Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Halb erfroren, matt zum sterben,
Und sie betten ihn fürsorglich Auf des Ritters nied'res Lager, Lassen ihn den Glühwein schlürfen, Reiben die erstarrten Glieder. Und der Mönch erholt sich langsam, Oeffnet weit die blauen Augen Und reicht Robert beide Hände. "Gott vergelt's Euch, Freunde!" sagt er, "Kamet just zur rechten Stunde." Und er richtet halb empor sich, Schaut sich um in dem Gemache, Blicket lang' auf Junker Robert Und sagt leis: "Dies ist die Klause, Drinnen eine Katze hauset?" Und da Robert jach empor schrickt, Zieht ein glückdurchstrahlet Lächeln Ueber seines Gastes Züge: "Wohl mir, daß ich nun am Ziele! Ritter Robert Frankensteiner, 'S ist zu Euch, daß mich der Weg führt, Denn ich komm' von Sanct Johannis, Trage einen Brief vom Abte, Und ich heiß' Gerhardus Rochus." -- Und er reicht den Pergamentstreif, Sinkt erschöpft zurück zum Lager Und schließt abermals die Augen. Robert aber hält das Schriftstück, Starrt darauf und kann's nicht lesen, Und so setzt er sich geduldig An des jungen Mönches Seite, Halb erfroren, matt zum ſterben,
Und ſie betten ihn fürſorglich Auf des Ritters nied'res Lager, Laſſen ihn den Glühwein ſchlürfen, Reiben die erſtarrten Glieder. Und der Mönch erholt ſich langſam, Oeffnet weit die blauen Augen Und reicht Robert beide Hände. „Gott vergelt's Euch, Freunde!“ ſagt er, „Kamet juſt zur rechten Stunde.“ Und er richtet halb empor ſich, Schaut ſich um in dem Gemache, Blicket lang' auf Junker Robert Und ſagt leis: „Dies iſt die Klauſe, Drinnen eine Katze hauſet?“ Und da Robert jach empor ſchrickt, Zieht ein glückdurchſtrahlet Lächeln Ueber ſeines Gaſtes Züge: „Wohl mir, daß ich nun am Ziele! Ritter Robert Frankenſteiner, 'S iſt zu Euch, daß mich der Weg führt, Denn ich komm' von Sanct Johannis, Trage einen Brief vom Abte, Und ich heiß' Gerhardus Rochus.“ — Und er reicht den Pergamentſtreif, Sinkt erſchöpft zurück zum Lager Und ſchließt abermals die Augen. Robert aber hält das Schriftſtück, Starrt darauf und kann's nicht leſen, Und ſo ſetzt er ſich geduldig An des jungen Mönches Seite, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0190" n="176"/> <lg n="4"> <l>Halb erfroren, matt zum ſterben,</l><lb/> <l>Und ſie betten ihn fürſorglich</l><lb/> <l>Auf des Ritters nied'res Lager,</l><lb/> <l>Laſſen ihn den Glühwein ſchlürfen,</l><lb/> <l>Reiben die erſtarrten Glieder.</l><lb/> <l>Und der Mönch erholt ſich langſam,</l><lb/> <l>Oeffnet weit die blauen Augen</l><lb/> <l>Und reicht Robert beide Hände.</l><lb/> <l>„Gott vergelt's Euch, Freunde!“ ſagt er,</l><lb/> <l>„Kamet juſt zur rechten Stunde.“</l><lb/> <l>Und er richtet halb empor ſich,</l><lb/> <l>Schaut ſich um in dem Gemache,</l><lb/> <l>Blicket lang' auf Junker Robert</l><lb/> <l>Und ſagt leis: „Dies iſt die Klauſe,</l><lb/> <l>Drinnen eine Katze hauſet?“</l><lb/> <l>Und da Robert jach empor ſchrickt,</l><lb/> <l>Zieht ein glückdurchſtrahlet Lächeln</l><lb/> <l>Ueber ſeines Gaſtes Züge:</l><lb/> <l>„Wohl mir, daß ich nun am Ziele!</l><lb/> <l>Ritter Robert Frankenſteiner,</l><lb/> <l>'S iſt zu Euch, daß mich der Weg führt,</l><lb/> <l>Denn ich komm' von Sanct Johannis,</l><lb/> <l>Trage einen Brief vom Abte,</l><lb/> <l>Und ich heiß' Gerhardus Rochus.“ —</l><lb/> <l>Und er reicht den Pergamentſtreif,</l><lb/> <l>Sinkt erſchöpft zurück zum Lager</l><lb/> <l>Und ſchließt abermals die Augen.</l><lb/> <l>Robert aber hält das Schriftſtück,</l><lb/> <l>Starrt darauf und kann's nicht leſen,</l><lb/> <l>Und ſo ſetzt er ſich geduldig</l><lb/> <l>An des jungen Mönches Seite,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [176/0190]
Halb erfroren, matt zum ſterben,
Und ſie betten ihn fürſorglich
Auf des Ritters nied'res Lager,
Laſſen ihn den Glühwein ſchlürfen,
Reiben die erſtarrten Glieder.
Und der Mönch erholt ſich langſam,
Oeffnet weit die blauen Augen
Und reicht Robert beide Hände.
„Gott vergelt's Euch, Freunde!“ ſagt er,
„Kamet juſt zur rechten Stunde.“
Und er richtet halb empor ſich,
Schaut ſich um in dem Gemache,
Blicket lang' auf Junker Robert
Und ſagt leis: „Dies iſt die Klauſe,
Drinnen eine Katze hauſet?“
Und da Robert jach empor ſchrickt,
Zieht ein glückdurchſtrahlet Lächeln
Ueber ſeines Gaſtes Züge:
„Wohl mir, daß ich nun am Ziele!
Ritter Robert Frankenſteiner,
'S iſt zu Euch, daß mich der Weg führt,
Denn ich komm' von Sanct Johannis,
Trage einen Brief vom Abte,
Und ich heiß' Gerhardus Rochus.“ —
Und er reicht den Pergamentſtreif,
Sinkt erſchöpft zurück zum Lager
Und ſchließt abermals die Augen.
Robert aber hält das Schriftſtück,
Starrt darauf und kann's nicht leſen,
Und ſo ſetzt er ſich geduldig
An des jungen Mönches Seite,
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