Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Vor allem schont die Weiber;
Doch keiner weiche aus dem Schloß, Sperrt sorglich alle Thüren!" Und langsam wendet er das Roß, Den Beilstein fortzuführen. -- Da schreitet aus der Halle Thor Ein ernster, kleiner Zug hervor, Sie leiten einen Kranken; Es ist ein Jüngling bleich und schlank, Sein Antlitz dicht verbunden. "Ein Klosterschüler -- todeskrank, Wird nimmermehr gesunden; Vergönnt, o Herr, daß er entweicht, Ein schirmend Obdach bald erreicht," Ruft flehend sein Gefährte. Der Frankensteiner schaut sich um, -- Er steht in tiefem Schatten -- Er nicket flüchtig, winket stumm, Den Auszug zu gestatten. Den Kranken hebt man auf ein Roß, Zu Pferd auch steigt sein Kampfgenoß, Und langsam sie entschwinden. Und Ruhe wird es allgemach; Im Hofe hingestrecket Ruht Freund und Feind, -- noch brennt das Dach, Von Flammen rings umlecket. Zur Mägdeschaar tritt Frankenstein: "War jüngst nicht hier ein Jungfräulein Zum Burgfried eingekehret?" "Sie war es, Herr, und bis zur Stund' Hat sie bei uns geweilet, Vor allem ſchont die Weiber;
Doch keiner weiche aus dem Schloß, Sperrt ſorglich alle Thüren!“ Und langſam wendet er das Roß, Den Beilſtein fortzuführen. — Da ſchreitet aus der Halle Thor Ein ernſter, kleiner Zug hervor, Sie leiten einen Kranken; Es iſt ein Jüngling bleich und ſchlank, Sein Antlitz dicht verbunden. „Ein Kloſterſchüler — todeskrank, Wird nimmermehr geſunden; Vergönnt, o Herr, daß er entweicht, Ein ſchirmend Obdach bald erreicht,“ Ruft flehend ſein Gefährte. Der Frankenſteiner ſchaut ſich um, — Er ſteht in tiefem Schatten — Er nicket flüchtig, winket ſtumm, Den Auszug zu geſtatten. Den Kranken hebt man auf ein Roß, Zu Pferd auch ſteigt ſein Kampfgenoß, Und langſam ſie entſchwinden. Und Ruhe wird es allgemach; Im Hofe hingeſtrecket Ruht Freund und Feind, — noch brennt das Dach, Von Flammen rings umlecket. Zur Mägdeſchaar tritt Frankenſtein: „War jüngſt nicht hier ein Jungfräulein Zum Burgfried eingekehret?“ „Sie war es, Herr, und bis zur Stund' Hat ſie bei uns geweilet, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0071" n="57"/> <lg n="3"> <l>Vor allem ſchont die Weiber;</l><lb/> <l>Doch keiner weiche aus dem Schloß,</l><lb/> <l>Sperrt ſorglich alle Thüren!“</l><lb/> <l>Und langſam wendet er das Roß,</l><lb/> <l>Den Beilſtein fortzuführen. —</l><lb/> <l>Da ſchreitet aus der Halle Thor</l><lb/> <l>Ein ernſter, kleiner Zug hervor,</l><lb/> <l>Sie leiten einen Kranken;</l><lb/> <l>Es iſt ein Jüngling bleich und ſchlank,</l><lb/> <l>Sein Antlitz dicht verbunden.</l><lb/> <l>„Ein Kloſterſchüler — todeskrank,</l><lb/> <l>Wird nimmermehr geſunden;</l><lb/> <l>Vergönnt, o Herr, daß er entweicht,</l><lb/> <l>Ein ſchirmend Obdach bald erreicht,“</l><lb/> <l>Ruft flehend ſein Gefährte.</l><lb/> <l>Der Frankenſteiner ſchaut ſich um,</l><lb/> <l>— Er ſteht in tiefem Schatten —</l><lb/> <l>Er nicket flüchtig, winket ſtumm,</l><lb/> <l>Den Auszug zu geſtatten.</l><lb/> <l>Den Kranken hebt man auf ein Roß,</l><lb/> <l>Zu Pferd auch ſteigt ſein Kampfgenoß,</l><lb/> <l>Und langſam ſie entſchwinden.</l><lb/> <l>Und Ruhe wird es allgemach;</l><lb/> <l>Im Hofe hingeſtrecket</l><lb/> <l>Ruht Freund und Feind, — noch brennt das Dach,</l><lb/> <l>Von Flammen rings umlecket.</l><lb/> <l>Zur Mägdeſchaar tritt Frankenſtein:</l><lb/> <l>„War jüngſt nicht hier ein Jungfräulein</l><lb/> <l>Zum Burgfried eingekehret?“</l><lb/> <l>„Sie war es, Herr, und bis zur Stund'</l><lb/> <l>Hat ſie bei uns geweilet,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [57/0071]
Vor allem ſchont die Weiber;
Doch keiner weiche aus dem Schloß,
Sperrt ſorglich alle Thüren!“
Und langſam wendet er das Roß,
Den Beilſtein fortzuführen. —
Da ſchreitet aus der Halle Thor
Ein ernſter, kleiner Zug hervor,
Sie leiten einen Kranken;
Es iſt ein Jüngling bleich und ſchlank,
Sein Antlitz dicht verbunden.
„Ein Kloſterſchüler — todeskrank,
Wird nimmermehr geſunden;
Vergönnt, o Herr, daß er entweicht,
Ein ſchirmend Obdach bald erreicht,“
Ruft flehend ſein Gefährte.
Der Frankenſteiner ſchaut ſich um,
— Er ſteht in tiefem Schatten —
Er nicket flüchtig, winket ſtumm,
Den Auszug zu geſtatten.
Den Kranken hebt man auf ein Roß,
Zu Pferd auch ſteigt ſein Kampfgenoß,
Und langſam ſie entſchwinden.
Und Ruhe wird es allgemach;
Im Hofe hingeſtrecket
Ruht Freund und Feind, — noch brennt das Dach,
Von Flammen rings umlecket.
Zur Mägdeſchaar tritt Frankenſtein:
„War jüngſt nicht hier ein Jungfräulein
Zum Burgfried eingekehret?“
„Sie war es, Herr, und bis zur Stund'
Hat ſie bei uns geweilet,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/71 |
Zitationshilfe: | Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/71>, abgerufen am 16.02.2025. |