Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Und gebeten, dieses Brieflein
An den Frankensteiner Ritter Recht behutsam abzugeben. Nun hab' er von Goarshausen Bald zu Fuß sich herbegeben, Sei vom Schneesturm überraschet, Schier vom rechten Weg gerathen Und im Tann vor Kält' und Hunger Und Ermattung fast verkommen. -- Doch das Schreiben von Wunfriedus Brachte keine Freudenbotschaft, Es erzählte, daß Bertholdus Schon den Frankenstein zerstöret9) Und anitzt vor Salzung' läge. "Doch getrost nur, lieber Neffe," Schrieb der Abt zum Schluß der Kunde, "Weißt, was ich in Königs Namen Dir so sicher hab' versprochen! Schon schickt' ich ihm treue Boten, Die Dein Unbill klagen sollen, Und, vertrau' ihm, König Wilhelm Wird Dein Land zurückerobern, Also hat er mir's geschworen." -- Lange saß der Frankensteiner Stumm, mit schwer bewölkter Stirne, Nagte zornig seine Lippen, Und die Hand, zur Faust geballet, Zitterte am Griff des Schwertes. Endlich rang sich's wie ein Stöhnen Aus der Brust: "Gerhardus Rochus, Braucht Ihr jemals grausam herbe Und gebeten, dieſes Brieflein
An den Frankenſteiner Ritter Recht behutſam abzugeben. Nun hab' er von Goarshauſen Bald zu Fuß ſich herbegeben, Sei vom Schneeſturm überraſchet, Schier vom rechten Weg gerathen Und im Tann vor Kält' und Hunger Und Ermattung faſt verkommen. — Doch das Schreiben von Wunfriedus Brachte keine Freudenbotſchaft, Es erzählte, daß Bertholdus Schon den Frankenſtein zerſtöret9) Und anitzt vor Salzung' läge. „Doch getroſt nur, lieber Neffe,“ Schrieb der Abt zum Schluß der Kunde, „Weißt, was ich in Königs Namen Dir ſo ſicher hab' verſprochen! Schon ſchickt' ich ihm treue Boten, Die Dein Unbill klagen ſollen, Und, vertrau' ihm, König Wilhelm Wird Dein Land zurückerobern, Alſo hat er mir's geſchworen.“ — Lange ſaß der Frankenſteiner Stumm, mit ſchwer bewölkter Stirne, Nagte zornig ſeine Lippen, Und die Hand, zur Fauſt geballet, Zitterte am Griff des Schwertes. Endlich rang ſich's wie ein Stöhnen Aus der Bruſt: „Gerhardus Rochus, Braucht Ihr jemals grauſam herbe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0192" n="178"/> <lg n="2"> <l>Und gebeten, dieſes Brieflein</l><lb/> <l>An den Frankenſteiner Ritter</l><lb/> <l>Recht behutſam abzugeben.</l><lb/> <l>Nun hab' er von Goarshauſen</l><lb/> <l>Bald zu Fuß ſich herbegeben,</l><lb/> <l>Sei vom Schneeſturm überraſchet,</l><lb/> <l>Schier vom rechten Weg gerathen</l><lb/> <l>Und im Tann vor Kält' und Hunger</l><lb/> <l>Und Ermattung faſt verkommen. —</l><lb/> <l>Doch das Schreiben von Wunfriedus</l><lb/> <l>Brachte keine Freudenbotſchaft,</l><lb/> <l>Es erzählte, daß Bertholdus</l><lb/> <l>Schon den Frankenſtein zerſtöret<hi rendition="#sup">9</hi>)</l><lb/> <l>Und anitzt vor Salzung' läge.</l><lb/> <l>„Doch getroſt nur, lieber Neffe,“</l><lb/> <l>Schrieb der Abt zum Schluß der Kunde,</l><lb/> <l>„Weißt, was ich in Königs Namen</l><lb/> <l>Dir ſo ſicher hab' verſprochen!</l><lb/> <l>Schon ſchickt' ich ihm treue Boten,</l><lb/> <l>Die Dein Unbill klagen ſollen,</l><lb/> <l>Und, vertrau' ihm, König Wilhelm</l><lb/> <l>Wird Dein Land zurückerobern,</l><lb/> <l>Alſo hat er mir's geſchworen.“ —</l><lb/> <l>Lange ſaß der Frankenſteiner</l><lb/> <l>Stumm, mit ſchwer bewölkter Stirne,</l><lb/> <l>Nagte zornig ſeine Lippen,</l><lb/> <l>Und die Hand, zur Fauſt geballet,</l><lb/> <l>Zitterte am Griff des Schwertes.</l><lb/> <l>Endlich rang ſich's wie ein Stöhnen</l><lb/> <l>Aus der Bruſt: „Gerhardus Rochus,</l><lb/> <l>Braucht Ihr jemals grauſam herbe</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [178/0192]
Und gebeten, dieſes Brieflein
An den Frankenſteiner Ritter
Recht behutſam abzugeben.
Nun hab' er von Goarshauſen
Bald zu Fuß ſich herbegeben,
Sei vom Schneeſturm überraſchet,
Schier vom rechten Weg gerathen
Und im Tann vor Kält' und Hunger
Und Ermattung faſt verkommen. —
Doch das Schreiben von Wunfriedus
Brachte keine Freudenbotſchaft,
Es erzählte, daß Bertholdus
Schon den Frankenſtein zerſtöret9)
Und anitzt vor Salzung' läge.
„Doch getroſt nur, lieber Neffe,“
Schrieb der Abt zum Schluß der Kunde,
„Weißt, was ich in Königs Namen
Dir ſo ſicher hab' verſprochen!
Schon ſchickt' ich ihm treue Boten,
Die Dein Unbill klagen ſollen,
Und, vertrau' ihm, König Wilhelm
Wird Dein Land zurückerobern,
Alſo hat er mir's geſchworen.“ —
Lange ſaß der Frankenſteiner
Stumm, mit ſchwer bewölkter Stirne,
Nagte zornig ſeine Lippen,
Und die Hand, zur Fauſt geballet,
Zitterte am Griff des Schwertes.
Endlich rang ſich's wie ein Stöhnen
Aus der Bruſt: „Gerhardus Rochus,
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Zitationshilfe: | Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/192>, abgerufen am 16.02.2025. |