen begangenen ehebruchs, Tacitus cap. XVIIII, der herr graf von Bünau im Iten teile der reichshistori s. 56; also war auch bei inen die ehescheidung eben nicht gemein, in betracht beide teile libe und treue auf das genaueste gegen einan- der ausübeten; weshalber dann auch die ehen der Teutschen zu des Tacitus zeiten für untrennbar ge- halten wurden, iedoch um des ehebruches des ehewei- bes willen geschahen ehescheidungen, Tacitus cap. XX, herr geheimter justizrat Gebauer im progr. de supplicio adulterarum. Nachher sind noch an- dere ursachen der ehescheidungen durch einfürung der christlichen religion und des geistlichen rechtes bekannt worden, sihe des herrn prof. Sorbers probeschrift, welche unter dem Estorischen vorsize gehalten worden ist, de odio in matrimonia in- aequalia, cap. I § 7, und die disp. de diuortio praesertim personarum diuersae religionis il- lustr. in Germania § 45 s. 57, Heineccius am a. o. s. 266 s. 272, als die bösliche verlassung zum zeiten der Fränkischen könige, die aufhebung
mit
CXIII haubtſtuͤck
Hundert und dreizehentes haubiſtuͤck von der eheſcheidung.
§ 843
worauf die policei hier- bei ſihet?
Die policei ſezet die bevoͤlkerung eines ſtaates fuͤr das groͤſte wohlſeyn; und weiln aus ei- ner boͤſen ehe diſer endzwek nicht fluͤſſet; ſo will ſie, daß der eheſcheidung halber man keine ſchwirig- keiten in den weg legen ſolle.
§ 844
in welchen faͤllen die Teutſchen die ehen ge- trennet ha- ben?
Hiran kehreten die alten Teutſchen ſich nicht. Sie hilten iren einmal berichtigten eheverſpruch heilig, und trenneten nicht leicht die ehen, auſſer wegen begangenen ehebruchs, Tacitus cap. XVIIII, der herr graf von Buͤnau im Iten teile der reichshiſtori ſ. 56; alſo war auch bei inen die eheſcheidung eben nicht gemein, in betracht beide teile libe und treue auf das genaueſte gegen einan- der ausuͤbeten; weshalber dann auch die ehen der Teutſchen zu des Tacitus zeiten fuͤr untrennbar ge- halten wurden, iedoch um des ehebruches des ehewei- bes willen geſchahen eheſcheidungen, Tacitus cap. XX, herr geheimter juſtizrat Gebauer im progr. de ſupplicio adulterarum. Nachher ſind noch an- dere urſachen der eheſcheidungen durch einfuͤrung der chriſtlichen religion und des geiſtlichen rechtes bekannt worden, ſihe des herrn prof. Sorbers probeſchrift, welche unter dem Eſtoriſchen vorſize gehalten worden iſt, de odio in matrimonia in- aequalia, cap. I § 7, und die diſp. de diuortio praeſertim perſonarum diuerſae religionis il- luſtr. in Germania § 45 ſ. 57, Heineccius am a. o. ſ. 266 ſ. 272, als die boͤsliche verlaſſung zum zeiten der Fraͤnkiſchen koͤnige, die aufhebung
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CXIII haubtſtuͤck
Hundert und dreizehentes haubiſtuͤck
von der eheſcheidung.
§ 843
Die policei ſezet die bevoͤlkerung eines ſtaates
fuͤr das groͤſte wohlſeyn; und weiln aus ei-
ner boͤſen ehe diſer endzwek nicht fluͤſſet; ſo will ſie,
daß der eheſcheidung halber man keine ſchwirig-
keiten in den weg legen ſolle.
§ 844
Hiran kehreten die alten Teutſchen ſich nicht.
Sie hilten iren einmal berichtigten eheverſpruch
heilig, und trenneten nicht leicht die ehen, auſſer
wegen begangenen ehebruchs, Tacitus cap.
XVIIII, der herr graf von Buͤnau im Iten teile
der reichshiſtori ſ. 56; alſo war auch bei inen die
eheſcheidung eben nicht gemein, in betracht beide
teile libe und treue auf das genaueſte gegen einan-
der ausuͤbeten; weshalber dann auch die ehen der
Teutſchen zu des Tacitus zeiten fuͤr untrennbar ge-
halten wurden, iedoch um des ehebruches des ehewei-
bes willen geſchahen eheſcheidungen, Tacitus cap.
XX, herr geheimter juſtizrat Gebauer im progr. de
ſupplicio adulterarum. Nachher ſind noch an-
dere urſachen der eheſcheidungen durch einfuͤrung
der chriſtlichen religion und des geiſtlichen rechtes
bekannt worden, ſihe des herrn prof. Sorbers
probeſchrift, welche unter dem Eſtoriſchen vorſize
gehalten worden iſt, de odio in matrimonia in-
aequalia, cap. I § 7, und die diſp. de diuortio
praeſertim perſonarum diuerſae religionis il-
luſtr. in Germania § 45 ſ. 57, Heineccius am
a. o. ſ. 266 ſ. 272, als die boͤsliche verlaſſung
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Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/376>, abgerufen am 24.11.2024.
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