Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Höllenfürst und allen Teufeln,
Reden will ich, Abt Wunfriedus, Und Ihr sollt der Rede staunen! Haben sich die Lästerzungen Hier im Kloster Sanct Johannis, Mich verketzernd, eingenistet, Daß Ihr mich wie einen Schandbub', Beichte heischend, vor Euch ladet?" Hob das ernste, bleiche Antlitz Abt Wunfriedus und sprach ruhig: "Fein bedächtig, Junker Robert! Wißt, daß ich Euch hergerufen Unterm Scheine alter Freundschaft, Einer Zwiesprach hier zu pflegen, Nicht um Euer Thun zu richten; Ihr hingegen führet Reden, Die ein friedliches Berathen Schier unmöglich machen. -- Demuth Heisch' ich hier als Euer Priester, Offenheit als Freund und Oheim. Ist's Geheimniß denn geblieben, Was in Kreuzburg vorgefallen? Soll allein in Sanct Johannis Niemand ahnen, was im Lande Weit schon über Thüring's Grenzen Kecklich alle Spatzen pfeifen? Und wie wißt Ihr, ob ich's glaube; Ob ich nicht in schweren Sorgen Aengstlich forschte, ob dies Schreckniß Nicht geschah de gravi causa? Seid Ihr schuldig, Junker Robert, Höllenfürſt und allen Teufeln,
Reden will ich, Abt Wunfriedus, Und Ihr ſollt der Rede ſtaunen! Haben ſich die Läſterzungen Hier im Kloſter Sanct Johannis, Mich verketzernd, eingeniſtet, Daß Ihr mich wie einen Schandbub', Beichte heiſchend, vor Euch ladet?“ Hob das ernſte, bleiche Antlitz Abt Wunfriedus und ſprach ruhig: „Fein bedächtig, Junker Robert! Wißt, daß ich Euch hergerufen Unterm Scheine alter Freundſchaft, Einer Zwieſprach hier zu pflegen, Nicht um Euer Thun zu richten; Ihr hingegen führet Reden, Die ein friedliches Berathen Schier unmöglich machen. — Demuth Heiſch' ich hier als Euer Prieſter, Offenheit als Freund und Oheim. Iſt's Geheimniß denn geblieben, Was in Kreuzburg vorgefallen? Soll allein in Sanct Johannis Niemand ahnen, was im Lande Weit ſchon über Thüring's Grenzen Kecklich alle Spatzen pfeifen? Und wie wißt Ihr, ob ich's glaube; Ob ich nicht in ſchweren Sorgen Aengſtlich forſchte, ob dies Schreckniß Nicht geſchah de gravi causa? Seid Ihr ſchuldig, Junker Robert, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0016" n="2"/> <lg n="2"> <l>Höllenfürſt und allen Teufeln,</l><lb/> <l>Reden will ich, Abt Wunfriedus,</l><lb/> <l>Und Ihr ſollt der Rede ſtaunen!</l><lb/> <l>Haben ſich die Läſterzungen</l><lb/> <l>Hier im Kloſter Sanct Johannis,</l><lb/> <l>Mich verketzernd, eingeniſtet,</l><lb/> <l>Daß Ihr mich wie einen Schandbub',</l><lb/> <l>Beichte heiſchend, vor Euch ladet?“</l><lb/> <l>Hob das ernſte, bleiche Antlitz</l><lb/> <l>Abt Wunfriedus und ſprach ruhig:</l><lb/> <l>„Fein bedächtig, Junker Robert!</l><lb/> <l>Wißt, daß ich Euch hergerufen</l><lb/> <l>Unterm Scheine alter Freundſchaft,</l><lb/> <l>Einer Zwieſprach hier zu pflegen,</l><lb/> <l>Nicht um Euer Thun zu richten;</l><lb/> <l>Ihr hingegen führet Reden,</l><lb/> <l>Die ein friedliches Berathen</l><lb/> <l>Schier unmöglich machen. — Demuth</l><lb/> <l>Heiſch' ich hier als Euer Prieſter,</l><lb/> <l>Offenheit als Freund und Oheim.</l><lb/> <l>Iſt's Geheimniß denn geblieben,</l><lb/> <l>Was in Kreuzburg vorgefallen?</l><lb/> <l>Soll allein in Sanct Johannis</l><lb/> <l>Niemand ahnen, was im Lande</l><lb/> <l>Weit ſchon über Thüring's Grenzen</l><lb/> <l>Kecklich alle Spatzen pfeifen?</l><lb/> <l>Und wie wißt Ihr, ob ich's glaube;</l><lb/> <l>Ob ich nicht in ſchweren Sorgen</l><lb/> <l>Aengſtlich forſchte, ob dies Schreckniß</l><lb/> <l>Nicht geſchah <hi rendition="#aq">de gravi causa</hi>?</l><lb/> <l>Seid Ihr ſchuldig, Junker Robert,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [2/0016]
Höllenfürſt und allen Teufeln,
Reden will ich, Abt Wunfriedus,
Und Ihr ſollt der Rede ſtaunen!
Haben ſich die Läſterzungen
Hier im Kloſter Sanct Johannis,
Mich verketzernd, eingeniſtet,
Daß Ihr mich wie einen Schandbub',
Beichte heiſchend, vor Euch ladet?“
Hob das ernſte, bleiche Antlitz
Abt Wunfriedus und ſprach ruhig:
„Fein bedächtig, Junker Robert!
Wißt, daß ich Euch hergerufen
Unterm Scheine alter Freundſchaft,
Einer Zwieſprach hier zu pflegen,
Nicht um Euer Thun zu richten;
Ihr hingegen führet Reden,
Die ein friedliches Berathen
Schier unmöglich machen. — Demuth
Heiſch' ich hier als Euer Prieſter,
Offenheit als Freund und Oheim.
Iſt's Geheimniß denn geblieben,
Was in Kreuzburg vorgefallen?
Soll allein in Sanct Johannis
Niemand ahnen, was im Lande
Weit ſchon über Thüring's Grenzen
Kecklich alle Spatzen pfeifen?
Und wie wißt Ihr, ob ich's glaube;
Ob ich nicht in ſchweren Sorgen
Aengſtlich forſchte, ob dies Schreckniß
Nicht geſchah de gravi causa?
Seid Ihr ſchuldig, Junker Robert,
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