Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Und zischend empor an die Bretter quillt,
Und wie es brauset gleich Schreckensgestöhn, Und Scholle und Wasser mit Donnergetön Hinjagen und splittern in wirbelnder Hast, Wie's knirschend das schwankende Schifflein erfaßt, Wie gellender Angstruf erklingt in der Rund', Da drückt er die Hand ihr, da lächelt ihr Mund; Doch wilder und wilder anstürmet der Graus, Verloren das Fahrzeug, nicht ein und nicht aus, Gleich schaukelndem Spielball empor jach geschnellt, In die Schollen gekeilt, -- wie ein Kienspahn zerschellt -- Erkrachet und stößt es! -- "O Gott! -- Christi Blut!" Und Splitter und Schollen und schäumende Fluth ... Mit mächtigem Arm in der furchtbarsten Noth, In tollkühnem Ringen um Leben und Tod, Faßt Gerhard die Liebste und hält sie und springt, Mit trotzigem Muth er hinüber sich schwingt, Wo mitten im wirbelnden, kochenden Schwall Die Eisscholle treibet, ein Block von Kristall. Und sieh', er erreicht sie, faßt Fuß, stehet fest -- "So baust Du, o Gott, uns ein schirmendes Nest!" Doch hinter ihm splitternd das Fahrzeug versinkt, Wer ist es wohl, dem noch die Rettung gelingt? Wie Epheu sich fest an den Eichenstamm schmiegt, Jung Guda am Herzen des Retters liegt; Noch faßt sie sein Arm, noch hält er sie fest An die Brust im zitternden Taumel gepreßt; Mit jubelnder Lippe, den Himmel im Klang, Jauchzt: "Otto!" sie, da sie sein Arm umschlang, Und: "Otto! Otto!" flüstert sie fort, Ihr ganzes Herz in dem einzigen Wort. Und ziſchend empor an die Bretter quillt,
Und wie es brauſet gleich Schreckensgeſtöhn, Und Scholle und Waſſer mit Donnergetön Hinjagen und ſplittern in wirbelnder Haſt, Wie's knirſchend das ſchwankende Schifflein erfaßt, Wie gellender Angſtruf erklingt in der Rund', Da drückt er die Hand ihr, da lächelt ihr Mund; Doch wilder und wilder anſtürmet der Graus, Verloren das Fahrzeug, nicht ein und nicht aus, Gleich ſchaukelndem Spielball empor jach geſchnellt, In die Schollen gekeilt, — wie ein Kienſpahn zerſchellt — Erkrachet und ſtößt es! — „O Gott! — Chriſti Blut!“ Und Splitter und Schollen und ſchäumende Fluth ... Mit mächtigem Arm in der furchtbarſten Noth, In tollkühnem Ringen um Leben und Tod, Faßt Gerhard die Liebſte und hält ſie und ſpringt, Mit trotzigem Muth er hinüber ſich ſchwingt, Wo mitten im wirbelnden, kochenden Schwall Die Eisſcholle treibet, ein Block von Kriſtall. Und ſieh', er erreicht ſie, faßt Fuß, ſtehet feſt — „So bauſt Du, o Gott, uns ein ſchirmendes Neſt!“ Doch hinter ihm ſplitternd das Fahrzeug verſinkt, Wer iſt es wohl, dem noch die Rettung gelingt? Wie Epheu ſich feſt an den Eichenſtamm ſchmiegt, Jung Guda am Herzen des Retters liegt; Noch faßt ſie ſein Arm, noch hält er ſie feſt An die Bruſt im zitternden Taumel gepreßt; Mit jubelnder Lippe, den Himmel im Klang, Jauchzt: „Otto!“ ſie, da ſie ſein Arm umſchlang, Und: „Otto! Otto!“ flüſtert ſie fort, Ihr ganzes Herz in dem einzigen Wort. