Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886."Warum seid Ihr Mönch geworden?"
Forschet Nella eifrig weiter, "War't von Kind an Ihr bestimmet Zu des Glaubens heil'gem Streiter?" "Nein, ich war ein Ritter, Fräulein, War mit Leib und Seel' ein Ritter; War kein Roß zu wild im Stalle, War zu hoch nie Liebchens Gitter, Und kein feindlich Schwert zu scharf mir! Aber seht, solch' ein Geselle Findet Händel, Raufen, Tollen, Und ein böses Wort fliegt schnelle. -- O, daß doch die bösen Worte Möchten schwinden von der Erden, Denn um solcher Worte Willen Kann ich nie mehr glücklich werden! Habe einen Trautgesellen Wohl im wilden Zorn und Hassen, Statt das Näh're zu erforschen, Schnöd' und tückisch einst verlassen, Ihn den Feinden überliefert, Die ihn hart und schnell gerichtet, Die des armen, braven Burschen Ganzes Lebensglück vernichtet! Als es längst gescheh'n, nach Jahren, Da erfuhr ich wahre Kunde, Daß ich schuldlos Blut verrathen! -- Drum die Binde auf dem Munde. Sühnen konnt' ich's nicht am Freunde, Er war tief in Noth gestorben; Darum habe ich zur Buße „Warum ſeid Ihr Mönch geworden?“
Forſchet Nella eifrig weiter, „War't von Kind an Ihr beſtimmet Zu des Glaubens heil'gem Streiter?“ „Nein, ich war ein Ritter, Fräulein, War mit Leib und Seel' ein Ritter; War kein Roß zu wild im Stalle, War zu hoch nie Liebchens Gitter, Und kein feindlich Schwert zu ſcharf mir! Aber ſeht, ſolch' ein Geſelle Findet Händel, Raufen, Tollen, Und ein böſes Wort fliegt ſchnelle. — O, daß doch die böſen Worte Möchten ſchwinden von der Erden, Denn um ſolcher Worte Willen Kann ich nie mehr glücklich werden! Habe einen Trautgeſellen Wohl im wilden Zorn und Haſſen, Statt das Näh're zu erforſchen, Schnöd' und tückiſch einſt verlaſſen, Ihn den Feinden überliefert, Die ihn hart und ſchnell gerichtet, Die des armen, braven Burſchen Ganzes Lebensglück vernichtet! Als es längſt geſcheh'n, nach Jahren, Da erfuhr ich wahre Kunde, Daß ich ſchuldlos Blut verrathen! — Drum die Binde auf dem Munde. Sühnen konnt' ich's nicht am Freunde, Er war tief in Noth geſtorben; Darum habe ich zur Buße <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0178" n="164"/> <lg n="4"> <l>„Warum ſeid Ihr Mönch geworden?“</l><lb/> <l>Forſchet Nella eifrig weiter,</l><lb/> <l>„War't von Kind an Ihr beſtimmet</l><lb/> <l>Zu des Glaubens heil'gem Streiter?“</l><lb/> <l>„Nein, ich war ein Ritter, Fräulein,</l><lb/> <l>War mit Leib und Seel' ein Ritter;</l><lb/> <l>War kein Roß zu wild im Stalle,</l><lb/> <l>War zu hoch nie Liebchens Gitter,</l><lb/> <l>Und kein feindlich Schwert zu ſcharf mir!</l><lb/> <l>Aber ſeht, ſolch' ein Geſelle</l><lb/> <l>Findet Händel, Raufen, Tollen,</l><lb/> <l>Und ein böſes Wort fliegt ſchnelle. —</l><lb/> <l>O, daß doch die böſen Worte</l><lb/> <l>Möchten ſchwinden von der Erden,</l><lb/> <l>Denn um ſolcher Worte Willen</l><lb/> <l>Kann ich nie mehr glücklich werden!</l><lb/> <l>Habe einen Trautgeſellen</l><lb/> <l>Wohl im wilden Zorn und Haſſen,</l><lb/> <l>Statt das Näh're zu erforſchen,</l><lb/> <l>Schnöd' und tückiſch einſt verlaſſen,</l><lb/> <l>Ihn den Feinden überliefert,</l><lb/> <l>Die ihn hart und ſchnell gerichtet,</l><lb/> <l>Die des armen, braven Burſchen</l><lb/> <l>Ganzes Lebensglück vernichtet!</l><lb/> <l>Als es längſt geſcheh'n, nach Jahren,</l><lb/> <l>Da erfuhr ich wahre Kunde,</l><lb/> <l>Daß ich ſchuldlos Blut verrathen! —</l><lb/> <l>Drum die Binde auf dem Munde.</l><lb/> <l>Sühnen konnt' ich's nicht am Freunde,</l><lb/> <l>Er war tief in Noth geſtorben;</l><lb/> <l>Darum habe ich zur Buße</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [164/0178]
„Warum ſeid Ihr Mönch geworden?“
Forſchet Nella eifrig weiter,
„War't von Kind an Ihr beſtimmet
Zu des Glaubens heil'gem Streiter?“
„Nein, ich war ein Ritter, Fräulein,
War mit Leib und Seel' ein Ritter;
War kein Roß zu wild im Stalle,
War zu hoch nie Liebchens Gitter,
Und kein feindlich Schwert zu ſcharf mir!
Aber ſeht, ſolch' ein Geſelle
Findet Händel, Raufen, Tollen,
Und ein böſes Wort fliegt ſchnelle. —
O, daß doch die böſen Worte
Möchten ſchwinden von der Erden,
Denn um ſolcher Worte Willen
Kann ich nie mehr glücklich werden!
Habe einen Trautgeſellen
Wohl im wilden Zorn und Haſſen,
Statt das Näh're zu erforſchen,
Schnöd' und tückiſch einſt verlaſſen,
Ihn den Feinden überliefert,
Die ihn hart und ſchnell gerichtet,
Die des armen, braven Burſchen
Ganzes Lebensglück vernichtet!
Als es längſt geſcheh'n, nach Jahren,
Da erfuhr ich wahre Kunde,
Daß ich ſchuldlos Blut verrathen! —
Drum die Binde auf dem Munde.
Sühnen konnt' ich's nicht am Freunde,
Er war tief in Noth geſtorben;
Darum habe ich zur Buße
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Zitationshilfe: | Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/178>, abgerufen am 16.02.2025. |