Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Ob's Dein Glück nicht sei, zu folgen; Den Entschluß, den Du gefaßt hast, Bringst Du mir empor zur Wartburg Heute Abend noch, denn morgen Mit dem frühsten muß ich reisen. Sorg' für nichts, denn was Du brauchest, Findest Du in meinem Vorrath, Nur ein treues Herz voll Liebe Bring' mir zu, -- und somit, Guda, Lebe wohl! -- ich harre Deiner, Und so Gott will, nicht vergebens." Einsam, schweigend sitzt das Waldkind;
In dem Schooße ruh'n die Hände, Große Thränen rollen langsam Ueber die gebräunten Wangen, Und die Augen blicken glanzlos Starr herab auf Gras und Blüthen. "Soll mein Herz mitbringen", seufzt sie, "Das just, was allhier im Lande Wohl in Ewigkeit verbleibet. Und Gerhardus? -- Nein, ich kann's nicht, Kann nicht leben, wenn ich nicht mehr Seine traute Stimme höre, In die blauen Augen schaue, Die kein Himmel mir ersetzet. Einsam ist er, wenn ich gehe, Keine Seele ist auf Erden Der er sich mag offenbaren, Und das Angedenken aller Stunden, die wir hier verplaudert, Ob's Dein Glück nicht ſei, zu folgen; Den Entſchluß, den Du gefaßt haſt, Bringſt Du mir empor zur Wartburg Heute Abend noch, denn morgen Mit dem frühſten muß ich reiſen. Sorg' für nichts, denn was Du braucheſt, Findeſt Du in meinem Vorrath, Nur ein treues Herz voll Liebe Bring' mir zu, — und ſomit, Guda, Lebe wohl! — ich harre Deiner, Und ſo Gott will, nicht vergebens.“ Einſam, ſchweigend ſitzt das Waldkind;
In dem Schooße ruh'n die Hände, Große Thränen rollen langſam Ueber die gebräunten Wangen, Und die Augen blicken glanzlos Starr herab auf Gras und Blüthen. „Soll mein Herz mitbringen“, ſeufzt ſie, „Das juſt, was allhier im Lande Wohl in Ewigkeit verbleibet. Und Gerhardus? — Nein, ich kann's nicht, Kann nicht leben, wenn ich nicht mehr Seine traute Stimme höre, In die blauen Augen ſchaue, Die kein Himmel mir erſetzet. Einſam iſt er, wenn ich gehe, Keine Seele iſt auf Erden Der er ſich mag offenbaren, Und das Angedenken aller Stunden, die wir hier verplaudert, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0157" n="143"/> <lg n="6"> <l>Ob's Dein Glück nicht ſei, zu folgen;</l><lb/> <l>Den Entſchluß, den Du gefaßt haſt,</l><lb/> <l>Bringſt Du mir empor zur Wartburg</l><lb/> <l>Heute Abend noch, denn morgen</l><lb/> <l>Mit dem frühſten muß ich reiſen.</l><lb/> <l>Sorg' für nichts, denn was Du braucheſt,</l><lb/> <l>Findeſt Du in meinem Vorrath,</l><lb/> <l>Nur ein treues Herz voll Liebe</l><lb/> <l>Bring' mir zu, — und ſomit, Guda,</l><lb/> <l>Lebe wohl! — ich harre Deiner,</l><lb/> <l>Und ſo Gott will, nicht vergebens.“</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Einſam, ſchweigend ſitzt das Waldkind;</l><lb/> <l>In dem Schooße ruh'n die Hände,</l><lb/> <l>Große Thränen rollen langſam</l><lb/> <l>Ueber die gebräunten Wangen,</l><lb/> <l>Und die Augen blicken glanzlos</l><lb/> <l>Starr herab auf Gras und Blüthen.</l><lb/> <l>„Soll mein Herz mitbringen“, ſeufzt ſie,</l><lb/> <l>„Das juſt, was allhier im Lande</l><lb/> <l>Wohl in Ewigkeit verbleibet.</l><lb/> <l>Und Gerhardus? — Nein, ich kann's nicht,</l><lb/> <l>Kann nicht leben, wenn ich nicht mehr</l><lb/> <l>Seine traute Stimme höre,</l><lb/> <l>In die blauen Augen ſchaue,</l><lb/> <l>Die kein Himmel mir erſetzet.</l><lb/> <l>Einſam iſt er, wenn ich gehe,</l><lb/> <l>Keine Seele iſt auf Erden</l><lb/> <l>Der er ſich mag offenbaren,</l><lb/> <l>Und das Angedenken aller</l><lb/> <l>Stunden, die wir hier verplaudert,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [143/0157]
Ob's Dein Glück nicht ſei, zu folgen;
Den Entſchluß, den Du gefaßt haſt,
Bringſt Du mir empor zur Wartburg
Heute Abend noch, denn morgen
Mit dem frühſten muß ich reiſen.
Sorg' für nichts, denn was Du braucheſt,
Findeſt Du in meinem Vorrath,
Nur ein treues Herz voll Liebe
Bring' mir zu, — und ſomit, Guda,
Lebe wohl! — ich harre Deiner,
Und ſo Gott will, nicht vergebens.“
Einſam, ſchweigend ſitzt das Waldkind;
In dem Schooße ruh'n die Hände,
Große Thränen rollen langſam
Ueber die gebräunten Wangen,
Und die Augen blicken glanzlos
Starr herab auf Gras und Blüthen.
„Soll mein Herz mitbringen“, ſeufzt ſie,
„Das juſt, was allhier im Lande
Wohl in Ewigkeit verbleibet.
Und Gerhardus? — Nein, ich kann's nicht,
Kann nicht leben, wenn ich nicht mehr
Seine traute Stimme höre,
In die blauen Augen ſchaue,
Die kein Himmel mir erſetzet.
Einſam iſt er, wenn ich gehe,
Keine Seele iſt auf Erden
Der er ſich mag offenbaren,
Und das Angedenken aller
Stunden, die wir hier verplaudert,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/157 |
Zitationshilfe: | Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/157>, abgerufen am 16.02.2025. |