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0208" n="194"/> <lg n="3"> <l>Und ziſchend empor an die Bretter quillt,</l><lb/> <l>Und wie es brauſet gleich Schreckensgeſtöhn,</l><lb/> <l>Und Scholle und Waſſer mit Donnergetön</l><lb/> <l>Hinjagen und ſplittern in wirbelnder Haſt,</l><lb/> <l>Wie's knirſchend das ſchwankende Schifflein erfaßt,</l><lb/> <l>Wie gellender Angſtruf erklingt in der Rund',</l><lb/> <l>Da drückt er die Hand ihr, da lächelt ihr Mund;</l><lb/> <l>Doch wilder und wilder anſtürmet der Graus,</l><lb/> <l>Verloren das Fahrzeug, nicht ein und nicht aus,</l><lb/> <l>Gleich ſchaukelndem Spielball empor jach geſchnellt,</l><lb/> <l>In die Schollen gekeilt, — wie ein Kienſpahn zerſchellt —</l><lb/> <l>Erkrachet und ſtößt es! — „O Gott! — Chriſti Blut!“</l><lb/> <l>Und Splitter und Schollen und ſchäumende Fluth ...</l><lb/> <l>Mit mächtigem Arm in der furchtbarſten Noth,</l><lb/> <l>In tollkühnem Ringen um Leben und Tod,</l><lb/> <l>Faßt Gerhard die Liebſte und hält ſie und ſpringt,</l><lb/> <l>Mit trotzigem Muth er hinüber ſich ſchwingt,</l><lb/> <l>Wo mitten im wirbelnden, kochenden Schwall</l><lb/> <l>Die Eisſcholle treibet, ein Block von Kriſtall.</l><lb/> <l>Und ſieh', er erreicht ſie, faßt Fuß, ſtehet feſt —</l><lb/> <l>„So bauſt Du, o Gott, uns ein ſchirmendes Neſt!“</l><lb/> <l>Doch hinter ihm ſplitternd das Fahrzeug verſinkt,</l><lb/> <l>Wer iſt es wohl, dem noch die Rettung gelingt?</l><lb/> <l>Wie Epheu ſich feſt an den Eichenſtamm ſchmiegt,</l><lb/> <l>Jung Guda am Herzen des Retters liegt;</l><lb/> <l>Noch faßt ſie ſein Arm, noch hält er ſie feſt</l><lb/> <l>An die Bruſt im zitternden Taumel gepreßt;</l><lb/> <l>Mit jubelnder Lippe, den Himmel im Klang,</l><lb/> <l>Jauchzt: „Otto!“ ſie, da ſie ſein Arm umſchlang,</l><lb/> <l>Und: „Otto! Otto!“ flüſtert ſie fort,</l><lb/> <l>Ihr ganzes Herz in dem einzigen Wort.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [194/0208]
Und ziſchend empor an die Bretter quillt,
Und wie es brauſet gleich Schreckensgeſtöhn,
Und Scholle und Waſſer mit Donnergetön
Hinjagen und ſplittern in wirbelnder Haſt,
Wie's knirſchend das ſchwankende Schifflein erfaßt,
Wie gellender Angſtruf erklingt in der Rund',
Da drückt er die Hand ihr, da lächelt ihr Mund;
Doch wilder und wilder anſtürmet der Graus,
Verloren das Fahrzeug, nicht ein und nicht aus,
Gleich ſchaukelndem Spielball empor jach geſchnellt,
In die Schollen gekeilt, — wie ein Kienſpahn zerſchellt —
Erkrachet und ſtößt es! — „O Gott! — Chriſti Blut!“
Und Splitter und Schollen und ſchäumende Fluth ...
Mit mächtigem Arm in der furchtbarſten Noth,
In tollkühnem Ringen um Leben und Tod,
Faßt Gerhard die Liebſte und hält ſie und ſpringt,
Mit trotzigem Muth er hinüber ſich ſchwingt,
Wo mitten im wirbelnden, kochenden Schwall
Die Eisſcholle treibet, ein Block von Kriſtall.
Und ſieh', er erreicht ſie, faßt Fuß, ſtehet feſt —
„So bauſt Du, o Gott, uns ein ſchirmendes Neſt!“
Doch hinter ihm ſplitternd das Fahrzeug verſinkt,
Wer iſt es wohl, dem noch die Rettung gelingt?
Wie Epheu ſich feſt an den Eichenſtamm ſchmiegt,
Jung Guda am Herzen des Retters liegt;
Noch faßt ſie ſein Arm, noch hält er ſie feſt
An die Bruſt im zitternden Taumel gepreßt;
Mit jubelnder Lippe, den Himmel im Klang,
Jauchzt: „Otto!“ ſie, da ſie ſein Arm umſchlang,
Und: „Otto! Otto!“ flüſtert ſie fort,
Ihr ganzes Herz in dem einzigen Wort.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/208 |
Zitationshilfe: | Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/208>, abgerufen am 16.02.2025. |