Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Des Altanes ist Nella gesunken,
Wie fiebernd preßt sie des Ritters Hand: "Er log es -- o, sagt, daß er trunken!" Ernst schüttelt das Haupt er: "Vieltrauteste, nein, Er redete wahr. Ich bin Frankenstein, Der wilde Junker geheißen." Da schnellt sie empor, da blicket sie wild: "Ihr thatet den Beilstein ermorden?" Verwandelt ist jählings das liebliche Bild, Die Taube ist Löwin geworden: "O, Fluch dann und ewiger Haß jener Hand, Die schändend die meine so heuchelnd umspannt, Aus meinen Augen, Verbrecher! Ihr wagt es, zu werben um eine Maid, Der Ihr den Oheim erschlagen? Der Ihr die Heimath zerstört alle Zeit, Die zum Raubnest empor Ihr getragen? Ha, wohl mir, daß ich den Namen gewann, Jetzt ohne Bedenken klag' ich Euch an, Ich will's, und ich hab' es geschworen!" Mit ruhiger Stimme, doch ernst und gefaßt Spricht Robert: "Was Ihr geschworen, Das müßt Ihr erfüllen. Wen Berthold haßt, Der ist wohl für immer verloren; Doch sei's drum, ich fürchte kein weltlich Gericht, Ihr aber, Nella, Ihr solltet mich nicht So ungerechtfertigt verdammen!" "Rechtfertigen? Euch?! Welch' verwegenes Wort, Das soll mich, bei Gott, nicht bethören, Geht hin vor den Richter, verantwortet's dort, Laßt dort Eure Redekunst hören! Des Altanes iſt Nella geſunken,
Wie fiebernd preßt ſie des Ritters Hand: „Er log es — o, ſagt, daß er trunken!“ Ernſt ſchüttelt das Haupt er: „Vieltrauteſte, nein, Er redete wahr. Ich bin Frankenſtein, Der wilde Junker geheißen.“ Da ſchnellt ſie empor, da blicket ſie wild: „Ihr thatet den Beilſtein ermorden?“ Verwandelt iſt jählings das liebliche Bild, Die Taube iſt Löwin geworden: „O, Fluch dann und ewiger Haß jener Hand, Die ſchändend die meine ſo heuchelnd umſpannt, Aus meinen Augen, Verbrecher! Ihr wagt es, zu werben um eine Maid, Der Ihr den Oheim erſchlagen? Der Ihr die Heimath zerſtört alle Zeit, Die zum Raubneſt empor Ihr getragen? Ha, wohl mir, daß ich den Namen gewann, Jetzt ohne Bedenken klag' ich Euch an, Ich will's, und ich hab' es geſchworen!“ Mit ruhiger Stimme, doch ernſt und gefaßt Spricht Robert: „Was Ihr geſchworen, Das müßt Ihr erfüllen. Wen Berthold haßt, Der iſt wohl für immer verloren; Doch ſei's drum, ich fürchte kein weltlich Gericht, Ihr aber, Nella, Ihr ſolltet mich nicht So ungerechtfertigt verdammen!“ „Rechtfertigen? Euch?! Welch' verwegenes Wort, Das ſoll mich, bei Gott, nicht bethören, Geht hin vor den Richter, verantwortet's dort, Laßt dort Eure Redekunſt hören! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0151" n="137"/> <lg n="10"> <l>Des Altanes iſt Nella geſunken,</l><lb/> <l>Wie fiebernd preßt ſie des Ritters Hand:</l><lb/> <l>„Er log es — o, ſagt, daß er trunken!“</l><lb/> <l>Ernſt ſchüttelt das Haupt er: „Vieltrauteſte, nein,</l><lb/> <l>Er redete wahr. Ich bin Frankenſtein,</l><lb/> <l>Der wilde Junker geheißen.“</l><lb/> <l>Da ſchnellt ſie empor, da blicket ſie wild:</l><lb/> <l>„Ihr thatet den Beilſtein ermorden?“</l><lb/> <l>Verwandelt iſt jählings das liebliche Bild,</l><lb/> <l>Die Taube iſt Löwin geworden:</l><lb/> <l>„O, Fluch dann und ewiger Haß jener Hand,</l><lb/> <l>Die ſchändend die meine ſo heuchelnd umſpannt,</l><lb/> <l>Aus meinen Augen, Verbrecher!</l><lb/> <l>Ihr wagt es, zu werben um eine Maid,</l><lb/> <l>Der Ihr den Oheim erſchlagen?</l><lb/> <l>Der Ihr die Heimath zerſtört alle Zeit,</l><lb/> <l>Die zum Raubneſt empor Ihr getragen?</l><lb/> <l>Ha, wohl mir, daß ich den Namen gewann,</l><lb/> <l>Jetzt ohne Bedenken klag' ich Euch an,</l><lb/> <l>Ich will's, und ich hab' es geſchworen!“</l><lb/> <l>Mit ruhiger Stimme, doch ernſt und gefaßt</l><lb/> <l>Spricht Robert: „Was Ihr geſchworen,</l><lb/> <l>Das müßt Ihr erfüllen. Wen Berthold haßt,</l><lb/> <l>Der iſt wohl für immer verloren;</l><lb/> <l>Doch ſei's drum, ich fürchte kein weltlich Gericht,</l><lb/> <l>Ihr aber, Nella, Ihr ſolltet mich nicht</l><lb/> <l>So ungerechtfertigt verdammen!“</l><lb/> <l>„Rechtfertigen? Euch?! Welch' verwegenes Wort,</l><lb/> <l>Das ſoll mich, bei Gott, nicht bethören,</l><lb/> <l>Geht hin vor den Richter, verantwortet's dort,</l><lb/> <l>Laßt dort Eure Redekunſt hören!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [137/0151]
Des Altanes iſt Nella geſunken,
Wie fiebernd preßt ſie des Ritters Hand:
„Er log es — o, ſagt, daß er trunken!“
Ernſt ſchüttelt das Haupt er: „Vieltrauteſte, nein,
Er redete wahr. Ich bin Frankenſtein,
Der wilde Junker geheißen.“
Da ſchnellt ſie empor, da blicket ſie wild:
„Ihr thatet den Beilſtein ermorden?“
Verwandelt iſt jählings das liebliche Bild,
Die Taube iſt Löwin geworden:
„O, Fluch dann und ewiger Haß jener Hand,
Die ſchändend die meine ſo heuchelnd umſpannt,
Aus meinen Augen, Verbrecher!
Ihr wagt es, zu werben um eine Maid,
Der Ihr den Oheim erſchlagen?
Der Ihr die Heimath zerſtört alle Zeit,
Die zum Raubneſt empor Ihr getragen?
Ha, wohl mir, daß ich den Namen gewann,
Jetzt ohne Bedenken klag' ich Euch an,
Ich will's, und ich hab' es geſchworen!“
Mit ruhiger Stimme, doch ernſt und gefaßt
Spricht Robert: „Was Ihr geſchworen,
Das müßt Ihr erfüllen. Wen Berthold haßt,
Der iſt wohl für immer verloren;
Doch ſei's drum, ich fürchte kein weltlich Gericht,
Ihr aber, Nella, Ihr ſolltet mich nicht
So ungerechtfertigt verdammen!“
„Rechtfertigen? Euch?! Welch' verwegenes Wort,
Das ſoll mich, bei Gott, nicht bethören,
Geht hin vor den Richter, verantwortet's dort,
Laßt dort Eure Redekunſt hören!
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Zitationshilfe: | Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/151>, abgerufen am 22.07.2024. |